Übersetzung aus dem Englischen, [= Edition Morgenland; Band 3], trafo verlag 2005, Neuauflage, 158 S., zahlr. Abb., Hardcover, ISBN (10) 3-89626-403-6, ISBN (13) 978-3-89626-403-9, 25,80 EUR
Besprechung von Horst Kopp in:
ERDKUNDE, Bd.
60, Heft 4/2007:
"Uwe PFULLMANN,
Historiker und Diplomarabist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die
spannende, aber weitgehend in Vergessenheit geratene Geschichte der
Entdeckung der Arabischen Halbinsel wieder ans Licht zu bringen. Dazu diente
ihm zunächst ein „Lexikon aller Forschungsreisen durch die arabische
Halbinsel", das 2001 unter dem Titel „Durch Steppe und Wüste"
erschien und in dem über 200 Forscher vorgestellt werden. Ihre Reisen sind
darin mit zeitgenössischem Karten- und Bildmaterial dokumentiert.
Einige der herausragenden Reisenden werden nun in der eigens von Uwe
Pfullmann gegründeten Reihe „Edition
Morgenland" ausführlicher gewürdigt.
Der hier anzuzeigende Band 3 ist ADOLPH VON Wrede gewidmet, nachdem in den
vorhergegangenen Bänden schon Georg August Wallin (Band 1: Reisen durch
Arabien 1845-1848) und RICHARD Burton (Band 2: Das Land Midian) erschienen
waren.
Adolph von Wrede war der erste Europäer, der 1843 zwar nicht in das
große Wadi Hadramaut kam, aber zwei der wichtigen Nebentäler (Wadi cAmd
und Wadi Docan) erreichte und von dort die Kunde von den aus
luftgetrockneten Lehmziegeln erbauten Hochhäusern nach Europa brachte.
Diese Berichte erschienen so abenteuerlich, dass Wrede als Scharlatan oder
Schwindler tituliert wurde und selbst der einflussreiche Alexander von
Humboldt ihn als Aufschneider bezeichnete. Einzig Carl RITTER wusste die
Bedeutung der WREDEschen Berichte zu würdigen, doch kam es zu Lebzeiten des
Reisenden nie zu einer Publikation seiner Aufzeichnungen. Erst der spätere
Jemen-Reisende HEINRICH VON MALTZAN gab sie 1870 heraus und 1931 prüften
Hermann von Wissmann und Dan van der Meulen auf ihrer! Reise durch
Hadramaut vor Ort alles nach - und sie bestätigten Wredes Angaben in
vollem Umfang.
Uwe PFULLMANN versteht es, mit seinem Vorwort die forschungsgeschichtliche
Einordnung und das Leben Adolph VON Wredes schnörkellos herauszuarbeiten.
Die nachfolgenden Texte des Reisenden entsprechen der von Maltzan edierten
Ausgabe, sind aber in der Rechtschreibung der heutigen Zeit angepasst. Stil
und Diktion von Wredes blieben jedoch erhalten und sind von PFULLMANN mit
zahlreichen Anmerkungen versehen worden. Die überwiegend sehr nüchtern-sachlichen
Berichte von WREDEs lassen ein sehr eindrucksvolles Bild von Hadramaut im
19. Jahrhundert entstehen - ganz abgesehen von der Spannung, die von den
Schilderungen der Schwierigkeiten damaligen Reisens ausgeht.
Insofern stellt das Buch eine gelungene Mischung aus
wissenschaftlich-exakter Sachlichkeit und spannender Unterhaltung dar. Da stört
es auch wenig, dass auf dem Umschlag Schibam abgebildet ist - ein Ort, den
ADOLPH VON Wrede niemals gesehen hat, der aber zum „Markenzeichen"
von Hadramaut geworden ist.
Besprechung von WOLFGANG G. SCHWANITZ in:
Süddeutsche Zeitung, 21.11.2006, Nr. 268, Sachbuch, S. 15:
"Da ist doch Öl im Sand: 1843: Ein Westfale im Orient.
Der Vater nahm Klein Adolph mit in den Hafen, und in dem Jungen reifte der
Wunsch, Seefahrer zu werden. Aber der Vater wollte ihn beim Militär sehen.
Doch dem Halbwüchsigen glückte ein Fluchtversuch. Nach dreijährigen
Touren auf sieben Meeren verließ Adolph von Wrede 1826 das Schiff am Kai
von Smyrna. Ein gütiger Kaufmann half ihm nach Bagdad weiter. Wrede wurde
Instrukteur im osmanischen Heer und nahm am russisch-türkischen Krieg teil.
Um Jahre gereift, kehrte er wieder heim. Doch der Nahe Orient ließ den
Westfalen nimmer mehr los. Von Kairo aus reiste er nach Aden, um 1843 seine
denkwürdigen Reisenotizen zu verfassen. Das im tiefen Süden der Arabischen
Halbinsel liegende Hadramaut hatte zuvor noch kein Europäer betreten. Wrede
reiste als Ägypter namens Abd al-Hud.
Da entlarvte ihn eine erregte Menge als Faranji, als Europäer. Allein der
beherzte Einsatz seiner Begleiter rettete ihn. Aller Mittel beraubt, kam er
unter dem Befehl frei, sogleich nach Aden zurückzukehren. Aber es kam
schlimmer. Denn, abgesehen von Geographen wie Carl Ritter, glaubte man ihm
daheim nicht. Fernab im heißen Hadramaut sollte es Siebengeschosser aus
Lehm geben? Alexander von Humboldt, der Wrede am Preußenhof von Friedrich
Wilhelm IV. eingeführt hatte, sprach von Aufschneiderei.
Noch weniger glaubte er Wredes Bericht, wonach eine Messschnur im
Wüstensand wie im Brunnen versank. Schon Heinrich von Maltzan, posthumer
Herausgeber von Wredes Reisebericht, vermutete dahinter eine
Petroleumquelle. Heute weiß man dies genauer, sagt Uwe Pfullmann in der
hilfreichen Einführung. Denn in den 1880er Jahren ist im Süden Jemens
Erdöl gefunden worden, so dass die Schnur im Sand vermutlich in den
Hohlraum einer Naphtaquelle glitt. Auch daher nannte der französische
Orientalist Fulgence Fresnel Wredes Reisetext eine Hauptentdeckung der
Geographie des 19. Jahrhunderts.