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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Band 162




Haßler, Gerda / Rothe, Heinz-Jürgen (Hg.)

 


Historisches und Aktuelles über Forschungen zur Kommunikation und

menschlichen Informationsverarbeitung.

Kolloquium zu Ehren von Wolfdietrich Hartung, Erdmute Sommerfeld

und Werner Krause





 

2024, [= Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Bd. 162], 161 S., ISBN 978-3-86464-256-2, 15,80 EUR

lieferbar

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Inhaltsverzeichnis

 

 


Gerda Haßler und Heinz-Jürgen Rothe: Einleitung                               7

Norbert Dittmar: Laudatio auf das linguistische Lebenswerk von
Wolfdiertrich Hartmann                                                                 13


Clemens Knobloch: Zur Begrifssgeschichte von "Kommunikation"        31

Wolfdietrich Hartung: Worte des Dankes und der Erinnerung              61

Heinz-Jürgen Rothe: Laudatio für Erdmute Sommerfeld                      65

Elke van der Meer: Überdurchschnittliche geistige Leistungs-
fähigkeit: Die neuronale Effizienshypothese im Spiegel empirischer
Befunde                                                                                      71

Erdmute Sommerfeld: Worte des Dankes und der Erinnerung              95

Gundua Seidel: Laudatio für Werner Krause                                    111

Frank Heinrich: Mathemakdidaktische Betrachtungen zu ausge-
wählten Arbeiten von (und mit) Werner Krause zum Thema
Problemlösen                                                                             117

Werner Krause: Worte des Dankes und der Erinnerung                     147


Verzeichnis der Autorinnen und Autoren                                         155



Zum Buch

Am 15. Februar 2024 und am 30. Mai 2024 fanden im Historischen
Ratssaal im Rathaus Friedrichshagen die Kolloquien zu Ehren unserer
Mitglieder Wolfdietrich Hartung, Erdmute Sommerfeld und Werner
Krause statt. Es ist eine gute Tradition unserer Sozietät, dass wir imrner
wieder Ehrenkolloquien für besonders verdienstvolle Mitglieder durch-
führen.

Zu dem Kolloquium für Wolfdietrich Hartung, der am 25. Februar
2023 seinen 90. Geburtstag beging, konnten etwa dreißig Anwesende,
darunter auch Familienangehörige und ehemalige Studierende des
lubilars, begrüßt werden. Wolfdietrich Hartung wurde als ein Wissen-
schaftler gewürdigt, der drei Gesellschaftssysteme kennengelernt und
mindestens ebenso viel Paradigmenwechsel in der Sprachwissenschaft
erlebt hat. Paradigmenwechsel war metaphorisch gemeint, denn natürlich
gab es Kontinuitäten in seinen wissenschaftlichen Anschauungen, zu
denen die Orientierung an der sprachlichen Realität und die Exaktheit
seines Arbeitens gehören. Wolfdietrich Hartung faszinierte die gesell-
schaftliche Dimension von Sprache und Kommunikation. In den Siebzi-
gcifjahren begann er am Zentralinstitut für Sprachwissenschaft mit dem
/\ufbau eines Bereichs, der gesellschaftsbezogene linguistische Diszipli-
nen wie Soziolinguistik, Stilistik, Gesprächs- und Konversationsanalyse
und auch Fragen der Textorganisation beinhaltete.
Seit 1996 ist er Mitglied der Leibniz-Sozietät, die ihm zu großem Dank
verpflichtet ist. Er redigierte die Bände 51 bis 132 der Sitzungsberichte.
Die Wirkung der Publikationen unserer Sozietät nach außen war
Wolfdietrich Hartung stets sehr wichtig. Dazu gehört auch ihre
Veröffentlichung im digitalen Format, über das mehr Leser erreicht
werden können. Ihm ist die Einführung von Leibniz Online zu verdanken,
einer Zeitschrift, in der jederzeit Artikel publiziert werden können.
Von 2005 bis 2017 hat er dann auch Leibniz Online bearbeitet. Doch
seine wissenschaftliche Arbeit während seiner Zugehörigkeit zur
Leibniz-Sozietät wurde auch nicht vergessen, denn er hat gut reflektierte
und innovative Ergebnisse seiner Forschung vorgelegt.
Die Laudatio wurde von Norbert Dittmar, emeritierter Professor am
Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Univer-
sität Berlin, gehalten. Er würdigte die wissenschaftlichen Leistungen von
Wolfdietrich Hartung, den er sieht vielen Jahren kennt.
Danach sprach Clemens Knobloch, emeritierter Professor und Mitglied des
Sonderforschungsbereichs (SFB) 1187 „Medien der Kooperation“ an der
Universität Siegen zur Begriffsgeschichte von „Kommunikation“.
Ähnlich wie in der BRD begann auch in der DDR die Begriffskonjunktur
von „Kommunikation“ als Leitbegriff der Humanwissenschaften in den
frühen Siebzigerjahren. Und sie hat, wie das von Wolfdietrich Hartung
und anderen (1974) herausgegebene Grundlagenwerk „Sprachliche
Kommunikation und Gesellschaft belegt, durchaus auch (aber keineswegs
nur) andere Wurzeln als die Westdeutsche Entwicklung. Zu den
markanten Eigenheiten der Konjunktur des Kommunikationsbegriffs in
der DDR dürfte die breite und fruchtbare Rezeption der Tradition gehören,
die unter den Namen „Kulturhistorische Schule“ und „Tätigkeitstheorie“
auf Lev S. Vygotskij, den Pionier der frühen sowjetischen Psychologie,
zurückführt. Diese Tradition fehlt weitgehend in Westdeutschland.
Sie kehrt dorthin, wenn überhaupt, erst später auf Umwegen über
die USA zurück in den wirkmächtigen Bestand der Strömungen: und
zwar über „neo-wygotskianische“ Bewegungen, etwa bei jerome Bruner,
]ames Wertsch, Michael Tomasello. Ein weiterer wichtige Unterschied
zwischen BRD- und DDR-Traditionen in Sachen Kommunikation besteht
darin, dass Kommunikation als gesellschaftskonsiitutiver Grund-
begriff in der DDR überwiegend abgelehnt wurde.
An die Vorträge schloss sich eine rege und fundierte Diskussion an.
Abschließend dankte Wolfdietrich Hartung sehr bewegt für das für ihn
veranstaltete Kolloquium.

Die am 30. Mai 2024 gewürdigten Jubilare Erdmute Sommerfeld und
Werner Krause haben in ihrem Lebensweg Gemeinsamkeiten. Werner
Krause beging am 1. Mai 2023 seinen 85. und Erdinute Sommerfeld am
31. März 2023 ihren 80. Geburtstag. Erdmute Sommerfeld studierte Phy-
sik an der Technischen Hochschule Magdeburg und Werner Krause
medizinische Elektronik und Radiologische Technik sowie Theoretische
Physik an der technischen Universität Ilmenau, damals Hochschule für
Elektronik. Beide fanden ihren Weg zur Psychologie und trafen 1969 am
Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse (ZKI) der
Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) in Berlin zusammen.
Wichtig für beide war das Wirken des führenden Theoreiikers der Kog-
nitionspsychologie Friedhart Klix (1927-2004), der Anfang der Achtzigerjahre
zum Präsidenten der International Union of Psychological Science
gewählt.
Werner Krause leitete die Abteilung Analyse und Synthese von
Problemlösungsprozessen am Zentralinstitut für Kybernetik und Informations-
prozesse, bevor er 1987 einem Ruf an die Universität Jena folgte.
Erdmute Sommerfeld war bis 1991 Leiterin der Abteilung „Mathematische
Modellierung und Simulation kognitiver Prozesse“ und wurde nach
ihrer Habilitation auf die Dozentur „Methoden der Psychologie“ in Leipzig
berufen.
Trotz der unterschiedlichen Arbeitsorte setzten die beiden Wissenschaftler
ihre gemeinsame Arbeit jedoch fort und das erst recht, als Werner Krause
1999 und Erdmute Sommerfeld 2004 Mitglieder der Leibniz Sozietät
wurden. Gleich zwei Jahre nach der Zuwahl engagierte sich Erdmute
Sommerfeld als Sekretarin des Plenums und leistete eine Arbeit,
ohne die das Bestehen der Leibniz Sozietät nicht denkbar Wäre. Kaum
ein Mitglied hat die wissenschaftliche Arbeit unserer Sozietät so sehr
bereichert wie Werner Krause. In zahlreichen Bänden unserer Sitzungs-
berichte sind beide Wissenschaftler mit Artikeln vertreten, sie gaben zum
Beispiel den Band zu Ehren von Friedhart Klix heraus und riefen den
Arbeitskreis „Prinzip Einfachheit“ gemeinsam mit Herbert Hörz ins Leben,
der zahlreiche öffentliche Sitzungen durchführte und die Ergebnisse
seiner Arbeit veröffentlichte.
Mit dem Prinzip Einfachheit ist es ihnen gelungen, einen wirklich
interdisziplinären Arbeitskreis aufzubauen. Unter der Überschrift
Universlien des Denkens und Entropíereduktion im Denken referierten
sie zum Beispiel über die Messung von Denkleistungen, über die
Abbildung kognitiver Strukturtransformationen auf neuronale Strukturen
und über einen möglichen Weg zur Bestimmung einer mentalen
Grammatik. Anknüpfend an die im Rahmen der Kognitiven Psychologie
erzielten Ergebnisse wurde die Frage danach gestellt, ob auch in anderen
wissenschaftlichen Disziplinen die Schaffung von Voraussetzungen für
einfache Prozesse eine so grundsätzliche Rolle spielt.
Doch ihre gemeinsame wissenschaftliche Aktivität setzt sich bis in die
Gegenwart fort. Auf unserer Jahrestagung im Jahr 2023 sprachen sie über
60 Jahre interdisziplinäre Forschung zu Ordnungsbildung und Einfachheit
am Beispiel der Elementaranalyse menschlicher Informationsverarbeitung.
Auch bei den ersten Schritten des Arbeitskreises Wissenschaftsgeschichte
ist Werner Krause als interessierter Zuhörer und Ratgeber beteiligt.

Die Laudatio für Erdmute Sommerfeld hielt Heinz-jürgen Rothe (MLS),
der über die beeindruckende Vielfalt der von Erdmute Sommerfeld
genutzten methodischen und methodologischen Zugänge zur Ermittlung
und Interpretation experimenteller Befunde sowie über ihre neue
Systematisierung zur Mathematisierung kognitiver Prozesse berichtete
und auch über seine Zusammenarbeit mit Erdmute Sommerfeld sprach,
deren Nachfolger als Sekretar des Plenums der Leibniz-Sozietät er wurde.
Im nachfolgenden Referat von Elke van der Meer (Humboldt-Universität
zu Berlin) wurden Untersuchungen zur Hypothese der neuronalen Effizienz
vorgestellt, die davon ausgehen, dass das Gehirn bei intelligenteren
Personen effizienter arbeitet. Der Fokus wurde dabei auf die neuronale
Analyseebene gelegt und durch Befunde aus Verhaltens- und
psychophysiologischen Experimenten ergänzt. Die Vortragende wies nach,
dass das zentrale Forschungsinteresse von Erdmute Sommerfeld -
Einfachheit als Wirkprinzip in der menschlichen Informationsverarbeitung
- und ihr dabei verfolgter multimethodaler Forschungsansatz hoch aktuell
sind.

Gundula Seidel (Jena) hielt die Laudatio für Werner Krause, in der sie
aus einer persönlichen Perspektive heraus auf die Wissenschaftlichen
Leistungen von Werner Krause zurückblickte. Für ihn waren komplexe
menschliche Denk- und Gedächtnislcistungen messbar und in elementare
Prozesse und Operationen zerlegbar. Menschliches Verhalten war somit
mathematisch darstellbar. Den anschließenden Vortrag hielt Frank Heinrich
(Jena) zu mathematikdidaktischen Betrachtungen zu ausgewählten
Arbeiten von (und mit) Werner Krause zum Thema Problemlösen. Er
stellte Erkenntnisse und Erfahrungen der Allgemeinen Psychologie für
die Beantwortung der Frage dar, wie die Fähigkeit, mathematische
Probleme zu lösen, entwickelt werden kann. Einen Schwerpunkt
bildeten Ausführungen zum Analogisieren sowie zum Einfluss der
Modalitäten und des Modalitätswechsels beim mathematischen
Problemlösen.

Erdmute Sommerfeld und Werner Krause bedankten sich sehr herzlich für
die ihnen gewidrneten Beiträge und reflektierten einige Erinnerungen und
Begegnungen aus ihrer langjährigen wissenschaftlichen Tätigkeit.