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[= Spurensuche. Vergessene Autorinnen wiederentdeckt, Bd. 8], hrsg. von Oliver Igel, trafo verlag 2007, 391 S., ISBN 978-3-89626-699-6, 34,80 EUR
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Zum BuchZwischen politischem Engagement, Naturbeschreibungen und Liebeserklärungen bewegt sich die Lyrik von Clara Müller-Jahnke (1860-1905). Die Pfarrerstochter aus Hinterpommern besuchte in Berlin eine Handelsschule und lernte in einer Tapetenfabrik die Arbeitsbedingungen in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts kennen. Später arbeitete sie als Volksschullehrerin und Journalistin, lebte lange Jahre in Berlin-Hessenwinkel. Ihr Programm hieß Engagement. Als sozialistische Dichterin setzte sie sich für Arbeiterrechte und bessere Bedingungen für Frauen ein. Ihre Gedichte drücken nicht nur Kraft, Kampfesmut und Kampfeswillen aus, sie sind unendlich poetisch. In den Jahren 1899 und 1901 erschienen Gedichtbände von ihr. Der Ruf nach Freiheit klingt aus vielen ihrer Lieder. „Laß mich die Stimme deiner Freiheit sein!“ ruft es da und dort bei Clara Müller-Jahnke. Freiheit, Arbeit, Menschenrechte – das sind die Forderungen der Dichterin. Clara Zetkin lobte Clara Müller-Jahnke als „kraftvolle Persönlichkeit“: „Kühne Gedanken stürmen in kühnen Bildern vorüber; glühendes Suchen und Begehren malt sie in satter, leuchtender Farbenpracht; eine üppig rankende Phantasie zaubert Märchenwelten empor; feines Empfinden hat die Seele der Natur erspürt und bannt ihren innerlichsten Reiz in stimmungsvolle Worte“, schreibt sie. Nach ihrem frühen Tod im Jahre 1905 veröffentlichte ihr Ehemann Oskar Jahnke Gedichtbände seiner Frau. Die Ausgaben sind allerdings nicht vollständig. Nach einem Jahrhundert erscheinen nun die Gedichte Clara Müller-Jahnkes neu und gegenüber der ersten „Gesamtausgabe“ in einer deutlich erweiterten Fassung. |
Alte Lieder 9
Mit roten Kressen 56
Sturmlieder vom Meer 173
Wach auf! Soziale Lieder 223
An sonnigen Gestaden 279
Wintersaat 304
Ausklang 352
Auf der Suche nach der „tiefsten Tiefe" – Clara Müller-Jahnke 363
Dokumentation 375
Literatur 389
Das erste Lied Das erste Lied, das ich gesungen, – um die Kritik war mir nicht gram, – von meinen Lippen ist’s geklungen so frisch, wie’s mir vom Herzen kam.
Ich reimte „sehnen" mit „erkennen" und „dich" mit „nicht" und „Tag" mit „Nacht"; doch kann kein Fürst sich reicher nennen, als mich mein erstes Lied gemacht.
Das Kunstgefühl für Maß und Einheit hat mich kein Menschenmund gelehrt, mit Silbenzahl und Formenreinheit hatt’ ich mir nie das Herz beschwert …
Ich ahnte nur, daß tief im Grunde der Zukunft weltverloren schlief ein Etwas, das mir jede Stunde ein „Singe!" in die Seele rief! |
Liebe In kindlicher Seele erdämmert die Liebe, wie Grünes der Erde im Frühling entkeimt.
Im Herzen der Jungfrau da knospet die Liebe, von künftiger Herrlichkeit sinnend sie träumt.
Bis daß sie im Herzen des Weibes entfaltet zu üppigster Blüte berauschend erprangt.
Im Herzen der Mutter zur edelsten Reife, zur Krone des Alls, zur Vollendung gelangt. |
Eine Dichterin An Meeresstrand bist du geboren, umrauscht von seinem frischen Wind, erblühtest du, der Welt verloren, der Freiheit unentwegtes Kind! Dein Wiegenlied schon sang der Wogen geheimnisvolle Melodie – so ward, in ihrem Hauch erzogen, dein Traum und Sinnen Poesie.
Nun wogt die See durch deine Lieder, ein unergründlich tiefes Meer: Die Welle flieht und kehret wieder und glitzernd sprüht der Schaum umher, erbrausend schlägt sie auf am Strande, doch nur des Kenners Blick allein erspäht im feuchten Ufersande der Perle Glanz im Muschelschrein.
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Ihm Ich hab mich dir so ganz ergeben und bin mit Leib und Seele dein, du meines Lebens wahres Leben, du meines Daseins tiefstes Sein!
Wie sich der Mond sein mild Gefunkel vom goldnen Glanz der Sonne leiht, so fällt in meiner Seele Dunkel der Schimmer deiner Herrlichkeit!
Denn was dereinst mit süßem Beben durch meines Busens Tiefen drang, vermocht ich Worte nicht zu geben – da sah ich dich, und sieh! – ich sang!
Was in geheimnisvoller Stille in meines Herzens Garten sproß, verborgen lag’s in duft’ger Hülle, bis es sich deinem Licht erschloß! |
Am Morgen Nun bleichen die Sterne im Dämmergrau, und die Geister schweben von hinnen – und ich möchte dich halten, du blühender Traum und fühle dich schon zerrinnen!
Ich möchte dich malen als wonniges Lied, mit glühenden Reizen dich schmücken – die Farbe ist blaß und die Form zerrinnt und es will kein Strich mir glücken.
Ich möchte dich singen als jubelndes Lied der kommenden Sonne entgegen – das Wort versagt und die Stimme bricht vor des Herzens wogenden Schlägen.
Wer faßt den sprühenden Schaum? Wer bannt der Stunde flüchtige Sohle? Wer fängt den Strahl und wer hascht den Duft der träumenden Nachtviole?!
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Sommernachmittag Der Tag ist schön und blau die Luft; ein süßer Lindenblütenduft umfließt mich in weichen Wellen. – Wie träumend zittert der Rosenstrauch und seine Knospen schwellen im sommerlichen Hauch.
Die alte Linde steht und sinnt. In ihren Blättern rauscht der Wind ein Lied verklungner Wonne; die Blüten küßt ein Strahl von Licht, ein goldner Strahl der Sonne, der durch die Zweige bricht. –
Ein Vogel singt im Lindenbaum – – ein süßer Klang im süßen Traum – und wieder schweigt die Weise … Mir ist: als hört auf weiter Flur ich pochen leise, leise den Herzschlag der Natur. – |