Zum Buch
1995. Nahe Bellinzona. Ein Milliardär wird in
seiner schlossähnlichen Villa im Tessin getötet und fast jeder, der mit
ihm zu tun hatte, ist verdächtig. Auch die junge Medizinhistorikerin
Alice. Es scheint, als hinge der Mord mit einer Kunstsammlung zusammen,
die 1938 vom Bekannten ihrer jüdischen Großeltern in Verwahrung genommen
und nie zurückgegeben wurde. Dazu gehörte Claude Monets Gemälde
„Parklandschaft“. In welcher Beziehung stand der Milliardär zu ihrer
Familie und warum kopierte er in seinem Atelier ausgerechnet Werke Claude
Monets? Der Ermordete hinterließ geheimnisvolle Zettel mit kryptischen
Zeichen. Und auch seinem Gangsterkater Murrli alias Al Capone kommt eine
besondere Rolle zu. Die Lösung des Mordfalls überrascht.
Auf Russisch
Петра Вернер
Тайна кота по прозвищу
Аль Капоне
Синопсис
1995 год . Окрестности
Беллинцоны, главного города швейцарского кантона Тичино. Здесь, на своей
вилле, больше похожей на старинный замок, убит миллиардер. К этому может
быть причастен каждый, кто с ним сталкивался. И в первую очередь – его
гостья Алиса. Она пишет докторскую диссертацию по истории «эликсира
молодости» и приехала сюда поработать в архиве знаменитого батюшки хозяина
виллы, который был добрым другом ее деда. Вызывает подозрения и сосед
жертвы Альберт Рутер, к которому, кстати, регулярно наведывался любимый
кот покойного по прозвищу Аль Капоне. Под подозрением также молодая пара,
которой миллиардер намеревался сдать виллу в аренду. И уж, конечно,
следует внимательно присмотреться к жителям деревни и их гостям. Например,
к внезапно приехавшему к отцу погостить сыну местного трактирщика.
Окрестности виллы полны тайн и загадок, особенно грот, что находится
неподалеку. В нем покойный миллиардер встречался с таинственными
незнакомцами, с которыми его связывали какие-то темные делишки и странные
ритуалы. А главное, непонятны причины убийства и неизвестно, кому эта
смерть выгодна: нет ни завещания , ни претендентов на наследство, а
местные власти явно что-то скрывают. Каков мотив преступника? Или
преступников?
А, может, убийство
связано с уникальной коллекцией картин французского импрессиониста Клода
Моне, которую дедушка Алисы в 1938 году оставил на время отцу миллионера,
спасаясь от нацистских преследований, и затем бесследно исчез?
Молодой следователь Рето
Хофер ищет ответ на главный вопрос: кому эта смерть выгодна? А тем
временем в прошлом миллиардера обнаруживается все больше и больше загадок.
Почему он всю жизнь занимался копированием картин Клода Моне? Как это
связано с тем самым собранием картин? И не принадлежала ли к этому
собранию знаменитая, но давно утерянная картина К.Моне «Парковый пейзаж»?
Может, все ответы кроются
в загадочной записке, которую миллионер успел оставить Алисе? Только
неизвестно, где он ее спрятал. И при чем тут, в конце концов, кот по
прозвищу Аль Капоне?
Leseprobe
Müller-Kenneth führte seine Besucherin in einen
fensterlosen Raum, der nur von Kunstlicht erhellt war. Als sie eingetreten
waren, schloss er die Tür und schob den Dimmschalter langsam so lange nach
unten, bis es völlig dunkel war. „Sie brauchen keine Angst zu haben.“
Seine Stimme erfüllte den Raum mit einem heiseren, dunklen Ton, der die
Luft zum Vibrieren brachte. Was hörte sie da? Angst, Unsicherheit? Gefahr?
Machtanspruch? Wollte er sie einschüchtern? Aber als sie Ironie
heraushörte, verspürte sie keine Angst mehr. Jetzt schwieg der Gastgeber
und es war nur noch sein Atem zu hören, der in seiner Brust ein Röcheln
erzeugte und Alice einen leichten Windhauch spüren ließ. Da schob
Müller-Kenneth langsam den Schalter wieder nach oben und das Licht ging
allmählich wieder an wie nach einer Kinovorstellung. Langsam tauchten aus
der Dunkelheit die Konturen eines Frauenrückens auf, daneben ein Strauß
weißer Callas, die in einer hohen Vase steckten, dann eine
Strandlandschaft mit Segelschiff und ein Gemälde mit einem reifen
Weizenfeld, über dem Krähen kreisten. Auch eine Brücke war zu sehen,
bewachsen mit Glyzinien über einem See, der mit rosafarbenen Seerosen
bedeckt war. Alice fiel ein Katalog verschollener Kunstwerke ein, die
in der ganzen Welt gesucht wurden. Sie fragte sich, ob diese Bilder darin
schon verzeichnet waren. Noch war das Licht schwach. Über dem Stuhl, der
mitten im Raum stand, lag ein weißer Malerkittel, in der Ecke lehnte eine
Palette. Alice spürte, wie Müller-Kenneth sie anschaute. Sein Gesicht
wirkte angestrengt, seine Augen, weiß umrandet wie die der Erleuchteten
auf einem Gemälde von El Greco, schienen hervorzutreten wie bei einem
Basedow-Kranken. Seine Augäpfel leuchteten, die Gesichtshaut hatte jene
Farbe, vor der Caravaggio seine Medusen mit ausgerenktem Kiefer
präsentierte. Müller-Kenneth öffnete den Mund, sagte aber nichts. Sein
Gesicht drückte den Gram eines unverstandenen Menschen aus, der nach
Anerkennung lechzte. Er schaute Alice weiter an, wahrscheinlich erwartete
er, dass die Bilder für sich sprächen. Aber sie sagten nicht viel über
sein Inneres. Warum hatte er ausgerechnet diese Bilder kopiert? Woher
hatte er die Vorlagen? Und was sagte die Auswahl über ihn? Und was, um
alles in der Welt, sollte diese Inszenierung? Plötzlich hatte
Müller-Kenneth wieder das Licht gedimmt. In der Dunkelheit rezitierte er
aus dem Gedicht „Leuchtfeuer“ von Baudelaire: „Rubens, Strom des
Vergessens, Garten der Trägheit, Kopfkissen frischen Fleisches, wo man
nicht lieben kann, …/Leonardo da Vinci, tiefer und düstrer Spiegel, …/
Rembrandt, trauriges Siechenhaus, von Murmellauten ganz erfüllt, …/
Michelangelo, vage Stätte, wo Herkules zu Christus sich gesellt, …/
Watteau, dieser Karneval, …/ Goya, Alptraum voller unbekannter Dinge, … /
ganz nackt ein Mädchen, das, um die Dämonen zu versuchen, seine Strümpfe
straffzieht; …“ Alice hatte Müller-Kenneths Atem im Nacken gespürt und
sich gefragt, was wohl als Nächstes geschehen würde. Falls er sie
angriffe, so nahm sie sich vor, würde sie zuschlagen. Aber diese
Überlegungen waren unnötig, denn schon schob Müller-Kenneth den Regler des
Schalters wieder nach oben. Das Licht breitete sich langsam und wohltuend
aus und als der Anschlag erreicht war, war es so grell, dass es blendete.
Es war ein kaltes Licht, das jeden Winkel des Raumes ausleuchtete und
jeden Pinselstrich auf der Oberfläche der Gemälde sichtbar machte. Nun sah
Alice alles deutlicher: Es waren Bilder ohne Rahmen, so belassen, wie sie
ein Maler von der Staffelei genommen hatte. Noch ohne Firnis, ein leichter
Farbgeruch schwebte durch den Raum.Alice dachte: Eine Geschichte der
Malerei in Form von Kopien. Sie trat näher heran und schaute sich die
Bilder genauer an. Ihr Gastgeber war ohne Zweifel ein guter Kopist. Aber
je sorgfältiger sie die Bilder betrachtete, umso mehr erschrak sie.
Besonders ein Bild erregte ihr Interesse. Sie versuchte ruhig zu bleiben.
Woher hatte er die Vorlagen? Abgemalt aus Kunstbüchern und Katalogen? Sie
beschloss, ihn nicht danach zu fragen. Sei es wie es sei, an die
Leuchtfeuer der Kunst hat er sich nicht herangemacht. Niemals hätte er es
gewagt, Werke von Malern aus der ersten Reihe zu kopieren. Sich einem
Michelangelo zu nähern, wäre ihm wohl als Frevel erschienen. Aber
vielleicht war ihm das auch zu gefährlich, denn bei berühmten Gemälden
wäre sofort jeder stutzig geworden, würde Kopie und Original vergleichen.
Verkaufte er etwa diese Kopien? Es deutete nichts darauf hin.
„Gefallen Ihnen meine Arbeiten?“, fragte Müller-Kenneth spöttisch und
schaute Alice prüfend an. Er sah wieder völlig normal aus und es gab
keinen Grund, sich vor ihm zu fürchten. Sie nickte. „Und welches
gefällt Ihnen am besten?“ „Der Monet dort, der wie das Original
aussieht.“ Alice wies auf ein Bild, das auf einer der drei Staffeleien
stand und ihre besondere Aufmerksamkeit erregt hatte. Es war eine
Parklandschaft. Ein Weg verlief vom rechten unteren Bildrand zum linken
oberen. Bläuliche Rispen neigten sich auf den Pfad, dahinter prangten
Bäume in vollem Laub. Sie überlegte eine Weile, ob das Bild eine Sommer-
oder eine Herbstlandschaft darstellte. In der Unschärfe, die jedem
Betrachter Spielraum für Interpretationen gab, lag der Reiz. Im
Vordergrund hatte der Maler ein Gewächs platziert, das nicht
identifizierbar war, es könnte ein Rosenbusch mit dunkelroten Blüten sein,
aber ebenso etwas Anderes. Alice fiel der letzte Satz ihrer Großmutter
ein, die sich daran erinnerte, dass die Blüten rot waren. Das Bild war mit
Müller-Kenneths Namen signiert. Aber warum hatte er ausgerechnet dieses
Gemälde kopiert? Das Schwarz-Weiß-Foto, das er als Vorlage verwendet
hatte, lag noch daneben. Als sie versuchte, sich die Farben wegzudenken,
überkam sie eine böse Ahnung. War dies nicht das Bild aus dem Wohnzimmer
ihrer Großeltern? Müller-Kenneth schien ihre Zweifel nicht zu bemerken,
schaute mit unverkennbarem Stolz auf sein Werk. Offensichtlich war er sehr
zufrieden mit ihrer Antwort, ja, er reagierte fast ekstatisch: „Der
Monet!“, rief er aus, „wie schön, dass Sie meine Kopie für einen echten
Monet halten.“
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