Klappentext
Kein anderes Volk hat eine solche Vorliebe für Edelsteine wie die Bewohner Indiens vorzuweisen. Edelsteine spielen in ihrem religiösen, sozialen und kulturellen Leben eine besondere Rolle. Nach alter Tradition dekorieren sie die Gottheiten in den Tempeln, zieren sie das Geschmeide der Tänzerinnen und finden in vielen Familien zu Heilzwecken Verwendung. Bei spirituellen Betrachtungen werden sie als göttliche Energie auf Erden verehrt. Durch diese religiösen und sozialen Traditionen nehmen Edelsteine einen festen Platz im Alltag der Inder ein.
Der natürliche Reichtum an Edelsteinen ermöglichte es, dass Indien schon im Altertum mit ihnen Handel treiben konnte. Eingebunden in ein weit verzweigtes Fernhandelsnetz galt das Land lange Zeit als „Schatzkammer der Welt“.
Die lange Tradition im Umgang mit Edelsteinen hat die handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten der Gold- und Silberschmiede nachhaltig gefördert und erheblichen Einfluss auf Vielfalt und Formen des Schmucks in den verschiedenen Regionen ausgeübt. Indien-Reisende sind oft beeindruckt von dem Variantenreichtum der Schmuckstücke mit feinsten Edelsteinen und den unterschiedlichsten Kunstfertigkeiten. Traditionelle Formen und technisches Können dominieren in der Schmuckfertigung ebenso wie eigene kulturelle Identität und gestalterische Freiheit.
Die Begeisterung für Edelsteine zu wecken oder zu vertiefen sowie die Kenntnisse über ihre Herkunft und optischen Eigenschaften zu erweitern ist das Anliegen dieser Schrift, die sich mit der Schönheit und Tradition der seltenen Steine in Indien beschäftigt.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Tradition und kulturelles Erbe
1.1. Reiseberichte als historische Belege
1.2. Edle Steine zieren Insignien der Macht
1.3. Götterverehrung und Tempelspenden
1.4. Beziehungen zwischen Edelsteinen und Planeten
1.5. Brautschmuck für den Bund des Lebens
1.6. Edelsteine in der traditionellen Heilkunde
2. Geheimnisvolle Schätze der Natur
2.1. Edelsteinvorkommen und ihre geografische Verteilung
2.2. Diamant – der König unter den Edelsteinen
2.3. Berühmte Diamanten aus Golconda
2.4. Farbedelsteine – die Blumen des Mineralreiches
2.5. Perlen – begehrte Juwelen aus dem Meer
2.6. Zentren der Edelsteinverarbeitung
3. Auf den Spuren der Geschichte
3.1. Handgefertigte Perlen aus der Hochkultur im Indus-Tal
3.2. Florierender Seehandel zwischen Rom und Indien
3.3. Reichtümer des Südens wecken die Begierde im Norden
3.4. Glanz und Luxus am Hofe der Mogulherrscher
3.5. Prinzen wie aus „Tausend und eine Nacht“
3.6. Die Legende von Kashmir
3.7. Die besten Freunde des letzten Nizam
Schlussbemerkungen
Anmerkungen und Literaturhinweise
Glossar
Über den Autor
Danksagung
Anlage 1: Indien-Karte Anlage 2: Indiens Edelsteinvorkommen
Vorwort
Für Touristen aus Europa, die nach wenigen Flugstunden Delhi, Mumbai oder
Hyderabad erreichen, gehören die Eindrücke von der vielfältigen Kultur, den
großartigen Sehenswürdigkeiten und den farbenprächtig gekleideten Menschen
zu den bleibenden Erinnerungen eines jeden Indien-Besuches. Eher unauffällig
und doch überraschend groß ist das Angebot an Edelsteinen, die beinahe auf
jedem Basar zu finden sind und als Schmuck von vielen Frauen wie Männern
getragen werden. Vermutlich nirgendwo auf der Welt ist die Leidenschaft für
Edelsteine und die Erwartung an ihre Glück bringenden Eigenschaften stärker
ausgeprägt als hier, wo sie als ein „Geschenk der Götter“ verstanden werden.
Die faszinierende Welt der Edelsteine, ob als Rohstein oder in geschliffener
Form, durchdringt viele Bereiche der Gesellschaft, bei der sie im
religiösen, kulturellen und sozialen Leben eine bedeutsame Rolle spielen. In
einer Jahrtausende alten Tradition zieren Edelsteine die Insignien der
Macht, dekorieren sie die Gottheiten in den Tempeln, gehören sie zum
Geschmeide der Tänzerinnen, oder werden sie bei spirituellen Betrachtungen
wie die göttliche Energie auf Erden verehrt. Religiöse und soziale
Gewohnheiten haben im Verlaufe der Jahrhunderte dazu geführt, dass
Edelsteine einen festen Platz im Alltag einnehmen. Sie werden bei allen
wichtigen Anlässen getragen, besonders als glitzernder Hochzeitsschmuck, der
die Lebensfreude beflügeln und das Brautpaar vor Unheil schützen soll.
Indische Frauen sind nach Angaben der Encyclopaedia Britannica vermutlich
die ersten gewesen, die ihre Lebensfreude durch das Tragen von Halsketten,
Ohrringen und Armreifen sehr dekorativ zum Ausdruck brachten. Bereits die
Gemälde in den Höhlen von Ajanta und Ellora aus der Zeit zwischen dem
zweiten Jahrhundert. v. u. Zt. und sechsten Jahrhundert u. Zt. lassen
vielfältige Schmuckformen erkennen, die z.T. noch heute von Frauen
verschiedener Stämme getragen werden. Neben der Freude am Schmücken haben
Gold- oder Silberornamente mit Edelsteinen oftmals auf den sozialen Status
des Trägers verwiesen, nicht selten auch auf bedeutende Ereignisse im Leben
der Betreffenden.
Alte Sanskritquellen berichten über die heilende Wirkung von Edelsteinen,
wenn sie als Medikamente verabreicht wurden. Im Mahabharata, dem
bekanntesten altindischen Heldenepos, werden sie in Beziehung zu den Göttern
gebracht, die den Unsterblichkeitstrank Amrita kannten. Dieser soll aus
reinem Wasser, Kräutersaft, flüssigem Gold und aufgelösten Edelsteinen
bestanden haben. Bereits in der Antike haben sich Kaufleute aus allen Teilen
des Orients in den Markt- und Hafenstädten Indiens eingefunden, um Geschäfte
mit Händlern vor Ort zu tätigen. Als Zahlungsmittel dienten vor allem
Edelmetalle, die zu allen Zeiten in großen Mengen eingeführt wurden, selbst
von den Herrschern des großen Mogulreiches. Die Großmoguln waren von
Edelsteinen geradezu besessen und sammelten sie im Übermaß. Ihr Bedürfnis
nach Luxus war so stark ausgeprägt, dass sie Edelsteine nicht nur für ihre
Gebrauchsgegenstände verwendeten, sondern auch für Einlegearbeiten an
Bauwerken gebrauchten. Unermessliche Schätze an Gold und Edelsteinen besaßen
später auch die indischen Fürsten, die aus purer Prunksucht um den Besitz
wertvoller Juwelen wetteiferten. Vom letzten Nizam in Hyderabad ist
überliefert, dass er jahrzehntelang an jedem Tag in seine Schatzkammer ging,
um am Katalog seiner Juwelen und Kostbarkeiten zu arbeiten. So wird
verständlich, wenn er 1937 vom US-Wochenmagazin „Times“ als der reichste
Herrscher der Welt bezeichnet wurde, der Perlen, Edelsteine und Goldbarren
bergeweise besaß.
Die lange Tradition im Umgang mit Edelsteinen hat die handwerklichen und
künstlerischen Fähigkeiten der Gold- und Silberschmiede nachhaltig gefördert
und erheblichen Einfluss auf Vielfalt und Formen des Schmucks in den
verschiedenen Regionen ausgeübt. Indien-Reisende sind oft beeindruckt von
dem Variantenreichtum der Schmuckstücke mit feinsten Edelsteinen und den
unterschiedlichsten Kunstfertigkeiten. Traditionelle Formen und technisches
Können dominieren in der Schmuckfertigung ebenso wie eigene kulturelle
Identität und gestalterische Freiheit.
Die Begeisterung für Edelsteine zu wecken oder zu vertiefen sowie die
Kenntnisse über ihre Herkunft und optischen Eigenschaften zu erweitern ist
das Anliegen dieser Schrift, die sich mit der Schönheit und Tradition der
seltenen Steine in Indien beschäftigt.
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