Klappentext
Bruno Taut (1880–1938) zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Moderne. In Schriften und Vorträgen legte er seine Kritik zur Gesellschaft dar, die er schließlich in visionären Bauprojekten verarbeitete. Taut verband in ihnen Geistiges, Künstlerisches und Technisches auf hohem Niveau miteinander. Die Publikation diskutiert verschiedene Seiten dieses vielseitigen Erbes, wie z. B. soziale Verantwortung, Gemeinschaft und kulturelles Verständnis auf nationaler und internationaler Ebene. Die Beiträge zeigen, inwiefern das Tautsche Erbe Herausforderung und Anspruch geblieben ist.
Inhalt
Vorwort
Grußwort
Von der Utopie zum Welterbe –
Siedlungsbau als Kulturleistung am Beispiel von Bruno Taut
Winfried Brenne
Normierung und Vorfertigung als visionärer Ansatz
zur Lösung der Wohnungsfrage im Schaffen von Bruno Taut
Anja Fröhlich
Vom gegenwärtigen Geist der Architektur.
Bruno Taut und japanisches Denken
Manfred Speidel
Berliner von Kaisers Gnaden
Ulf Meyer
Weder Eurozentrismus noch Asien-Esoterik:
Plädoyer für ein realistisches Asienbild
Diethelm Weidemann
Bruno Taut und die Gewerkschaften
Karlheinz Kuba
Bruno Taut: Aspekte in Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Michael Schied
Bildnachweis
Zu den Autoren
Vorwort
Die UNESCO hat im Jahre 2008 auf Antrag Berlins sechs Siedlungen der Moderne in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Diese Siedlungen wurden vor allem in den 1920er Jahren errichtet und setzten neue Ideen von Architektur um. Die UNESCO würdigte sie in diesem Zusammenhang als außerordentliche Beispiele der Reformbewegung, die auch international den Wohnungsbau stark beeinflusst hatten. Die Siedlungen selbst waren nahezu über die ganze Stadt verteilt, und Persönlichkeiten wie Walter Gropius, Hans Scharoun, Bruno Taut, Otto Bartning gehörten zu ihren Erbauern.
Besonders hervorzuheben war das Wirken von Bruno Taut. Er hatte vier von den diesen sechs Siedlungen geschaffen. Dies waren die Siedlungen Gartenstadt Falkenberg in Berlin-Grünau, Siedlung Schillerpark in Wedding, Großsiedlung Britz (Hufeisensiedlung) und Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg. Doch Bruno Taut war nicht nur der Architekt dieser Siedlungen gewesen, sondern sein Drang zum Bauen fußte auf einer vielschichtigen Reflexion über die Welt und den Platz des Menschen in dieser. Es stellt sich die Frage, was Bruno Tauts Bauten zum ERBE DER WELT nicht nur in der Architektur, sondern auch in sozialer, kultureller und weltanschaulicher Weise erhob.
Die vorliegende Publikation zeigt, dass in der Tat Bruno Tauts Schaffen sehr mannigfaltig war und somit in vielerlei Hinsicht Bedeutung erlangte. Die Beiträge zeugen von unterschiedlichen Fragestellungen, die direkt mit seiner Tätigkeit in Verbindung standen, seine Zeitgenossen betrafen und die Entwicklung von Berlin bzw. Deutschland berührten. Acht verschiedene Persönlichkeiten legen hierzu ihre Gedanken dar. Sie offenbaren, inwiefern Tauts Erbe nicht nur in der Architektur eine Herausforderung darstellt.
Manfred Kühne, Oberste Denkmalschutzbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, legt den Kontext des Berliner Antrags auf Aufnahme der sechs Siedlungen in das Weltkulturerbe klar und weist auf dessen Chancen und Herausforderungen. Winfried Brenne, Architekt/Berlin, begründet an Hand der vielen Bauprojekte Bruno Tauts in Berlin, die hohe Qualität seiner Bauten und den vielseitigen Charakter seines Schaffens. Anja Fröhlich, Wissenschaftlerin/Berlin, stellt diese visionären und innovativen Lösungen Tauts auf dem Gebiet des vorgefertigten Bauens vor. Sie legt dar, wie Taut sein Herangehen in der Zeit der Emigration in Japan 1933–35 fortsetzte, und welche Ideen er dabei entwickelte. Prof. Speidel, Kunsthistoriker/Aachen, knüpft an diese Dimension des Tautschen Schaffen an und macht deutlich, dass in diesem Zusammenhang grundlegend nach dem Platz des Orients und Japans in Tauts Leben gefragt werden sollte. Speidel arbeitet heraus, wie Taut diese Ideen und Weltanschauungen in seinen Bauprojekten verwirklichte. Ulf Meyer, Architekt/Berlin, lenkt hierzu den Blick auf das Wirken der Architekten Hermann Ende und Wilhelm Böckmann im 19./20. Jahrhundert als ein Beispiel des kulturellen Austauschs zwischen Berlin und Japan. Prof. Weidemann, Historiker/Woltersdorf, fragt, ob in diesem Zusammenhang Taut als ein aufgeklärtes Beispiel im Kulturaustausch mit Asien gelten kann, und inwieweit Taut ein neues Asienbild entwarf. Dr. Kuba, Historiker/Berlin, diskutiert die Rolle der Gewerkschaften in der Realisierung der architektonischen Ideen von Taut. Dr. Schied, Südasienwissenschaftler/Berlin, stellt Aspekte der Ideen Tauts zu Fragen des internationalen Kulturaustauschs und zur Gesellschaftsentwicklung vor und erkundet ihre Beziehungen zu Entwicklungen in der Gegenwart.
Die Beiträge wurden größtenteils erstmalig im Rahmen eines Symposiums zu den Asien-Pazifik-Wochen im September 2007 in Berlin vorgestellt. Es war hierbei vor allem all jenen zu danken, die diesen von der Gesellschaft für Internationale Beziehungen, Konfliktmanagement und Interkulturellen Dialog, A propos e. V. verantworteten Ideenaustausch möglich machten: den Asien Pazifik Wochen und der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, dem Mercure-Hotel Berlin Tempelhof Airport und der GEHAG. Die vorliegende Publikation möchte diese interessante Diskussion nun einem breiten Publikum zugänglich machen und zu einem weiteren Austausch über Bruno Taut, sein kulturelles Erbe und die Gegenwart anregen.
Michael Schied
Juli 2009 |