Stadt im Fieber.
Gedichte aus vier Jahrzehnten
Aus
dem Spanischen von Klaus Hebenstreit, Hannelore Neumann und Carmen Jansen und
Grafiken von Manfred Richter 2007, 164 S., ISBN 978-3-89626-737-5,
19,80 EUR
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Der kolumbianische Dichter Eduardo Gómez hat die Gewalt, die seine Heimat Kolumbien in den letzten Jahrzehnten erfuhr, auf sehr eigene Art, widersprüchlich und intensiv erlebt. In seiner Studentenzeit bekämpfte er als einer des wichtigsten Führer der "Generation der Jahrhundertmitte" (Generación de Medio Siglo) die Diktatur des Generals Rojas Pinilla. Seit dieser Zeit gilt er als Verfechter humanistischer Ideen. Er hat sechs Jahre Dramaturgie und Literatur in Leipzig und Berlin studiert, in dieser Zeit machte er ein Praktikum am Berliner Ensemble und war bei der Deutschen Welle im Bereich Lateinamerika tätig. Nach Bogotá zurückgekehrt, arbeitete er im Verlag von Colcultura (ehemaliges Kolumbianisches Kulturinstitut), als Theaterkritiker in der wichtigsten kolumbianischen Zeitung El Tiempo und als Vertreter Kolumbiens bei verschiedenen Treffen lateinamerikanischer Theatermacher in New York. Seit 1976 ist Eduardo Gómez ordentlicher Professor für europäische Literatur an der Universidad de los Andes in Bogotá/Kolumbien, und hielt außerdem Vorlesungen an den Universitäten Javeriana und Nacional sowie an der Nationalen Schauspielschule (Escuela Nacional de Arte Dramático). Er ist Präsident der Goethegesellschaft in Bogotá und wurde in dieser funktion mehrmals zu germanistischen Forschungen nach Deutschland eingeladen. Die dabei entstandenen Texte und andere Essays veröffentlichte er in seiner Heimat in mehreren Bänden.
In dem nunhier vorliegenden Band wird eine Auswahl der wichtigsten lyrischen Arbeiten, etwa 50, von Eduardo Gómez vorgestellt. Im spanischen Original abgedruckt sowie in deutscher Übersetzung machen sie deutlich, warum sie in seiner heimat Kolumbien so außerordentliche Beachtung und Aufmerksamkeit gefunden haben.
Dazu der kolumbianische Dichter José Luis Diaz-Granados: "Die Gedichte von Eduardo Gómez zu lesen, ist nicht nur ein großer Genuss. Sie bieten die Reise durch die Kultur aller Zeiten und die Begegnung mit der Wirklichkeit Kolumbiens. Ihre Schönheit ist die der anderen Seite des Sterns, ist die Kehrseite der Medaille …"
Vor etwa 2 Jahren hatte der trafo verlag bereits eine größere Auswahl des lyrischen Schaffens Eduardo Gomez in einer
rein spanischen Ausgabe veröffentlicht.
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Inhaltsverzeichnis
CURRICULUM
VITAE 11
ÜBER
DAS WERK VON EDUARDO GOMEZ (FRAGMENTE) 13
Gedichte
aus vier Jahrzehnten 21
Requien
sin llanto 23
Requiem ohne Tränen 25
El
viajero 27
Der Reisende 29
Una
esperanza 32
Eine Hoffnung 33
Desnudez
34
Nackt 35
Salutación
al extranjero 36
Gruß an den Ausländer 38
Carta
desde el otro lado del mar 40
Brief von der anderen Seite des Meeres 41
Tierra
violentada 42
Vergewaltigtes Land 45
Melancolía
de los cuepos 48
Melancholie der Körper 50
Anónimo
52
Anonym 53
Los
parientes de la muerte 54
Die Verwandten des Todes 55
La
herencia 56
Das Erbe 57
Orígenes
58
Ursprünge 60
Las
noches de caín 62
Die Nächte Kains 64
Resurrección
68
Auferstehung 69
Oración
fúnebre 70
Das Grabgebet 71
El
reverso de la medalla 72
Die Kehrseite der Medaille 73
Tema
y variaciones 74
Thema und Variationen 75
Cancioncilla
76
Kleines Lied 77
Poema
vegetal 78
An die Bäume 79
Amanacer
(I) 80
Morgengrauen (I) 81
Amanacer
(II) 82
Morgengrauen (II) 83
Amanacer
(III) 84
Morgengrauen (III) 85
Canto
a zaratustra 86
Gesang an Zaratustra 88
La
búsqueda insaciable 92
Die unersättliche Suche 93
El
mandato del pasado 94
Mandat der Vergangenheit 95
Proverbios
de la raíz 96
Sprichworte 98
Poema
solar 102
Sonnengedicht 103
Elogio
de las habitaciones 104
Lobrede an die Zimmer 105
Dominical
106
Sonntags 107
El
personaje 108
Die Persönlichkeit 109
Variaciones
lunáticas 110
Mondvariationen 111
La
magia de la noche 112
Der Zauber der Nacht 113
Faro
de luna y sol 114
Mond-
und Sonnenleuchtturm 116
A
una montaña andina 120
An
einen Berg der Anden 121
Asombro
y palabra perdurable 122
Staunen
und unvergängliches Wort 123
Insomnio
124
Schlaflos
125
Enigma
y tierra firme 126
Rätsel
und Festland 127
El
ciclo del silencio 128
Der
Kreislauf der Stille 129
Retorno
130
Rückkehr
131
El
elegido 132
Der Auserwählte 133
Europa
año 2001 134 Europa
im Jahr 2001 136
No
basta saber soñar 138
Es
ist nicht genug träumen zu können 140
Profana
oracíon a Goethe 144
Profanes
Gebet an Goethe 145
La
ciudad delirante 146
Stadt
im Fieber 148
Comienzo
del dialogo 150
Anfang
eines Dialoges 152
El
viajero innummerable 154
Der
unendlich Reisende 156
Restauración
del la palabra 158
Wiederherstellung
des Wortes 159
Legado
para el nuevo milenio 160
Vermächtnis für ein neues Millenium162
Leseprobe
UNA ESPERANZA
Las gentes pobres cortan el pan con mano gruesa
en rebanadas finas
escrupulosamente.
En los días de fiesta visitan cementerios
ferias abarrotadas donde no compran nada
parques abandonados o iglesias sombrías.
Las gentes pobres deambulan como perros
se ahogan pesadamente en el fondo de los ríos
que rugen en los sótanos de fábricas inmensas
y en sus ojos severos hay un fuego escondido
y en sus músculos crece un demonio dormido.
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Eine Hoffnung
Die armen Leute schneiden das Brot mit schwerer
Hand
gewissenhaft
in kleine Scheiben.
An Feiertagen besuchen sie Friedhöfe,
überfüllte Jahrmärkte, auf denen sie nichts
kaufen,
verlassene Parks oder düstere Kirchen.
Die armen Leute streunen umher wie Hunde,
sie stürzen sich schwerfällig in die Tiefe der
Flüsse,
die in den Kellergewölben der riesigen Fabriken
gurgeln
und in ihren strengen Augen ist ein verborgenes
Feuer
und in ihren Muskeln wächst ein schlafender
Dämon.
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SALUTACIÓN AL EXTRANJERO
De dónde apareces
cómo se llama tu toda sombra maltratada por la
lluvia
surgida de ese paisaje con ríos negros.
Siempre miras desde atrás
desde el revés de la sangre,
siempre conversas por la espalda
sobre la guarida de los tiburones y las casas
azules de la bahía
donde cantabas.
Andas desnudo entre la multitud que te mira
y en los atardeceres paseas por los sitios donde
no hay nadie,
pero nosotros no tenemos tiempo
para averiguar dónde perdiste tus pequeños
tesoros,
quién ha robado los huesecillos que enterraste
al otro lado del mar.
Cuando recorres la ciudad en esa tumba silenciosa
agujereada para contemplar el paisaje
nosotros sonreímos sin cambiar de tema:
hemos conocido la guerra
y aprendido a no pensar en la muerte sino para
sobrevivir.
Son bellos los murciélagos que tamizan las luces
y el brillo de los soles en las habitaciones de
tu casa,
los canarios de fuego
las baladas de metal pálido
tu risa con dientes de maíz y cuchillos.
Reviven los años idos
Cuando había más tiempo para suspirar
y a la orilla de las fogatas y los lagos
el vino y la sangre manchaban los manteles.
Pero a menudo te pierdes sollozando
en una avenida donde al final resuenan confusas
llamadas
y no podemos seguirte
aunque tú nos invitas con una voz que casi grita
en su reclamo
porque amamos el sol,
la nieve
y el paisaje de las fábricas
y tú te pierdes entre lunas fugaces y rápidas
vertientes
bramando en lo hondo del cauce sumergido en la
noche.
Ay! Nuestro amor por ti se agota,
nuestra paciencia contigo, se diluye
porque tu voz no sale de la garganta
y no quieres venir limpio y dispuesto a compartir
nuestra mesa
y cuando lo haces te destrozas el labio con los
dientes
y a menudo te fugas con los rostros que el crepúsculo arrastra.
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Gruß an den Ausländer
Woher kommst du?
Wie heißt dein gänzlicher Schatten misshandelt
vom Regen
aufgetaucht aus dieser Landschaft mit schwarzen
Flüssen.
Immer blickst du von hinten
von der Rückseite des Blutes,
immer sprichst du hinter dem Rücken
über den Schlupfwinkel der Haie und die blauen
Häuser
an der Bucht wo du sangst.
Du läufst nackt zwischen der Menge, die dich
ansieht
und in den Abenddämmerungen streifst du über
Plätze,
wo niemand ist,
aber wir haben keine Zeit
um herauszufinden, wo du deine kleinen Schätze
verlorst,
wer die Knöchlein raubte,
die du auf der anderen Seite des Meeres
vergrubst.
Wenn du die Stadt durchstreifst wie ein
schweigendes Grab
mit Löchern, um die Landschaft zu betrachten,
lächeln wir ohne das Thema zu wechseln:
wir haben den Krieg kennengelernt
und nur an den Tod zu denken um zu überleben.
Schön sind die Fledermäuse, die die Lichter
und den Glanz der Sonnen in den Räumen
deines Hauses feinsieben,
die Feuerkanarienvögel
die Balladen von blassem Metall
dein Lachen mit Zähnen aus Mais und Messern.
Die vergangenen Jahre kehren zurück,
als es noch mehr Zeit gab für Seufzer
und am Rand der Lagerfeuer und der Seen
befleckten Wein und Blut die Tischtücher.
Aber oft verlierst du dich schluchzend
in einer Straße, wo am Ende wirre Rufe
widerhallen
und wir dir nicht folgen können
auch wenn du uns einlädst mit einer Stimme,
die fast schreiend aufbegehrt, weil wir die Sonne
lieben,
den Schnee
und die Landschaft der Fabriken
und du verlierst dich zwischen flüchtigen Monden
und überstürzten Bächen
brüllend in der Tiefe des Flussbettes versenkt
in der Nacht.
Ach! Unsere Liebe für dich schwindet
unsere Geduld mit dir erschöpft sich
weil sich deine Stimme nicht aus deinem Hals
löst
und du nicht kommen willst, rein und bereit,
unseren Tisch zu teilen und wenn du es tust,
zerreißt du dir
den Mund mit den Zähnen
und allzuoft flüchtest du mit den Gesichtern
die das Morgengrauen mit sich schleift.
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