Geleitwort
Liebe Leserinnen und Leser,
eine Publikation zum 100-jährigen Geburtstag des altehrwürdigen Rathauses
Treptow ist mir auch ein ganz persönliches Anliegen. So habe ich in diesem
Gebäude den Aufbau einer demokratischen Verwaltung nach der friedlichen
Revolution vom Herbst 1989 als Bezirksstadtrat, Bezirksverordneter und auch
als Bezirksbürgermeister von Treptow bis zur Bezirksfusion mit Köpenick an
entscheidender Stelle mitgestalten dürfen. Ich freue mich darüber, dass
diese spannende Zeit auch in einem eigenen Kapitel des Buches gewürdigt
wird.
Dass nun pünktlich zum Jubiläum eine Veröffentlichung durch den Heimatverein
Köpenick vorliegt, die facettenreich und informativ die Entstehungs-, Bau-
und Nutzungsgeschichte des Rathauses Treptow nachzeichnet, findet meine
Anerkennung, verbunden mit herzlichem Dank für die damit verbundene Mühe.
Als Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung von Treptow-Köpenick, die
ihren Sitz bis heute im Rathaus Treptow hat, ist es mir ein besonderes
Anliegen, Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, zur Wahrnehmung Ihrer
demokratischen Rechte zu ermuntern. Ich würde mich freuen, wenn Sie bei
Problemen den Kontakt zu Ihren Bezirksverordneten suchen und darüber hinaus
Anregungen und Vorschläge zur Entwicklung unseres Gemeinwohls unterbreiten.
Eine Demokratie bleibt dann lebendig, wenn sich möglichst viele Menschen in
ihr engagieren. Die auf der Vorhalle des Rathauses durch Figuren
symbolisierten Bürgertugenden Fleiß, Gerechtigkeit, Stärke und Weisheit
mögen dabei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung stets
Vorbild für ihre Arbeit zum Wohle der Gemeinschaft sein.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses Buches.
Ihr
Siegfried Stock
Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Siegfried Stock 7
Vorwort von Stefan Förster 9
Auf der Höhe der Zeit – Entstehung und Bau des
Rathauses Treptow 11
Stefan Förster
Auf dem Weg zu einem Ort der Demokratie –
das Rathaus Treptow im Jahre 1990 84
Oliver Igel
Das Baudenkmal Rathaus Treptow – Die Restaurierung
der Ratssäle, der Hallen, des Treppenhauses und der
Eingangshalle 99
Christian Breer
Bürgermeister des Bezirks Treptow von Berlin 1921–2000 111
Bildnachweis 112
Über die Autoren 113
Leseprobe
Auf der Höhe der Zeit – Entstehung und Bau des Rathauses Treptow
Die Gemeinde wächst – das alte Rathaus wird zu klein
Von Stefan Förster
Weniger als 600 Einwohner umfasste der zu Berlin gehörende Gutsbezirk
Treptow im Jahre 1876, als er auf Erlass des Königs in eine eigene
Landgemeinde umgewandelt wurde. Berlin sparte dadurch Verwaltungskosten für
die damals nur 37 bebauten Grundstücke. Im selben Jahr begann man auf
Anregung des Berliner Magistrats den Treptower Park anzulegen, der noch
heute charakteristisch für das Gebiet ist. Im Frühjahr 1876 wurde die erste
Gemeindevertretung gewählt, die aus dem Gemeindevorsteher, zwei Schöffen und
sechs Gemeindeverordneten bestand. Erster Gemeindevorsteher wurde der Guts-
und Gärtnereibesitzer Eduard Mosisch. Ihm folgten sein Sohn Richard Mosisch,
der Gartenbaudirektor Martin Hoffmann, Paul Schmock und schließlich, mit
zwanzigjähriger Amtszeit, Paul Schablow. Die beiden letzteren waren bereits
hauptamtliche Amts- und Gemeindevorsteher. Schablow durfte sich später auch
mit dem Titel „Bürgermeister“ schmücken. Großen Zuwachs an Bevölkerung
erhielt Treptow nach der „Berliner Gewerbeausstellung“ 1896 im Treptower
Park. 1908 wohnten bereits über 20 000 Einwohner in der Landgemeinde. Das
alte Rathaus in der Neuen Krugallee 8, das noch heute links neben dem Neubau
steht, genügte nicht mehr den Anforderungen. Zusätzliche Aufgaben
erforderten mehr Personal und Raum, eine nochmalige Erweiterung war
ausgeschlossen. Die Gemeindevertretung war aufgrund der Fülle ihrer Aufgaben
mittlerweile auf 42 besoldete und 45 ehrenamtlich tätige Beamte angewachsen
und hatte weitere 55 Angestellte. Ein neues Baugelände bot sich direkt
nebenan, wo der Gastwirt und Großbauer August Weinhold ein Ausflugslokal mit
Tanzboden und Biergarten betrieb. Nachdem Grundstücksankauf und Bau
finanziert waren, konnte der Bauwettbewerb ausgeschrieben werden. Den
Zuschlag bekamen die erfahrenen Architekten Heinrich Reinhardt und Georg
Süßenguth, die zuvor bereits die Rathäuser in Steglitz und Charlottenburg
erbauten und auch für das Ensemble von Lyzeum und Kirche „Zum Vaterhaus“ in
Baumschulenweg verantwortlich zeichneten.
Erteilung der Baugenehmigung
Mit Datum vom 18. März 1910 wurde unter der Bauschein-Nummer 15 der Gemeinde
Treptow „unbeschadet der Rechte Dritter die polizeiliche Genehmigung
erteilt, auf dem Grundstücke Neue Krug-Allee 1-3, Grundbuch von den
Umgebungen Berlins im Kreise Teltow Band 17, Blatt 602, Kartenblatt 2,
Parzelle 563/43 und 508/42, folgende Baulichkeiten zu errichten: Ein
Rathaus.“ Die Genehmigung erfolgte nach Maßgabe der Baupolizei-Ordnung vom
28. Mai 1907. Zudem wurde beauflagt, dass „vor Beginn des Baus die
Baufluchtlinie durch einen vereideten Landmesser örtlich abstecken und
vermarkten zu lassen“ ist. Nachgefordert wurden eine Skizze nebst Berechnung
der im Kellergeschoss zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten
Räume, eine Einzelzeichnung vom Hauptgesims, und eine Skizze über die
Einfriedung und Anlage des Vorgartens. Weiter heißt es: „Die Höhe des
Gebäudes darf bis zur Oberkante der Attika nicht mehr als 18 Meter betragen.
Die Wände sind nach den Eintragungen in grün herzustellen. Die vom I. und
II. Obergeschoss als Fortsetzung der Haupttreppe führende Wendeltreppe ist
feuersicher abzuschließen. Die Türen im Saal müssen nach außen aufschlagen;
Kanten- und Schubriegel an ihnen sind unzulässig. Im Gebäude sind Hydranten
nach näherer Angabe anzulegen. Für die Eisenbeton-Arbeiten ist eine
Bescheinigung der ausführenden Firma einzureichen, dass die Abmessungen und
Konstruktionen nach der statischen Berechnung und den Ministeriellen
Bestimmungen vom 24. Mai 1907 ausgeführt werden. Dass die elektrische Anlage
nach den Sicherheitsvorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker
ausgeführt ist, ist durch eine Bescheinigung nachzuweisen. Die Herstellung
von Gelassen unter Treppenläufen, Treppenpodesten ist unzulässig.“
Unterzeichnet ist die Baugenehmigung von Bürgermeister Paul Schablow. Ihr
sind zahlreiche Skizzen, Bauentwürfe, Berechnungen und Lagepläne beigefügt.
Mit Datum vom 18. November 1910 ist der Rohbauabnahmeschein dokumentiert,
der wiederum vom Bürgermeister unterschrieben wurde und einen
ordnungsgemäßen Baufortschritt bescheinigt. Am 22. Februar 1911 wird als
Nachtrag zur Baugenehmigung die „Herstellung eines Personenaufzuges und
eines Lastenaufzuges“ beantragt und mit dem Vermerk „Die Zugangstüren zu den
Fahrstuhlschächten müssen feuersicher sein“ am 11. März 1911 genehmigt. In
der Baubeschreibung heißt es: „Der Aufzug liegt in dem Gebäude und fördert
vom Erdgeschoss bis zum III. Stock 11,58 m hoch. Die Fahrbahn ist durch
massive Wände in ganzer Höhe und im übrigen durch Türen von der Umgebung
abgeschlossen. Die Bewegung des Aufzuges geschieht durch einen
Nebenschlussmotor mittels einer Aufzugsmaschine, welche im Keller in einem
geschlossenen Raume angeordnet ist. Hinsichtlich des maschinellen Teiles
wird vor der Inbetriebsetzung des Aufzuges Untersuchung und Abnahme durch
einen Sachverständigen des Dampfkessel Revisions-Vereins beantragt werden.“
Am 7. April 1911 wurde als dritter Nachtrag zur Baugenehmigung, dem am 4.
Mai des gleichen Jahres stattgegeben wird, die „Herstellung einer Waschküche
im Dachgeschoss“ gewünscht. Die Errichtung der Vorgartenanlage wurde auf
Antrag vom 19. Juli 1911 zwei Monate später am 11. September ebenfalls
gebilligt. Am 29. September 1911 ist schließlich die Gebrauchsabnahme des
Rathauses dokumentiert.
|