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Micky


Micky, der Berliner Pinsel-Artist.

Eine deutsch-deutsche Karriere von 1945-2013,

aufgeschrieben von Wolfgang Bielefeldt (alias Micky),

bekannt als Berlins originellster Schnellzeichner

 

 

 

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2014, [= Autobiografien, Band 46], 98 S., mehr als 70 Bilder, Fotos und Grafiken von Micky, ISBN 978-3-86465-040-6, 19,80 EUR

 

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Klappentext

 

Micky

Berlins originellster Schnellzeichner

Jahrgang 1929, von 1945–1949 Zeichentrickfilm- und Gebrauchsgrafik-Studium.

Seit 1949 aktiv als Boogie-tanzender Schnellzeichner.

In den 50er Jahren schon im „Titania-Palast“ bei den „Telegraf“-Veranstaltungen engagiert.

Mitwirkung bei der ersten Fernsehsendung nach dem Krieg im Berliner Stadtpark Schöneberg unter Regie von Hans Rosenthal.

Später folgten beim ZDF mehrere Kinder-Quizsendungen sowie Engagements bei der „Drehscheibe“ und bei

artistischen Sendungen als zeichnender „Conférencier“.

1999, zum 50-jährigen Bühnenjubiläum im Hamburger „Hansa-Varieté-Theater“ von der Direktion mit der goldenen

Ehrennadel ausgezeichnet, nachdem Micky dort in insgesamt 15 Monatsprogrammen aufgetreten war.

2009, zum 60. Bühnenjubiläum mit einer Ehrenurkunde durch das Bezirksamt Neukölln während einer Veranstaltung

geehrt ...

... und jetzt, im Jahr 2013 und nach 64 Bühnenjahren, immer noch aktiv bei den Varieté-Nachmittagen in der Berliner

URANIA.

Ich freue mich immer wieder auf mein Berliner Publikum und wünsche Ihnen einen fröhlichen Nachmittag!

Ihr Micky

 

Einleitung

Niemals hätte ich daran gedacht, über mich zu schreiben. Warum ich es trotzdem

tue? Schuld daran ist ein Journalist, den ich bei den „Circusfreunden“ kennen-

und schätzen lernte. Bei unserem ersten Zusammentreffen sagte er zu mir:

„Wissen Sie, dass ich Sie schon einmal gesehen habe? Ich war 13 Jahre alt, und ich

habe Sie im ‚Circus Barlay‘ erlebt, damals 1950. Ich saß in der Reihe 7, aber Sie

haben mich – natürlich – nicht gesehen...“ Wir mussten lachen. Diese Begegnung

war 1998. Wir unterhielten uns dann des Öfteren bei den monatlichen Treffen,

und eines Tages sagte er zu mir: „Warum schreiben Sie Ihre Erinnerungen nicht

einfach mal auf? In mehr als fünfzig Jahren auf der Bühne haben Sie doch viel

erlebt. Schreiben Sie – ich verspreche Ihnen, es auch zu lesen!“

In den nächsten Tagen gingen mir seine Wort nicht mehr aus dem Kopf; ich

setzte mich hin und fing erst einmal an, drauflos zu schreiben. Alles, was mir so

in den Sinn kam. Und so beginne ich mit meinen Kindheitswünschen: Ich wollte

nicht Lokführer werden, nicht Schornsteinfeger oder so – nein... Ich wollte etwas

ganz anderes werden.

Als Kind sah ich Zeichentrickfilme. Damals waren sie schon farbig. Sie hießen

„Armer Hansi“ (es handelte sich um einen Kanarienvogel) und “Der Schneemann”,

der während des Sommers in einem Kühlschrank überleben wollte. Diese

Filme waren von einem Herrn Fischerkoesen gezeichnet worden. Und so etwas

wollte ich auch einmal machen können! Meine Berufswahl stand also schon früh

fest! Doch es sollte anders kommen. Es war Krieg. Das ist so etwas, was sich

junge Menschen heute in Deutschland gar nicht mehr vorstellen können. Ich bekam

auch tatsächlich eine Lehrstelle bei Herrn Fischerkoesen, er hätte mich gerne

genommen. Meine Lehre als Trickfilmzeichner konnte ich aber gar nicht mehr

antreten: der Krieg...

Der „Totale Krieg“ warf unser aller Leben über den Haufen. So musste ich

nach dem Schulabschluss in einer Rüstungsfabrik arbeiten genauso wie meine

Mutter. Dort blieb ich nicht lange. Es war Ende 1944, und ich musste für vier

Wochen in ein sogenanntes Wehrertüchtigungslager. Weil ich mich dort aber nicht

freiwillig zum Dienst in der Wehrmacht gemeldet hatte, steckte man mich einfach

zum „Volkssturm“. Ironie des Schicksals: Mein Vater wurde ebenfalls einberufen

zum Volkssturm, dem letzten Aufgebot des NS-Staates, und er wurde mein Vorgesetzter.

Wäre die Zeit nicht so grausam gewesen, hätten wir eigentlich viel Spaß

haben müssen. Aber bald merkte man, dass ich wegen meiner Jugend nicht in diesen

Altmänner-Volkssturm gehörte, und so wurde ich dann doch noch „Soldat“.

Die Front war aber doch schon so weit vorgedrungen, dass unsere Truppe nicht

mehr aus Berlin herauskam. Das war meine Rettung! Wir wurden in Köpenick

einquartiert, in einer Schule. Uniformen gab es nicht mehr, nur noch eine Hitlerjugend

(HJ)-Armbinde. Und Stiefel gab es noch. Ausgebildet

wurden wir von zwei

Gefreiten an deren Pistolen, die wir auseinander nehmen und wieder zusammen

setzen mussten, und an einem Panzerfaust-Modell aus Holz. Eine wahrlich tolle

Ausbildung, um doch noch den Krieg zu gewinnen...

Als der erste russische Soldat über den Schulhof ging, hieß es: Rückzug! Richtung

Reichssportfeld, das musste nun unbedingt verteidigt werden. Mit der S-Bahn

– gezogen von einer alten Dampflok, weil die S-Bahn keinen Strom mehr hatte –

kam ich bis zum Bahnhof Hermannstraße. Hier endete meine Fahrt. Wie viele

von uns im Reichssportfeld ankamen, weiß niemand genau, denn bevor ich mich

absetzte, waren schon viele von unserer Truppe verschwunden.

Ich marschierte

– befreit von der HJ-Armbinde – in Richtung Ostkreuz, über die unter Beschuss

liegende Bahnbrücke in Treptow weiter nach Karlshorst, wo meine Familie nach

zweimaligem Ausbomben in einem Zimmer in der Wohnung eines evakuierten

Nazis einquartiert worden war. Später, als die Russen halb Karlshorst zu besetzen

begannen und wir aus der Wohnung raus mussten, fanden wir in einem Zimmer

ein riesiges Hitlerbild, das die Russen zu unserem Glück nicht gesehen hatten,

weil es hinter der meist geöffneten Tür hing. Als die Russen dann aus der Nazi-

Wohnung nach der ersten „Besichtigung“ raus waren, vernichtete der Hauswart,

der auch die Zimmerschlüssel des ehemaligen Besitzers der Wohnung besaß, das

Bild sofort. Nicht auszudenken, was mit uns geschehen wäre, wenn die Russen

das Bild gefunden hätten...

 

 

 

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