Aus dem Spanischen von
Theo Bruns, Renata von Hanffstengel, Andrea Sevilla von Hanffstengel.
Hrsg. von
Ulrike Schätte, [= Spurensuche. Vergessene Autorinnen wiederentdeckt, Bd. 6]
trafo
verlag 2005, 142 S., zahlr. Fotos, ISBN 3-89626-522-9, 18,80 EUR
Rezension von Simone Hantsch in: Newsletter zur
Geschichte und Wirkung des Holocaust. Informationen des Fritz Bauer
Instituts, Heft Nr. 29/Herbst 2006, S. 77:
"„Jetzt bin ich hier ohne Wurzeln..."
Endlich, nach all den Jahren des Exils, dem neuen Leben in Mexiko und ihrem
Tod finden die Erzählungen und Stücke von Brigitte Alexander ihren Weg
nach Deutschland. Dort, genauer in Stuttgart, wurde die Autorin,
Schauspielerin, Regisseurin und Übersetzerin 1911 geboren. Zu verdanken ist
die Veröffentlichung dem Engagement der Herausgeberin Ulrike Schätte, den
Übersetzern Theo Bruns, Renata von Hanffstengel und Andrea Sevilla von
Hanffstengel sowie dem Verleger Wolfgang Weist.
Viele Erzählungen Brigitte Alexanders tragen autobiographische Züge: eine
Fremde zwischen Paris und Mexiko, der Verlust des geliebten Mannes,
finanzielle Not, das Altern. Andere beschreiben den Alltag in Mexiko, die
Armut und den Rassismus gegenüber der indigenen Bevölkerung. Ihr Stil ist
schnörkellos, schlicht, von natürlicher Eleganz.
Fragment geblieben ist der berührende Monolog „Rückkehr", der
zugleich als Titel auf dem Buch erscheint. Es ist ein Zwiegespräch mit
ihrem toten Mann. An ihn richtet sie ihre Fragen: „... was machen wir
hier, du tot und ich nur halb lebendig in diesem Land, wo wir nicht geboren
wurden?" Aber nach Deutschland zurück will sie nun auch nicht mehr,
denn sie gehört nirgendwohin. Sie ist Jüdin, und Juden sind von „nirgendwo
her, immer auf der Schwelle eines Landes, aus dem sie uns jedes Jahrhundert
oder halbes Jahrhundert rauswerfen ...".
„Rückkehr" und die anderen Texte erzählen von „vergangenen
Dingen". Sie formen klare Splitterbilder des Gestern und dringen
schmerzhaft in unser Heute ein.
In einem ausführlichen Nachwort berichtet Ulrike Schätte über den
Lebensweg von Brigitte Alexander. Einfühlsam schildert sie die Begegnungen
mit der über Achtzigjährigen, die trotz gesundheitlicher Probleme noch zu
Theaterproben erscheint und sich in keiner Weise einschränken möchte. Sie
beschreibt das künstlerische und gesellschaftliche Wirken dieser mutigen,
schönen Frau, die im Alter von 22 Jahren vor den Nazis ins Ausland
flüchtete, und die Härten, die ihr das Exil auferlegte. In einem Exkurs
geht Ulrike Schätte auf die Situation im Mexiko der 1940er Jahre ein, das
für viele Emigranten zu einer wichtigen Station in ihrem Leben wurde.
Brigitte Alexander erlebte dieses Land als Ort des Neubeginns, aber auch der
Einsamkeit.