Inhalt
Vorwort
Krieg –
Versuche einer Begriffsklärung - Erster Versuch: Krieg ist keine
Biologie - Zweiter Versuch: Krieg als Destruktivkraft - Dritter
Versuch: Zurichtung der Beteiligten als Voraussetzung für den Krieg -
Vierter Versuch: Krieg als Geschäft - Fünfter Versuch: Krieg als
Entwicklungsschub - Sechster Versuch: Kapitalismus und Krieg
Vormoderne
Auseinandersetzungen 1. Es gab eine Zeit
davor 2. Krieg und Herrschaft
Krieg in der Neuzeit
1. Kanonen und Söldner als frühe Geburtshelfer des Kapitalismus 2.
Gewaltsame Zerfallsprozesse des Feudalsystems 3. Formierungskriege
an der Schwelle zur Neuzeit 4. Frühe bürgerliche Landnahmen und ihre
Folgen 5. Wege in die Moderne 6. Krieg in der Moderne
7. Massenvernichtungswaffen, Hunger und Krankheit 8. Barbarische
Menschenvernichtung 9. Gleichgewicht des Schreckens auf Zeit
10. Staatszerfall und Weltordnungskriege 11. Krisenökonomie und
Enthumanisierung 12. Die Waffen nieder!
Literatur
Über den Autor
VORWORT
Kriegerische Auseinandersetzungen gab es schon in Zeiten, als noch keine
schriftlich fixierte Geschichtsüberlieferung existierte. Allerdings
unterscheiden sich die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen
Angehörigen vormodern lebender Völkerschaften und Zivilisationen, die
zumeist als Motivation ganz gewöhnlichen Raub oder aber simplen Streit um
die Nutzung von Naturressourcen hatten, wesentlich von den Kriegen
zwischen kapitalistisch strukturierten Nationalstaaten. Solch frühe
Auseinandersetzungen sollte man natürlich weder verschweigen noch
idealisieren. Diese allerersten bewaffnet ausgetragenen Streitigkeiten
waren von ihren Auswirkungen her mit unseren modernen Kriegen aber kaum
vergleichbar. Immerhin haben schon in frühen Gesellschaften Philo-
sophen, Dichter und andere Künstler vor ausufernder militärischer Gewalt
gewarnt und deren mögliche Folgen geschildert. Und in der Mythologie solch
früher Gesellschaften war der Gott des Krieges zumeist keine strahlende
Lichtgestalt, sondern kam als ausnehmend unsympathischer, rüpelhafter
Geselle daher. Das organisierte Militär als tragende Kraft auch derzeit
tobender Kriege bildete sich in seiner jetzigen Gestalt erst während der
letzten Jahrhunderte heraus. Die Bauern- und Bürgermilizen, Adelsaufgebote
und bewaffneten Reiternomaden früher Kulturen und deren gewaltsamen
Zusammenstöße sind zwar Vorläufer, unterschieden sich aber wesentlich von
den modernen Nationalarmeen. Diese Nationalarmeen sind ein Produkt des
Frühkapitalismus, der schrittweisen Entwicklung hin zum bürgerlichen
Staat. Bei dem Phänomen ‚Krieg‘ handelt es sich nicht mehr um bewaffnet
ausgetragene Holzereien zwischen unterschiedlich sozialisierten
Bevölkerungsgruppen, auch nicht um Verteilungskämpfe zwischen vormodern
strukturierten Familienclans, sondern um organisierte bewaffnete Gewalt,
ausgetragen zwischen kapitalistisch verfassten Staatsapparaten. Der
Philosoph Robert Kurz meinte dazu: „Keine Gesellschaftsordnung hat so
zahlreiche, so große und so vernichtende Kriege im Zeitraum ihrer
Geschichte hervorgebracht wie der Kapitalismus in seiner wunderbaren
Moderne.“ Zur allgemeinen Verwirrung trägt derzeit bei, dass nicht
wenige moderne Historiker und Philosophen die Unterschiede zwischen
kapitalfixierter Ökonomie und der Funktionsweise vormoderner
Gesellschaften verwischen – indem sie in ihren Texten beispielsweise
völlig ahistorisch Real-Kategorien wie Staat, Markt und Kapital auf die
gesamte Menschheitsgeschichte rückprojizieren. Woraus dann ein völlig
verqueres Geschichtsbild resultiert: Krieg wäre demnach also völlig normal
und naturgegeben, etwas, das irgendwie schon immer da war und wogegen man
gar nichts machen könne… Die nachfolgenden Kapitel dieses Textes
liefern kein Handbuch bereits bestehender Kriegstheorien und auch keine
detaillierte Analyse derzeit tobender bewaffneter Konflikte. Und es geht
auch nicht um die völkerrechtliche Bewertung eben dieser Kriege. Der Text
ist viel eher ein Versuch, die Hintergründe des Phänomens ‚Krieg‘
insgesamt zu verdeutlichen, wobei ich mich hauptsächlich auf Ansätze der
marxistischen und wertkritischen Theorie stütze. Dass Krieg als
soziales Phänomen – insgesamt gesehen – verbrecherisch, das Militär als
tragende Kraft dieser Kriege dem Grunde nach abzulehnen ist, steht dabei
völlig außer Frage. Ist der Traum von einem friedlichen Miteinander
aller Menschen dazu verdammt, eine Utopie zu bleiben? Aus der klassischen
griechischen Antike überliefert ist ein (ganz zu Beginn dieses Buches
zitiertes) Werk des Komödiendichters Aristophanes über einen attischen
Bauern, der – der Schlächtereien des Krieges müde – aufbrach, um nun
endlich die Friedensgöttin aus der Unterwelt wieder zurück ans Tageslicht
zu bringen. Allein freilich konnte er es nicht schaffen…
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