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Barbara Schwantes

 

Eine märkische Dorfkirche des 20. Jahrhunderts. Jubiläumsschrift zu Bau und Geschichte der Taborkirche in Wilhelmshagen aus Anlass des 100-jährigen Bestehens

 

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[= Hausgeschichte(n) aus Treptow-Köpenick, Band 2], hrsg. v. Heimatverein Köpenick e.V., Berlin,  2011, 170 S., 114, teils farb. Abbildungen und Fotos, ISBN 978-3-86465-000-0, 22,80 EUR

lieferbar

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Die Taborkirche in Wilhelmshagen ist in einer Zeit der „Vormoderne“ zwischen der Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg von der Architektengemeinschaft Jürgensen & Bachmann, die sich durch zahlreiche preisgekrönte Wettbewerbsentwürfe in der Fachwelt einen exzellenten Ruf erworben hatte, erbaut worden.
Die vorliegende kunsthistorische Untersuchung der Verfasserin zeigt, dass sich Architektur und Innenausstattung des Gotteshauses auf protestantische Dorfkirchen des 17. und 18. Jahrhunderts beziehen, jedoch dabei zeitgenössische Stilelemente aufweisen.
Ferner wird die mit der Ortsgründung im Jahr 1892 verknüpfte, ungewöhnlich schwierige und von Gerichtsprozessen begleitete Baugeschichte ebenso dargestellt wie der Zeitgeist und die konservative, bürgerliche Gesinnung, die die Bewohner der „Kolonie“ charakterisierte.
Historisches Bildmaterial, Notizen aus Archiven und persönliche Erinnerungen an die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vermitteln Einblicke in das Gemeindeleben bis zur Gegenwart.

 

 

 

Inhalt

Inhalt

Vorwort von Stefan Förster 7

1 Ortsgründung und Kirchenbauverpflichtung 9

2 Die Baugeschichte 13

3 Die Taborkirche zu ihrer Entstehungszeit 35
   Das Äußere 35
   Das Innere 42
   Die Glasmalereien in den Kirchenfenstern 55

4 Zeitgeist und Stil 69
   Der Blick zurück zu den kulturellen Wurzeln 69
   Die Heimatschutzbewegung 70
   Die Wiederentdeckung der historischen Dorfkirche 71
   Der Königliche Baurat Georg Büttner 80
   Zum Stil der Taborkirche 83

5 Die Bauherren: Pastor Krüger und der Gemeindekirchenrat 85
   Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats 85
   Notizen über die Gemeinde 89
   Die Pfarrer und Hilfsprediger der Gemeinde 91

6 Die Architekten Peter Jürgensen und Jürgen Bachmann 93
   Biographisches im Überblick 93
     Peter Jürgensen 93
     Jürgen Bachmann 95
   Die von der Architektengemeinschaft in der Zeit ihres Bestehens von 1903–1918 ausgeführten Bauten 101

7 Wie es weiterging... 105
   Notizen aus Archiven und Lokalzeitung mit Erinnerungen und Beiträgen von Gemeindegliedern 105

8 Quellen- und Literaturhinweise 167

Abbildungs- und Fotonachweis 169

Über die Autorin 170
 

 

Leseprobe aus den Erinnerungen von Gemeindemitgliedern

 

Notizen aus Archiven und Lokalzeitung mit Erinnerungen und Beiträgen von Gemeindegliedern


1911 Nach den Einweihungsfeierlichkeiten zog sich Hilfsprediger Krüger vollständig zurück.
Das Architektenbüro Jürgensen & Bachmann schickte Mahnungen, da bei ihnen noch das Honorar von 4 876 Mark offen war. Ferner erinnerte die Firma Paul Voelkner, Bromberg, laufend an die Begleichung des ausstehenden Betrages von 5 200 Mark für die Orgel. Sie beschwerte sich wie auch die Architekten über die Verschleppung der Bezahlung beim Königlichen Konsistorium.
Das Konsistorium forderte daraufhin vom Gemeindekirchenrat, die Mittel für Orgel und Glocken aufzutreiben – jedoch ohne Erfolg.
Im August des Jahres wurde der Bau der Friedhofskapelle ausgeschrieben. Die Sitzungen des Gemeindekirchenrats von Rahnsdorf fanden nun stets in der Sakristei der Taborkirche statt.
Es stellte sich im weiteren Verlauf des Jahres 1911 heraus, dass auf der Gemeinde Rahnsdorf ganz erhebliche Schulden als Folge des Kirchenbaus lasteten.
Besonders groß war der Ärger der Gemeinde, als sie sich an den Reparaturkosten des Pfarrhauses in Klein-Schönebeck beteiligen musste, obwohl zu der dortigen Gemeinde keine Beziehungen mehr bestanden.
Nach Krügers Versetzung in das Dorf Drense/Uckermark zum 15. 11.1911 übernahm Hilfsprediger Gabbe aus Berlin das Amt in Wilhelmshagen.
Am 25.11.1911 mahnte das Konsistorium Pfarrer Krüger, dass er im Rückstand mit seinen Berichten über den Kirchenbau wäre, insbesondere beträfe das die Kirchenkassenaufwendungen der Jahre 1908–1910. Am 20.12.1911 fuhr er wegen unerledigter Amtsgeschäfte nach Wilhelmshagen. Es wurden sämtliche Schriftwechsel und Zahlungsbelege der Kirchenbaukasse, die Krüger nun übergab, von einem Mitglied des Gemeindekirchenrats, dem Architekten Paul Hentschel, überprüft.

1912 Seine oben im Kapitel 2 angeführte Aufstellung vom 24.1.1912 hatte offene Verbindlichkeiten von insgesamt 20 824,89 Mark ergeben. Um sie zu begleichen, musste die Gemeinde über Jahre die ausstehenden Schulden abzahlen.
Sie war immer noch ein Sprengel von Klein-Schönebeck, obwohl die Bildung einer eigenen Kirchengemeinde bereits im April 1896 von einer Versammlung der evangelischen Hausväter beschlossen worden war.
Am 1.1.1912 übernahm Pastor Repke die Hilfspredigerstelle von Pastor Gabbe.

1914 Der schwelende Konflikt mit den Architekten blieb ungelöst, da Pfarrer Krüger darauf beharrte, Jürgensen hätte ihm mündlich zugesagt, auf das Honorar zu verzichten. Dieser bestritt das, und die Bürogemeinschaft Jürgensen & Bachmann verklagte schließlich die Gemeinde, weil sie sich weiterhin weigerte, das Honorar zu bezahlen. Jürgensen sah sich gezwungen, vor Gericht unter Eid auszusagen. Aktenkundig ist, dass er zögerte, woraufhin die Gemeinde sich schon Hoffnungen machte und ihn fragen ließ, ob er zu einem Vergleich bereit wäre. Dies lehnte er aber kategorisch ab und leistete den von ihm geforderten Eid.
Daraufhin wurde die Gemeinde am 3.2.1914 vom Kammergericht Berlin zur Zahlung des Architektenhonorars an Jürgensen & Bachmann verurteilt. Im Juni 1914 musste sie deshalb bei der Mitteldeutschen Kreditbank in Friedrichshagen einen Kredit über 10 000 Mark aufnehmen. Im Jahr 1916 löste sie diesen mit einem höheren Kredit von 13 000 Mark ab.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Heilanstalt, auch Krankenhaus genannt, der Norddeutschen Holzberufsgenossenschaft, die 20 Jahre zuvor erste Gottesdienststätte der Wilhelmshagener war, in ein Reservelazarett des Kaiserlichen Heeres umgewandelt. Am 14. Oktober kam der erste Transport mit 121 Verwundeten an.

1917 Es sollten die Glocken beschlagnahmt werden. Pfarrer Repke berichtete, sie wären aus Eisenguss und würden deshalb für eine Beschlagnahme nicht in Betracht kommen.
Die Orgelpfeifen aus Zinn mussten aber ausgebaut werden, weil das Material für Kriegszwecke gebraucht wurde. Die Orgelherstellerfirma Paul Voelkner baute der Gemeinde Ersatzpfeifen aus Zinkguss ein.

1918 Die Gemeinde nahm mit Dank ein vergoldetes Holzkreuz mit Schutzglas und vergoldeter Konsole vom Grafen Fink von Finkenstein an, das er zum Andenken an seine verstorbene Schwester gestiftet hatte. In seiner Villa in der Waldstraße in Hessenwinkel hatten vor dem Bau der Waldkapelle Gottesdienste stattgefunden.
Nach Kriegsende (im Zuge der Novemberrevolution 1918/1919) erhielt die Heilanstalt in Wilhelmshagen eine neue Funktion: Berliner Waisenkinder wurden aufgenommen und betreut.
Der Name „Ulmenhof“ tauchte erstmals auf.
Am 15.12. hielt Hilfsprediger Repke seine Abschiedspredigt. Er war nach Pommern versetzt worden. Sein Nachfolger ab 1.1.1919 war Hilfsprediger Christoph aus Riga.

1919 Der Gemeindekirchenrat bestimmte die Plätze in der Kirche, an denen ein Bild und ein Kruzifix angebracht werden sollten.
Die Gräber der gefallenen Soldaten, die auf dem Friedhof beigesetzt wurden, richtete die Kirchengemeinde auf ihre Kosten her.
Pastor Christoph teilte mit, dass er zum 31.3.1919 um seine Versetzung gebeten habe und eine Pfarrstelle erhalten würde. Sein Nachfolger war Hilfsprediger Hartmann.
In einer Gemeindekirchenratssitzung berichtete der Vorsitzende des Kriegervereins Wilhelmshagen über eine Sitzung ortsansässiger Vereine anlässlich der Heimkehr von Kriegsgefangenen. Ein gemeinsamer Kirchgang mit Festgottesdienst wurde geplant.
Der Gemeindekirchenrat dankte dem Grafen Fink von Finkenstein für ein Ölgemälde, das er der Taborkirche geschenkt hatte.
Im Herbst erwarb die Soziale Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost das ca. fünf Hektar große Gelände der Heilanstalt. Es bestand aus Wald- und Gartenflächen mit pavillonartig angeordneten Klinkersteingebäuden und einem Haupthaus. (Abbildung 3) Der Ulmenhof wurde unter der Leitung des Theologen und Sozialwissenschaftlers Prof. Friedrich Siegmund-Schultze zu einer Heimstatt christlicher Nächstenliebe im Sinne des diakonischen Auftrags.
Unter Mitarbeit einer Oberin und einer Assistentin des Holländischen Roten Kreuzes entstand ein „Hungerkinderheim“.

1920 Im März 1920 fand eine Heimkehrfeier für die letzten zurückgekehrten Kriegsgefangenen statt. Eine Tafel für die Gefallenen sollte von einem einheimischen Künstler gestaltet werden. Sie ist erhalten und befindet sich heute im Vorraum der Taborkirche (Abbildung 57).
Zur gleichen Zeit gründeten Gemeindeglieder einen Fonds, in dem Geld zur Deckung der Kosten für die Ablösung von der Parochie Klein-Schönebeck gesammelt werden sollte.

1923 Die Gemeinde war in großer Geldnot wegen der zunehmenden Geldentwertung. Der Gemeindekirchenrat beschloss in kurzer Zeit mehrere Umlageerhöhungen von 20%.

1925 Bei den oben geschilderten finanziellen Verhältnissen der Kirchengemeinde war Geld für eine Kirchturmuhr in der Baukasse des Jahres 1911 nicht mehr vorhanden.
Im Jahr 1925 begannen die Wilhelmshagener deshalb, für eine Uhr zu sammeln.
Nach einem Bericht der Niederbarnimer Zeitung ging die Anregung dazu von dem neuen Direktor Köhler der Neu-Rahnsdorf Terrain AG aus. Es wurden Konzerte veranstaltet, bei denen um Spenden für die Anschaffung der Uhr gebeten wurde.

1926 Pastor Krause lud zur Vorführung des Oberlin-Films „Sprechende Hände“, der die Erfindung der Blindenschrift thematisiert, in Wilhelmshagen und in Rahnsdorf ein.
Die Sitzungen des Gemeindekirchenrats wurden im Gasthaus Albrechtshof in Wilhelmshagen abgehalten. Die jährliche Gemeindeversammlung fand zusammen mit dem Jahresfest des Evangelischen Bundes im Gesellschaftshaus Hessenwinkel statt.

1927 Im Mai beschloss die 100 Personen umfassende Gemeindeversammlung einstimmig eine Resolution an das Konsistorium, dass sie nunmehr konkrete Schritte zu ihrer „Verselbständigung“ als Kirchengemeinde erwartete, da das „hiesige kirchliche Leben immer wieder durch die Schwierigkeiten einer nicht-selbständigen Gemeinde ernstlich gefährdet wird.“
Am 2.11.1927 bewilligte der Provinzialkirchenrat der Mark Brandenburg schließlich eine Kapitalabfindung von 35 000 Reichsmark aus Mitteln der Provinzialkirche zur Bildung eines Pfarrsprengels Rahnsdorf-Wilhelmshagen und zur Gründung einer eigenen Pfarrstelle.
Die Zinsen dieses Kapitals waren dazu bestimmt, die Besoldung eines Pfarrers einschließlich seiner Wohnung zu finanzieren. Falls erforderlich, sollten hierfür außerdem Mittel aus dem Kirchensteueraufkommen herangezogen werden.

1928 In einer Urkunde des Evangelischen Konsistoriums der Mark Brandenburg wurde für den neuen Pfarrsprengel die pfarramtliche Verbindung zu der Kirchengemeinde Klein-Schönebeck und den Gemeinden Münchehofe, Schöneiche und der Villenkolonie Schöneiche mit Wirkung vom 1. April 1928 aufgehoben. Die Gemeinde wählte am 13.6.1928 den hier bereits als Hilfsprediger eingesetzten Walter Mühlnickel zum Pfarrer.
Der Gemeindekirchenrat beschloss, das Geld aus dem Pfarrergehaltsfonds als 1. Hypothek zu 10% Zinsen auf sechs Jahre unkündbar an verschiedene Gemeindeglieder auszuleihen.

1929 Im Januar 1929 beschloss der Gemeindekirchenrat, die Sammlung für die Turmuhr wieder aufzunehmen. Im April übergab die örtliche Evangelische Frauenhilfe dem Fonds 1 000 Mark. Am
5. Mai fand ein Kirchenkonzert zugunsten der Sammlung statt. Der Eintritt wurde auf 1 Mark festgesetzt.
Im September 1929 war endlich das Geld für Kauf und Einbau einer Kirchturmuhr zusammengekommen. So wurde von der Turmuhren­fabrik Georg Richter, ehemals Hoflieferant Seiner Majestät des Kaisers, eine Uhr erworben und eingebaut (Abbildung 58). Am 22.9.1929 fand in einem feierlichen Gottesdienst die Weihe statt. Anschließend traf sich die Gemeinde zu einem Festmahl in der Gaststätte Albrechtshof.

1930 Es wurde eine Kommission zum Besuch der aus der Kirche Ausgetretenen gebildet. Pfarrer Mühlnickel beklagte in einem Antrag an die Kreissynode, dass zu den politisch motivierten Kirchenaustritten solche hinzukämen, die sich (Kirchen-)Steuern ersparen wollten.
Die Pastorenwohnung war seit langer Zeit in Hessenwinkel, Lindenstraße 15. Im Jahr 1930 entbrannte eine heftige Auseinandersetzung in der Gemeinde, weil der Gemeindekirchenrat ein am Friedhofsrand gelegenes, der Gemeinde gehörendes Grundstück mit einem Pfarrhaus bebauen wollte.

1931 Der Konflikt löste sich erst auf, als dem Gemeindekirchenrat im Jahr 1931 das Grundstück in der Moltkestraße 14–15 (heute Eichbergstraße), das mit einem Mietshaus des Jahres 1895 sowie mit Nebengebäuden bebaut war, zum Kauf angeboten wurde. Hierin waren zu dieser Zeit zwei Fünfzimmerwohnungen, eine Dreizimmerwohnung und zwei Zweizimmerwohnungen.
Die Gemeinde erwarb das Haus für 46 000 Reichsmark von dem Chemiker Dr. F. W. Maas, um anschließend ab 2.10. 1931 darin das Pfarramt einzurichten und für den Pfarrer Mühlnickel eine der beiden Fünfzimmerwohnungen als Pfarrwohnung vorzusehen.
Die Einstellung einer Gemeindeschwester wurde im Gemeindekirchenrat neuerdings erwogen, und dabei stellte sich heraus, dass die Gemeinde vor 20 Jahren – also zur Zeit des Kirchenbauens – schon einmal eine hatte, die dann aber wegen Geldmangels wieder entlassen werden musste.

1932 Die Wahlliste zum Gemeindekirchenrat wies für das Jahr 1932 in Wilhelmshagen 363 Wähler aus und für Hessenwinkel 91.

1933 Bereits im Jahr 1933 beobachteten die Ortsgruppe der NSDAP und die nationalsozialistisch orientierte Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ genau, was von der Kanzel gesprochen wurde und griffen auch zu nicht näher bezeichneten Maßnahmen, wenn sie damit nicht einverstanden waren.
Die Konfirmanden mussten auf Anordnung der Ortsgruppe der NSDAP auch Fragen beantworten, die nationalsozialistisches Gedankengut betrafen und von den Parteiorganisationen formuliert worden waren. Ferner musste der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ die Kirche für Abendgottesdienste zur Verfügung gestellt werden.

1934 Im Gemeindekirchenrat diskutierten die Mitglieder über Gewalttätigkeiten gegen Pfarrer und über die nationalsozialistische Beeinflussung der Kirche.

1935 Es wurden Umbauarbeiten an den Nebengebäuden des Pfarrhauses ausgeführt: Ein Gemeindesaal entstand; und ein neues Gemeindehaus konnte eingeweiht werden. Die Fenster der Taborkirche wurden ausgebessert.
Trotz großer Vorbehalte gegen nationalsozialistische Organisationen war man bereit, der Winterhilfe und NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) einen kleineren Betrag zu spenden.
1936 Im Ortsteil Rahnsdorf, im Püttbergeweg, wurde das Johann- Hinrich-Wichernheim gebaut, das als Gemeindezentrum dienen sollte.

1937 Die Konfirmanden hatten Schäden im Gemeinderaum angerichtet, und es kam der Vorschlag auf, ihnen mit der Verweigerung der Konfirmation zu drohen.
Am 6. September hatte ein Festgottesdienst aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Taborkirche und der Waldkapelle stattgefunden.

1939 Pfarrer Bruckhoff teilte dem Gemeindekirchenrat im Juni mit, dass das Bezirksamt Köpenick die Eröffnung des Gemeindekindergartens abgelehnt hatte, weil kein christlicher Kindergarten gewünscht wurde.

1942 Ein Beschluss im März sah vor, als Ersatz für die beschlagnahmten Glocken der Taborkirche und der Waldkapelle je eine Ersatzglocke zu beschaffen.

1945 Nach dem Einmarsch der Roten Armee am 21. April 1945 wurde die Vikarin Ruth Makowski mit der pfarramtlichen Versorgung der Gemeinde betraut.
In der Zeit nach dem Kriegsende war der Kirchplatz zunächst als Friedhof für die gefallenen russischen Soldaten von der Besatzungsmacht ausgewählt und eine Umzäunung dafür hergestellt worden. Dieses Vorhaben hat die Besatzungsmacht jedoch bald zugunsten eines anderen Friedhofstandorts aufgegeben.


Christel Bruckhoff: Erinnerungen
Der Ausbruch des Krieges belastete die Gemeinde stark. 1943 wurde auch Pfarrer Bruckhoff eingezogen. Das Gemeindeleben wurde von den zurückgebliebenen Frauen gestaltet (Abbildung 59), die sich aber auch um ihre Familien zu kümmern hatten. Von Pfarrvikarin Makowski, der Frauenhilfe und anderen Helfern wurde die Gemeinde durch die schwere Zeit geleitet. Lesegottesdienste fanden statt und Pfarrer im Ruhestand halfen aus.
Rahnsdorf als Ganzes wurde zwar von großen Kriegsschäden verschont, direkt am Pfarrhaus ging aber eine Granate nieder und verbreitete Schrecken. Am 21. April 1945 besetzten die sowjetischen Truppen den Ort und einige Rotarmisten kamen ins Pfarrhaus. Sie wollten in die Kirche, da sich dort Kämpfer versteckt haben könnten. Frau Bruckhoff musste mit Tochter und Sohn, mit weißen Armbinden und einem großen weißen Tuch zur  Taborkirche laufen. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Es war ein schreckliches Erlebnis für die drei. Die Soldaten kontrollierten die Kirche; sie war leer und die drei wurden von den Soldaten zurück in das Pfarrhaus gebracht.
Die nachfolgende Zeit war sehr schwer, besonders für die Frauen.... 
Alle litten großen Hunger und wer am Abend einen Kanten Brot sein eigen nannte, kam sich schon reich vor. Die Kinder, auch die des Pfarrers, bettelten bei den Russen um Brot und bekamen auch meist etwas. Viele durchziehende Flüchtlinge klopften im Pfarrhaus an und baten um Hilfe. Einige der Flüchtlingsfamilien blieben in der Gemeinde und Frau Bruckhoff kümmerte sich um sie, damit sie sich in der Gemeinde wohlfühlen konnten. Unter den Frauen half man sich, weil die Not sehr groß war.
Als Pfarrer Bruckhoff aus der Gefangenschaft kam, erkannten ihn seine Kinder nicht und meinten zur Mutter: „Da steht schon wieder ein fremder Soldat und will was zum essen!“
Die Gemeinde erholte sich von den Kriegswirren, es gab vielerlei Aktivitäten. Der Zusammenhalt untereinander war sehr stark und so konnte vieles erreicht werden. Der Neubau des Kindergartens in Rahnsdorf setzte ein starkes Zeichen nicht nur in der Gemeinde. Es gab eine sehr aktive Frauenhilfe und einen großen Männerkreis.
Diese Gruppen wurden für viele Einsätze der Gemeinde aktiviert, so z.B. auch damals schon für Putzaktionen, aber auch für das Sammeln des Opfergroschens (mit der Sammelbüchse auf den Straßen!). Auch die katechetische Arbeit wurde nach dem Krieg mit großem Elan und engagierten Mitarbeitern aufgebaut. Ebenso gab es Diakonissen, die  als Gemeindeschwestern tätig waren. Die Rendanten, die für die Verwaltung eingestellt waren, arbeiteten mit Fleiß und Einsatz auch als Küster.
Die Arbeit für den Ulmenhof nahm breiten Raum in der Gemeindearbeit ein. Pfarrer Bruckhoff sorgte mit dafür, dass behinderte Kinder und junge Menschen im Ulmenhof eine Heimat fanden.
  Trotz staatlicher Widerstände gab es auch in der Kirchengemeinde Rahnsdorf, wie überall im Kirchenkreis, eine Junge Gemeinde. Junge Menschen bekannten, dass sie zu Christus gehörten und nahmen dafür Schwierigkeiten in Kauf. Oft stellte sich Pfarrer Bruckhoff schützend vor sie.
Die Junge Gemeinde feierte fröhliche Feste; berühmt waren die Faschingsfeten, zu denen sich auch der Pfarrer verkleidete. Sehr beliebt waren bei allen Gemeindegliedern die Ausflüge (Abbildung 60) und Dampferfahrten.
Ein großes Fest konnte am Pfingstsonntag, 25. Mai 1958, gefeiert werden. Endlich riefen wieder Glocken zum Gottesdienst. Ein Gemeindeglied kann sich noch daran erinnern, dass sie als Schulkind miterlebte, wie die Glocken 1943 aus dem Turm über die Fenster herunter gelassen wurden, um sie zum Einschmelzen zu bringen.
Viele Aktivitäten fanden damals nur durch die Unterstützung der Partnergemeinden statt.
An jedem Sonntag gab es je einen Gottesdienst in Wilhelms­hagen, in Rahnsdorf und in Hessenwinkel. Die gottesdienstlichen Räume hatten Ofenheizung, und wer musste im Winter heizen (dazu gehörte es auch, die Asche zu entnehmen)??
Auch die Glocken wurden teilweise mit Armkraft bewegt. Manches kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Auch der Beruf bzw. die Tätigkeit einer Pfarrfrau gehört dazu. War der Kantor sonntags im anderen Gemeindeteil, musste die Pfarrfrau an die Orgel. Frauenhilfe, Chor, Putzen, Bürodienste und vieles mehr – alles um Gotteslohn, Gehalt gab es dafür nicht.
Auch die Kinder der Pfarrfamilie wurden selbstverständlich mit einbezogen: Sie mussten bei Gemeindefesten Gedichte aufsagen, Flöte spielen, beim jährlichen Krippenspiel mitwirken, Botengänge machen usw. – Nicht alle Aufgaben riefen bei den Dreien ungeteilte Freude hervor, aber die Gemeinde ging allem anderen vor. Das Pfarrhaus stand für jedermann zu jeder Zeit und Stunde offen.
1971 gab  Pfarrer Bruckhoff schweren Herzens nach 36 Jahren Dienst in der Kirchengemeinde Rahnsdorf sein Amt auf. Da in der DDR keine Wohnung für sie zu bekommen war und sie die Pfarrwohnung bereits ein  Jahr mit den Nachfolgern teilten, zog das Ehepaar 1972 nach Bensberg bei Köln. Hier verstarb Dore Bruckhoff 1973, im Alter von 58 Jahren. Viele in der Gemeinde erinnern sich noch heute an sie und ihre warmherzige und ausgleichende Art. Pfarrer Bruckhoff verstarb im Jahre 2000 in Frankfurt an der Oder.

1946 Am 3. März eröffnet der aus der Gefangenschaft zurückgekehrte Pfarrer Bruckhoff seine erste Gemeindekirchenratssitzung mit einem Bericht, in dem er mit eindringlichen Worten darauf hinwies, dass nach dem katastrophalen Ende des Krieges die Kirche die einzige Instanz ist, die uns das Tor zur Welt wieder öffnen könnte.
Gleichzeitig wurden Schuldbekenntnisse der Kirchen verlesen und über die Hilfsbereitschaft der englischen Kirche berichtet.
Es gelang unter schwierigen Umständen, in der Baracke wieder einen Kindergarten einzurichten.

1947 Der katholischen Gemeinde wurde die Mitbenutzung der Taborkirche gestattet.
Der Gemeindekirchenrat protestierte gegen die Berliner Schulreform, die keine christliche Erziehung mehr vorsah.

1948 Im März bemühte sich Pfarrer Bruckhoff, die insgesamt sieben im Krieg beschlagnahmten Bronzeglocken der Gemeinde zurück zu erhalten. Lediglich eine kleine Leihglocke der Firma Voss aus Zinkguss hing zu dieser Zeit im Turm der Taborkirche anstelle der ursprünglichen drei Bronzeglocken.
Die Finanzlage der Kirchengemeinde hatte sich durch die Währungsreform katastrophal entwickelt. Die Kassen waren völlig leer. Bischof Dibelius schlug vor, in den Kirchen Opferlisten auszulegen. Der so genannte Opfergroschen für die Christenlehre wurde erhoben. Man hatte sich auf einem Formular schriftlich verpflichtet, zwischen 50 Pf und 5 Mark monatlich zu zahlen. Gemeindeglieder gingen in die Häuser und sammelten das Geld gegen Quittung ein.

1949 Von jedem Kind mussten nun 50 Pfennig verlangt werden, wenn es am Religionsunterricht teilnahm. Die Jugendarbeit sollte aufgebaut werden, denn die Erziehung der Jugend wurde als vordringliche Aufgabe angesehen (Abbildung 61). Christliche Schulen wurden zu dieser Zeit vom Ausland unterhalten, da die Deutschen selbst durch den verlorenen Krieg mittellos waren.


1950 Die Gemeinde erhält als Ersatz für die verlorenen Bronzeglocken eine Bronzeglocke für die Taborkirche, die ursprünglich aus dem Kreis Lebus stammte.
Es erschien ein neues Gesangbuch. Allerdings sind darin viele alte Lieder vermisst worden.
Monat für Monat waren Kirchenaustritte zu verzeichnen, die nicht nur die Gemeinde selbst schwächten, sondern auch die Kirchensteuereinnahmen erheblich verminderten.


1951 In Berlin fand der (3.) Deutsche Evangelische Kirchentag statt, die Gemeinde nahm aktiv daran teil.
In der Taborkirche war die Wiederherstellung der Seitenfenster und Rahmen erforderlich. Die Arbeiten verursachten Kosten in Höhe von 5 700 DM und wurden von dem Glasermeister Roskeit, Alt-Glienicke, ausgeführt. Auch Heizkessel und Turmuhr mussten repariert werden.
Es wurde eine Motorbootfahrt am 10.9.1951 für die Gemeinde um 10 Uhr ab dem Neuen Krug organisiert.
Am 4. Advent fand in der Taborkirche ein Krippenspiel statt.
Der örtliche Verband des Evangelischen Bundes feierte am 11. November 30-jähriges Bestehen.
Jugendfreizeiten erfreuten sich großer Beliebtheit.
 

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