trafo verlag 2006, 120 S., ISBN 3-89626-605-5, 12,80 EUR
Besprechung
in der schwedischen Zeitschrift "Lakemedels Världen", Ausgabe
12/2006; TEXT: Fredrik
Hed, chefredaktör
"Ny bok kritiserar industrins försäljningsmetoder.
Efter 35 år i läkemedelsindustrin
avslöjar ännu en svensk vilka metoder industrin använt för att marknadsföra
sina läkemedel. Det är en historia om mutor i form av varor och tjänster,
besök på horhus, lyxiga middagar samt avbrutna och mörkade kliniska prövningar...."
Der Ganze Artikel unter: http://www.lakemedelsvarlden.nu/article.asp?articleID=4851&articleCategoryID=3&issueID=113
Rezension von Gerd Bedszent in: Jungen Welt vom 19.10.2006,
Wissenschaft & Umwelt / Seite 15:
"Gute-Nacht-Lektüre: Wer noch Gründe zur Sorge braucht: Ein Manager
aus der Pharmaindustrie hat einen Krimi geschrieben:
Daß es für das Kapital kein Verbrechen gibt, das es für eine
entsprechende Profitrate nicht begehen würde, ist spätestens seit Marx
bekannt. Und daß die Pharmaindustrie, deren Geschäft der Handel mit der
Gesundheit ist, eine besonders ekelhafte Spezies von Unternehmern
hervorbringen muß, besagt die simple Logik. Daß über die Machenschaften
der Pharmakonzerne doch recht wenig Insiderberichte an die Öffentlichkeit
kommen, mag ebenfalls nicht verwundern jedes Unternehmen bezahlt
hochdotierte Anwälte dafür, daß dies eben so ist, wie es ist. Aber
natürlich kann man in Bücher, die keinen Anspruch auf Realitätstreue
erheben, alles schreiben, was man will. So auch in folgendem Krimi:
Rubio, Pharmavertreter im Ruhestand, plant die Herausgabe eine
Enthüllungsbuches. Nach handfesten Drohungen seiner gewesenen Arbeitgeber
akzeptiert er einen Deal, nicht dem Verlag, sondern ihnen das Manuskript
zu verkaufen. Vor seinem spurlosen Verschwinden erzählt er einem
Mitreisenden im Zug verschiedene Details seines Berufslebens.
Seine Aufgabe als Marketingexperte sei es gewesen, den Verkauf von
Produkten voranzutreiben egal wie. So wurden bei der Entwicklung von
Medikamenten Testserien nicht durchgeführt, weil das Bekanntwerden ihrer
Ergebnisse der Vermarktung geschadet hätte. Reichlich Geld floß dagegen
in kaum verhüllte Bestechung zum Beispiel in Honorare für Journalisten,
damit sie die ihnen vorab zugespielten Berichte in medizinischen
Fachzeitschriften plazierten. Oder in kleine Geschenke, opulente
Arbeitsessen, teure Reisen zu angeblichen Fachkonferenzen, mittels derer
man Ärzte geneigt machte, die Produkte des Unternehmens zu verschreiben
und dabei über deren geringe Wirksamkeit und/oder unerwünschte
Nebenwirkungen hinwegzusehen. Oder in kleine, knisternde Umschläge für
unabhängige Gutachter, die über Zulassung oder Nichtzulassung eines
Medikamentes entschieden. Nachdem Rubio in einem firmeninternen Machkampf
unterlag, brauchte er zehn Jahre, um sich zum Auspacken zu entschließen.
Sein Bericht schließt mit den Worten: »Was ich Ihnen erzählt habe, gilt
fast überall. Ich habe für ein halbes Dutzend Firmen gearbeitet:
International, in Europa, Übersee, Scheiße riecht überall auf der Welt
gleich.« Autor John Rengen war über 35 Jahre im Management der
Pharmaindustrie tätig, so für die Konzerne Eli Lilly und Novo Nordisk.
Den Artikel finden Sie unter: http://www.jungewelt.de/2006/10-19/002.php
Rezension von Günther H. W.
Preuße, 31.07.2006
Ein Wort vorweg: Nicht, dass es mir an einem allgemeinen Erahnen der Machenschaften großer
internationaler Pharmakonzerne fehlte! Der auch an dieser Front wirkende
Enthüllungsjournalismus sorgt via unterschiedlicher Medien mehr und mehr für
ein wachsendes Besorgtsein ob der Empfänglichkeiten von Ärzten,
Apothekern, Krankenhausmanagern und Politikern gegenüber den freundlichen
Korruptionsstrategen aus der Pharmaindustrie.
Meine Verinnerlichung des Buches „Rubio
spuckt’s aus“ von John Rengen und seinem Koautoren Olaf Nollmeyer
offenbarte mir eine zunächst ganz persönliche Erkenntnis, und die hat mit
meinem Bekanntenkreis zu tun: Seit über zehn Jahren registriere ich die
charakterlichen- und Wesensveränderungen einer fernen Freundin. Einer
forschen Dame die ihre Nachwendekarriere als Pharmareferentin in einem großen
Konzern startete, von dem eben in letzter Zeit aus bestimmten Gründen häufig
die Rede ist. Schon nach kurzer Zeit vermochte sie jedwedem der es hören
wollte oder auch nicht, die Welt zu erklären, wusste schlagartig um den
Geschmack der besten Weine, verstand jedes Menschen Problem, wachte über
Firmenpräsente aller Preisklassen, schäkerte mit hunderten von Doktoren
und bewegte sich in einer einstudierten Sicherheit auf den Parketts der
Kongresshotels, wie ich es zuvor nur bei erfolgsgewohnten Operettendiven auf
der Bühne habe beobachten können. Meine ferne Freundin hat das gemacht was
man ihr als Karriere erklärt hat und heute düst sie, ranghöher gewachsen,
durch die Welt, um die zum Teil fragwürdigen Heilsprodukte ihres Konzerns
in jeden Winkel dieses Planeten und ihrer armen Menschen zu tragen. Ich weiß
jetzt genauer, wie man aus der Person die sie einmal war, das macht, was
mich heute an ihr, sagen wir es mal höflich – befremdet!
In dem Buch plaudert Rubio, Pharma-Insider, plausibel und detailreich gegenüber einem Fremden,
in der Enge eines Zugabteiles, von den Praktiken seiner Branche. Er tut dies
etwas atemlos unter dem Eindruck seiner womöglich unmittelbar geplanten
physischen Ausschaltung durch die Hand eines am Zugabteil
vorbeischarwenzelnden zwielichtigen Typen.
Ein Büchlein mag man meinen. Aber
wir wissen: Hochwirksame Sprengsätze bedürfen heute nur noch kleiner
Verpackungen!
Rubio spuckts aus, wie man,
strategisch ausgefeilt, gewählte Politikvertreter korrumpiert, gestressten
Ärzten das Leben versüßt und jedwede Gesundheitsreform ad absurdum geführt
wird. Der Leser erfährt auf temporeiche und fast vergnügliche Weise
schockierende Wahrheiten und Praktiken aus der Welt der Arzneiforschung, er
hört vom Weg eines Medikamentes, dessen Leben und auch Sterben. Es ist eine
eigenartige Büchse der Pandora die hier über 122 Seiten
gefüllt und schließlich geöffnet wird.
Alles Fiktion versteht sich!?
So schlecht kann die Welt nicht sein. Oder warum ist kaum von den Patienten
die Rede – von uns? Und sowenig von unserer Gesundung? Ein Buch, das man
sich gern auf einem Nebentisch der Pausenstände von Symposien und
medizinischen Konferenzen wünschte. Ein Buch, dass man heimlich unter die
glänzenden Werbeblätter pharmazeutischer Firmen auf den Tischen der
Wartezimmer unserer Ärzte schummeln möchte. Jedenfalls erzählt Rubio
darin stringent und komplex von Machenschaften, die wir vor dem Aufruf „der
Nächste bitte …“ kennen
sollten. Mir schien: Hier, in diesem Band, erfahren wir, leidenschaftlich
erzählt, nur Rubios Grundsatzerklärung. Er wird Wege finden, sich wieder
zu Wort zu melden. Man darf gespannt bleiben. Ein Buch, das genau jetzt bei
uns und anderswo richtig und wichtig ist! Dank an John Rengen und Olaf
Nollmeyer!