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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Band 159

 



Pfaff, Gerhard / Müller, Axel / Greiling Reinhard O. (Hg.)


„Kritische Rohstoffe: Auswirkungen wachsender geo- und klimapolitischer Herausforderungen auf die Rohstoffversorgung Deutschlands und Europas. Kolloquium der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften am 22.03.2022"

 


2023, 131 S., zahlr. Tab. u. Graf., ISBN 978-3-86464-253-1, 15,80 EUR

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Inhaltsverzeichnis



Mit den Beiträgen:
- Gerhard Pfaff, Axel Müller, Reinhard O. Grciling: Vorwort                          7
- Gerda Haßler: Eröffnung                                                                      9

- Christoph Hilgers, Benjamin Busch,]asemin A. Ölmez: Klima,
Rohstoffverfügbarkeit und Energiewende - Deutschland in der Krise?          21
- Jochen Kolb: Bedeutung von Russland, Belarus und der Ukraine
für die Rohstoffversorgung Deutschlands und der EU                                71
- Axel Müller: Die gegenwärtige Lage der ukrainischen Metall- und
Industriemineralproduktion                                                                   81
- Gerhard Pfaff: Rohstoffe für die chemische Industrie: Vorkommen,
Aufbereitung und Bedeutung                                                               101

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren                                                127

Vorwort der Präsidentin (Auszug)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr,
Sie heute zum 2. Rohstoffkolloquiurn der Leibniz-Sozictãt der Wissenschaften zu Berlin
e.V. begrüßen zu dürfcn, das in diesem Jahr dem Thema ,,Auswirkungen
Wachsender geo- und klirnapolitischer Herausforderungen auf die Rohstoffversorgung
Deutschlands und Europas“ gewidmet ist. Schon im letzten Jahr hat ein Rohstoff-
kolloquium zum Thema ,Kritische Rohstoffe, Gewinnung bis Entsorgung: Die
GeowissenschaftEn als ProblemLöser“ stattgefunden, das aus der Arbeit des
Arbeitskreises Geo-, Montan-, Umwelt-, Weltraum- und Astrowissenschaften
hervorgegangen ist. Die Publikation dazu ist im Dezember als Band 154 der
Sitzungsberichte der Lcibniz-Sozietãt der Wissenschaften zu Berlin erschienen.
Mit diesen Kolloquium wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit auf dem Gebiet
,,Kritische Rohstoffe“ unter Einbeziehung weiterer Wissenschaftler und wissenschaftlicher
Institutionen gefördert. Der Arbeitskreis strebt insbesondere die Einbeziehung von
Experten an, die an gesellschaftspolitischen Auswirkungen von Naturkatastrophen oder eben
der Rohstoffproblematik interessiert sind.
Mit dem heutigen Thema haben die Organisatoren der Tagung ein wichtiges Problemfeld
gewählt, dessen Auswirkungen uns bis in den Alltag begleiten. Wir nutzen täglich Produkte,
die aus Rohstoffen bestehen, ob Smartphone oder Auto, ohne dass wir uns Gedanken
machen, wo diese Rohstoffe herkommen und wie die Versorgung damit gesichert werden
kann. Bei seinem Besuch der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im
Februar dieses jahres sagte Bundeskanzler Scholz ,,Mit unserem Wissensstand und
unseren Absichten können wir dazu beitragen, dass die Rohstoffe, die wir brauchen,
auf faire Weise gewonnen, verarbeitet und genutzt werden, auf eine Art und Weise,
die gut für die Umwelt ist“ (https.//www.bundesregierung.de/breg-de/themen/
klimaschutz/rohstoffversorgung-2166232).
Das ist ein hoher Anspruch, der sicher nicht leicht umzusetzen ist. Ohne eine sichere
Rohstoffversorgung drohen Deutschland und Europa bei wichtigen Zukunftstechnologien
wie der Elektromobilitãt, der Digitalisierung und der Energiewende an Wettbewerbsfähigkeit
zu verlieren. Denn Rohstoffe stehen am Anfang der industriellen Wertschöpfung und haben
damit einen großen Einfluss auf nachgelagerte Wirtschaftsbereiche. Durch seine starke
Industrie zählt Deutschland zu den weltweit größten Rohstoffkonsumenten. Damit geht
auch die Verpflichtung einher, sich für eine verantwortungsvolle Gewínnung und
effiziente sowie auf Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Nutzung von Rohstoffen
einzusetzen.
Eine detaillierte Analyse der europäischen Rohstoffversorgung hat die EU-Kommission
im November 2021 veröffentlicht. Der so genannte dritte Rohstoffanzeiger analysiert
die Versorgungsketten, die Wettbewerbsfãhígkeit sowie die Handelsströme und
konzentriert sich auf vier Hauptrohstoffgruppen: Werkstoffe, Metalle, Holz und
lndustriemineralien. Rohstoffe sind demnach nicht mehr nur eine einfache Ware,
sondern ein entscheidender Wegbereiter für den grünen und digitalen Wandel. Ihre
sichere und nachhaltige Bereitstellung ist entscheidend für die Erhaltung der globalen
Wettbewerbsfähigkeit der strategisch wichtigsten Sektoren der Europäischen Union.
Die Anstrengungen zum Aufbau einer widerstandsfähigeren Rohstoff-Wertschöpfungskette
müssen daher beschleunigt werden, indem nicht nur in die Gewinnung von Primärrohstoffen,
sondern auch in heimische Raffinerieanlagen, Recycling sowie Forschung und Entwicklung
investiert wird, die alle für eine sichere Versorgung mit Sekundarrohstoffen entscheidend
sind. Wenn diese Forderungen immer schon zutrafen, wird ihre Notwendigkeit in Krisenzeiten
noch verschärft. Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie führte
die Covid-19-Pandemie bei fast 70% der befragten Unternehmen zu mittel- bis langfristigen
Beeinträchtigungen, vor allem durch Unterbrechungen in den Lieferketten.
In zahlreichen Gebrauchsgegenständen, wie etwa einem Mikrochip, finden sich metallische
Rohstoffe - darunter meist auch Wolfram, Tantal, Zinn und Gold. Diese gelten heute als
"Konfliktrohstoffe“, weil sie in Regionen abgebaut werden, in denen seit vielen Jahren Krieg
herrscht. Trocknet man den Handel der Konfliktparteien aus, so die Hoffnung, wurde das
auch die Konflikte eindämmen. An der Umsetzung aber scheiden sich die Geister.
Der Krieg in der Ukraine führte zu Verwerfungen an den Rohstoffmärkten, nicht nur bei
Öl und Gas, sondern auch bei Metallen. Die Abhängigkeit der Welt, vor allem Europas,
von russischen Energierohstoffen ist immens. Die bisher verhängten Sanktionen,
freiwillige Boykotte vieler Unternehmen und ihr Rückzug aus dem Russlandgeschäft
treiben die Preise für Öl, Gas und Kohle in ungekannte Höhen.
Die Ukraine und Russland machen gemeinsam weniger als zwei Prozent des weltweiten
Bruttoinlandprodukts aus. Man könnte also davon ausgehen, dass der Krieg keine
größeren Auswirkungen auf die Weltkonjunktur haben sollte. Die Bedeutung beider
Länder für die Weltwirtschaft ist aber deutlich größer, als es die reinen Brutto-
inlandprodukts-Zahlen erahnen lassen. Denn die Ukraine und Russland sind nicht nur
wichtige Energie- und Lebensmittelexporteure. Beide Länder produzieren auch
wichtige Inputfaktoren für die Industrie. Russland gehört zu den wichtigsten
Nickel- und Palladium-Exporteuren. Die Ukraine ist der weltweit größte Neon-Produzent.
Das Gas wurde Vornehmlich von zwei Unternehmen in Mariupol und Odessa hergestellt.
Seit Kriegsbeginn stockt die Produktion. Längere Wartefristen und steigende Preise
scheinen unvermeidlich. Mit dem zweiten Kolloquium der Leibniz-Sozietät zu rohstoff-
relevanten Fragestellungen und Themen werden wichtige geo- und klima-
politische Herausforderungen für die Rohstoffversorgung Deutschlands behandelt.

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