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Petra Werner

 

 

Pinguin Alexander besucht seine Verwandten in der Antarktis

oder

Penguins for Future !!

 


 

trafo Literaturverlag, 2019, Jugendbuch, 220 S., zahlr. Fotos und Illustrationen, ISBN 978-3-86465-126-7, 18,80 EUR

lieferbar

 

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Inhaltsverzeichnis

 

Kapitel 1       Ein Pinguin schlüpft aus dem Ei                                                              7

Kapitel 2       Wer bin ich und wer sind meine Verwandten?                                         13

Kapitel 3       Alexander besucht Verwandte im Zoo und Pfleger Achmed stellt sie vor     17

Kapitel 4       Alexander erlernt die Pinguinsprache                                                     41

Kapitel 5       Familie Kaulbarsch wird in die Antarktis reisen                                       46

Kapitel 6       Die Reisevorbereitungen laufen                                                            58

Kapitel 7       Alexander wird ein wissenschaftliches Projekt                                        77

Kapitel 8       Die Reise nach Montevideo                                                                  91

Kapitel 9       Schauklige Nächte auf See                                                                 105

Kapitel 10     Die wilden Verwandten auf der Kadaver-Insel                                       115

Kapitel 11     In Südgeorgien. Alexander findet einen Freund                                     146

Kapitel 12     Thatch, die Riesenratte                                                                     169

Kapitel 13     Der kleine Pinguin verhandelt mit der Riesenratte                                 185

Kapitel 14     Alexander wird als Held gefeiert und verliebt sich                                  194

Kapitel 15     Trödel und verborgene Schätze                                                           205

Kapitel 16     Weiterreise nach der Halbmond-Insel und Rückkehr nach Südgeorgien      212

Kapitel 17     Alexanders Abschied von der Familie                                                   230

 

Über die Autorin, Grafikerin und Fotografin                                                              236

Impressum                                                                                                         238

 

 

 

Leseprobe

 

Kapitel 1: Ein Pinguin schlüpft aus dem Ei

 

„Crax, crex, crix“ machte das Ei und auf seiner Schale zeigten sich erste feine Risse, die sich auf der Oberfläche nach und nach wie ein unordentlich geknüpftes Netz ausbreiteten.

Ronja, ein kleines Mädchen von fünf Jahren, das dünn wie ein Fädchen war und himmelblaue Augen hatte, saß davor und beobachtete alles. Das Ei sah nicht aus wie ein Hühnerei, das Ronja manchmal zum Frühstück aß, sondern verlief nach oben spitz zu. Ronjas Vater, der Tierarzt Dr. Reinhard-Maria Kaulbarsch, hatte ihr erklärt, warum:

„Gute Flieger unter den Vögeln haben spitze Eier, weil sie ein schmales Becken und einen schlanken Körper haben.“

Das klang sehr unlogisch und Ronja hatte auf ein riesiges Pinguinposter gezeigt, welches über ihrem Bett hing. Auf dem Bild lief ein aufgeplusterter Kaiserpinguin mit seinem grauen Jungen auf den Betrachter zu. Die sahen wirklich nicht aus, als könnten sie fliegen, sie hatten ja nicht einmal Flügel sondern Flossen, wie der Vater seiner Tochter beigebracht hatte.

„Das Leben ist nicht so einfach, auch, was die Tiere angeht“ erklärte er seiner Tochter und fügte hinzu:

„Zugegeben, es ist verwirrend und wenn man sie anschaut, kann man es nicht glauben: Pinguine fliegen zwar nicht, aber sie sind sehr gute Unterwasserschwimmer, besser als jeder Mensch. Da Schwimmen so gut ist wie Fliegen, ist ihr Becken schmal und das Ei spitz.“

Seitdem betrachtete Ronja das Ei mit anderen Augen und überlegte schon, wohin sie mit dem jungen Pinguin, der bald schlüpfen würde, schwimmen gehen würde. Vielleicht an den Müggelsee? Oder ins Schwimmbad? Sie war die Einzige in der Kitagruppe „Tierlieb“, die kein Haustier hatte, dabei war ihr Vater Tierarzt im Zoo! Ein Mädchen und ein Junge besaßen einen Hund, zwei Kinder Katzen, drei einen Wellensittich und weitere drei einen Hamster.

Dr. Kaulbarsch hatte zu seiner Tochter gesagt:

„Was meinst Du, was so ein Meerschweinchen oder gar ein Hund für Krankheiten kriegen können! Es reicht, wenn ich den ganzen Tag im Zoo damit zu tun habe … Und denk an Kiki Amandus Perlauge und wie sehr Du geweint hast, als der starb … Deshalb: nein, nein, nein!“

 

Was Kiki anging, so hatte der Vater recht, ihr Wellensittich Kiki hatte eines Tages tot auf dem Boden des Käfigs gelegen, obwohl sie sich jeden Tag um ihn gekümmert hatte. Ronja hatte drei Tage lang geweint und ihre Mutter, die Musikerin war und sehr sensibel, hatte geschworen:

„Nie wieder wird uns ein Tier ins Haus kommen, nie wieder!“

So sagten beide nein zu den Hunden, die Ronja von der Straße mitbrachte und schafften den Goldhamster Fips, den ihr ein Kind zum Geburtstag schenkte und der sich als erstes im Abflussrohr verkroch, wieder in die Zoohandlung.

Doch eines Tages brachte der Vater ein Ei aus dem Zoo mit. Es war weiß und viel größer als ein Hühnerei, vielleicht sogar größer als ein Gänseei. Er baute in Ronjas Kinderzimmer eine Kiste mit einer Rotlichtlampe darüber auf und sagte zu Ronja:

„Das ist ein elternloses Pinguinei. Mutter und Vater sind gestorben. Vielleicht haben wir Glück und das Kleine schlüpft. Du könntest es pflegen und so etwas wirklich Nützliches tun. Aber sei geduldig, Du wirst mehr als einen ganzen Monat warten müssen.“

 

Es war an einem Frühlingstag gegen 7 Uhr abends. Ronja, die gerade das Lied sang „Der Mai ist gekommen“, obwohl erst März war, unterbrach ihren Gesang und rief:

„Mama, Papa, es ist soweit, es ist soweit.“

Ihre Mutter, die gerade auf ihrem Cello übte und den Kopf angehoben hatte, als blicke sie den Tönen nach, die im Zimmer nach oben flogen, fand zurück in die Wirklichkeit, stellte ihr Instrument ab und eilte herbei. Ihr Vater kam ebenfalls angerannt. Alle drei schauten zu, wie die weiße Eierschale Stück für Stück zerbrach und ein rosa Schnabel sichtbar wurde. Dieser Schnabel schob zwei Teile auseinander, zwängte sich gleichsam durch den Spalt, denn der kleine Pinguin hatte viel Kraft. Ein Kopf wurde sichtbar mit Glubsch-
augen, dann ein dünner, faltiger Hals und schließlich stieg ein feuchtes Etwas heraus, das sich schüttelte und aufplusterte und aussah wie eine Mischung aus Hühner- und Schwanenküken. Seine Füße und Beine waren rosafarben, die Sohlen schwarz. Unter der Rotlichtlampe, die noch immer brannte, wurde das frisch geschlüpfte Küken schnell trocken und sah mit seinem hellgrauen Gefieder flauschig aus, auch wenn die rosa Haut noch immer durchschimmerte. Im Gesicht, vor allem um die Augen herum, hatte es schwarze Flecken.

„Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen, Sonnenschein,“ sagte das Küken im Flaumgefieder selbstbewusst.

Das war eine Zeile aus einem Lied, das jeden Tag aus allen Lautsprechern ertönte, wenn der Supermarkt von gegenüber geöffnet wurde. Offensichtlich war das Fenster zu Kaulbachs Wohnung lange offengeblieben, und das Küken hatte sich schon im Ei diese Liedzeile eingeprägt.

„Willkommen!“ rief Ronja. Sie war fünf Jahre alt und obwohl sie noch nicht zur Schule ging, hatte sie doch schon ein Alter erreicht, wo man vieles für möglich hält und nicht so schnell erstaunt ist, weil die ganze Welt voller Wunder ist. Deshalb war sie auch nicht verwundert, dass das Küken sprechen konnte.

Nur die Eltern schauten verblüfft, denn sie hatten noch nie einen Pinguin gesehen, der „Guten Morgen“ sagt, zumal schon Abend war. Ronja erklärte das:

„Ihr habt mir erklärt, Pinguine leben auf der Südhalbkugel, wo alles verkehrt herum ist.“

Bevor der Vater korrigierend einschreiten konnte, sprach Ronja weiter:

„Ich habe doch immer mit dem Ei gesprochen und ihm Lieder vorgesungen. Das Küken soll Alexander heißen, egal, ob es ein Mädchen ist oder ein Junge, und jetzt solltest Du ihm zur Begrüßung ein Stück auf dem Cello spielen,“ verlangte Ronja von ihrer Mutter.

Sie wusste, dass das Cello ein sanftes Instrument ist, ganz anders als eine Trompete oder gar Fanfare, mit denen man ziemlich laute Töne spielen kann.

Während die Mutter gerade das Stück „Die einsame Prärie“ von Eric Moe intonierte, sagte der Vater:

„Das glaubt mir kein Mensch“, und rieb sich die Augen, als ob er träume.

Als die Melodie erklang, hielt der kleine Pinguin hielt den Kopf schief und lauschte. Von nun an würde er glauben, dass die ganze Welt freundlich, warm und voller Musik sei, weil alle nickten und lächelten. Aber so würde es nicht bleiben.

„Du kannst nicht immer siebzehn sein“ antwortete Alexander und fügte hinzu: „Weine nicht, wenn der Regen fällt.“

Auch das hatte er aus alten Schlagern, die während seiner Brutzeit oft gespielt worden waren.

 

 

...

 

 

 

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