[= edition wortmeldung, Bd. 2], trafo verlag 2005, 243 S., ISBN 3-89626-480-X, 16,80 EUR
Günter
H. W. Preuße, 20.06.2005:
Zehn Kapitel und 114 Betrachtungen! Nüchtern, nicht ohne Heiterkeit
und mit verständlicher Bitternis verschafft der Autor dem Leser in einem
geradezu atemberaubenden Tempo einen Exkurs in deutscher Geschichte. Bis
hinein in die hautnahe Gegenwart. Wann immer nach der Wende nach dem „Wendebuch“
gerufen wurde, die Suche hiernach kann beendet werden! Man hält es in Händen!
Kein Roman voller fiktiver Gestalten. Ein spannender, authentischer
Streifzug durch die Politik in Deutschland und in die deutsche Politik mit
ihren bekannten Protagonisten von einst und jetzt. Eine nüchterne
Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklungen in Ost- und West, einschließlich
jener Zeit da hier alle wieder EINS wurden, Mr. Gorbatschow das Tor öffnete
und die Deutsche Mark wieder in jedermanns Tasche steckte. Bei der
Schilderung all dessen geriet dem Autor (Jahrgang 1928) eines besonders zur
Ehre: Fast immer unterzog er sich der Mühe, die Dinge welche sich seiner
Betrachtung darboten (Das dritte Reich, Zwei Staaten, Die Ostdeutschen, Die
Wende, Wohlstandsdämmerung etc.), aus verschiednen Blickwinkeln heraus zu
schildern. Ein kluges Buch, dessen Mangel, so man ihn durchaus zu suchen
gewillt ist, allein darin zu finden wäre, dass es sich leider nicht um die
Bilanz eines Westdeutschen oder Ostdeutschen handelt. Beides wäre gleich
gut! Nein, es ist das für unsere Tage so notwendige Werk aus der Feder
eines Mannes, dessen Weg über vielerlei schicksalhafte deutsche Lebensorte
führte. Und der sich darüber hinweg, Gott sei Dank, den unabhängigen
Blick „wie von außen“ bewahrt hat. So schreibt er über Krieg und
Frieden, Nation und Staat, innere Befindlichkeiten, über den Auf- und
Untergang großer und kleiner Hoffnungen. Er erklärt zügig und klar
geschichtliche Abläufe. Dies alles stets in flotter und unterhaltsamer
Weise. Fundiert und – jetzt wo man’s liest – logisch, erscheinen dem
Leser die letzten wichtigen Jahrzehnte in Deutschland vor dem staunenden
Auge. Wilhelm Hornung – so heißt der Mann, schreibt sich, die eigenen
Enkel vor Augen, vom Herzen, was gesamtdeutsches Allgemeinwissen sein
sollte. Ein briefliches Wort Goethes an Wilhelm von Humboldt hat Hornung
ausgewählt und seinem Buch vorangestellt. Im März 1832 (man denke!)
schrieb der Dichterfürst „Verwirrende
Lehre zu verwirrtem Handel waltet über die Welt“. Nun schmückt sich
eingangs wohl mancher Schreibende mit dem Glanze eines kraftvollen Zitates.
Hier ist es der wunderbare Einstieg in ein Gedankenfeuerwerk, das nicht
unbedingt fröhlicher, wohl aber klüger macht. Und – so man, wie deutlich
werden mag, selber so klug schon war, bleibt zu merken, dass es dem Lesenden
eben an jenem Mute gebrach, den Hornung hat, solcherlei Wissen um die
deutsche Wirklichkeit vernehmlich kund zu tun. Ihr Generationen im vereinten
Deutschland! Junge und Alte! Schaut in dieses Buch! Und Ihr werdet erkennen,
dass Ihr dieses Deutschland aus dem Ihr kommt, in das Ihr kamt, so nicht
lassen könnt und auch nicht lassen dürft! Das Ihr zuvor aber etwas wissen
müsst, von dem hier zu lesen ist. Wilhelm Hornung sei Dank für die Mühen
dieser Reminiszenz. Vielleicht findet sich gar der eine oder andere kluge
Lehrer in diesem, unserem Lande und nennt seinen Schülern die ISBN
3-89626-480-X.