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Igel, Oliver (Hrsg.)
Clara Bohm-Schuch: »Der Menschheit Sehnsucht«. Gedichte und kurze Prosa aus der Geschichte der Sozialdemokratie
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2013, 91 S., [= Spurensuche. Vergessene Autorinnen wiederentdeckt, Band 9], ISBN 978-3-86465-028-4, 22,80 EUR
lieferbar |
KlappentextAm 12. Mai 1936 strömten mehrere tausend Menschen am Friedhof Berlin-Baumschulenweg zusammen, um eine populäre Sozialdemokratin zu Grabe zu tragen: Clara Bohm-Schuch, die Reichstagsabgeordnete, die auch Dichterin war. Die Trauerfeier wurde eine machtvolle Kundgebung gegen die Nationalsozialisten in Berlin. Zeit ihres Lebens (1879–1936) setzte sich Bohm-Schuch für die Armen, die Kinder und Jugendlichen und vor allem für Frauenrechte ein. Und sie trotzte den Nationalsozialisten, die auch sie verhaftet hatten. Clara Bohm-Schuch wuchs in kärglichen Verhältnissen im Havelland auf, besuchte in Berlin eine Handelsschule und arbeitete sich zur Chefsekretärin hoch. Mit Mitte 20 begann sie sich in der Gewerkschafts- und Frauenbewegung zu engagieren, wurde Leiterin einer Kinderschutzkommission und schon bald eine gefragte Rednerin bei sozialdemokratischen Veranstaltungen. Mit ihren Gedichten und kurzen Prosatexten gibt sie einen Einblick in ihre persönliche Geschichte, ihr Verhältnis zur brandenburgischen Heimat, ihre Naturverbundenheit und ihre Liebe zu ihren Eltern. Gerade ihre – vordergründig den Naturgewalten gewidmeten – Gedichte sind hochpolitisch und fordern zum Kampf für Gerechtigkeit auf und besingen jubelnd die Kraft der Arbeiterschaft. Gedichte von Clara Bohm-Schuch wurden auf Parteitagen der SPD vorgetragen und gesungen. 1919 zog sie für den Wahlkreis Arnsberg als eine der ersten Frauen überhaupt in die verfassunggebende Nationalversammlung und später, als Berlinerin, in den Reichstag ein, wo sie bis 1933 Abgeordnete blieb. Die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Frauen und Kindern sowie die Aufklärung über die Ursachen des Ersten Weltkrieges bildeten die Schwerpunkte ihres politischen Wirkens im Reichstag – Forderungen, die sie immer wieder in umjubelten Reden vortrug. Das Leid von Frauen und Kindern im und nach dem Ersten Weltkrieg war aber eben nicht nur Thema ihres politischen Wirkens, sondern fand immer wieder auch Eingang in ihre Gedichte. Erstmals seit der Erstausgabe 1932 werden in diesem Buch ihre Gedichte und kurze Prosatexte wieder veröffentlicht und ihr schriftstellerisches und politisches Lebenswerk beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis Ich warte Dein 9 Frühlingswille 10 Weckruf 11 Vorfrühlingsahnen 12 Herbststurm 13 Einst kommt der Tag… 14 Feuer 16 Sei stark! 17 Das alte Lied 18 Erinnerung 19 Heimweh 21 Der Nebel spinnt 23 Herbstlied 24 Heimkehr 25 Letztes Leuchten 26 An der Havel 28 Wir gingen Hand in Hand 29 Frühlingssturm 30 Nächte 31 Erfüllung 32 Weiße Astern 33 Vorfrühling 34 Blühende Heide 35 Rosen 36 Herbst 37 Wehmut 38 Der Tod 39 Unsere Mutter! 40 Das Leben 42 Der Kampfgenossin! 44 (Ohne Titel) 46 Den Müttern des Krieges 47 Der 9. November 1918 48 Schicksal 50 Vertrauen 52 Der Menschheit Sehnsucht 53 Der Geist lebt fort! 54 Der Gewittersturm 56 Ich liebe das Leben … 58 Lieblosigkeit 60 Höhensehnsucht 63
Clara Bohm-Schuch – das kämpferische Leben einer Idealistin 65 Lyrik 67 Die Folgen des Ersten Weltkrieges 72 Der Weg zur Demokratie 74 Der „Weckruf" 75 Clara Bohm-Schuchs Engagement als Abgeordnete im Reichstag 77 Zu dieser Ausgabe 86 Ausgewählte Literatur 89 Bildnachweis 90 Über den Autor 91
Leseprobe
Ich warte Dein. Ich warte dein, wenn über braune Felder der erste Hauch des Lebens wieder weht; Ich warte dein, wenn durch die Winterwälder der Frühlingssturm als Lebenswecker geht. Ich warte dein, wenn sich die Welt im Maien ringsum mit Sang und Duft und Blüten schmückt, und wenn im Feld der wilde Mohn erblühet und meine Hand die roten Flocken pflückt. Wenn rings die Reife liegt auf den Gefilden und jeder Halm des Blühens Früchte bringt, und wenn in glutgefärbtem Todesprangen die letzte Ranke ihren Strauch umschlingt. Und noch in Eis und Schnee und Todesschauern, da wart‘ ich dein mit starkem, stolzen Mut! O Tag der Völkerfreiheit, groß und golden, ich warte dein und deiner Flammen Glut! An einem Morgen muß die Sonne grüßen ein freies, neuerstandenes Geschlecht, und neuerstanden wird zum Himmel lohen das lang zertret’ne heil’ge Menschenrecht. Von Pol zu Pol wird Freiheitsodem rauschen, und Menschen werden wieder Menschen sein, und Brüder werden Brudergrüße tauschen, komm, goldner Freiheitstag, ich warte dein! (Vertont von Uthmann)
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