Inhaltsverzeichnis
Mit den Beiträgen: - Gerhard Pfaff, Axel Müller,
Reinhard O. Grciling: Vorwort 7 - Gerda Haßler: Eröffnung 9
- Christoph Hilgers, Benjamin Busch,]asemin A.
Ölmez: Klima, Rohstoffverfügbarkeit und Energiewende - Deutschland in
der Krise? 21 - Jochen Kolb:
Bedeutung von Russland, Belarus und der Ukraine für
die Rohstoffversorgung Deutschlands und der EU 71 - Axel Müller: Die gegenwärtige Lage der
ukrainischen Metall- und Industriemineralproduktion 81 - Gerhard Pfaff: Rohstoffe für die chemische
Industrie: Vorkommen, Aufbereitung und Bedeutung
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 127
Vorwort der Präsidentin
(Auszug)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich freue mich sehr, Sie heute zum 2.
Rohstoffkolloquiurn der Leibniz-Sozictãt der Wissenschaften zu Berlin
e.V. begrüßen zu dürfcn, das in diesem Jahr dem Thema ,,Auswirkungen
Wachsender geo- und klirnapolitischer Herausforderungen auf die
Rohstoffversorgung Deutschlands und Europas“ gewidmet ist. Schon im
letzten Jahr hat ein Rohstoff- kolloquium zum Thema ,Kritische
Rohstoffe, Gewinnung bis Entsorgung: Die GeowissenschaftEn als
ProblemLöser“ stattgefunden, das aus der Arbeit des Arbeitskreises
Geo-, Montan-, Umwelt-, Weltraum- und Astrowissenschaften
hervorgegangen ist. Die Publikation dazu ist im Dezember als Band 154 der
Sitzungsberichte der Lcibniz-Sozietãt der Wissenschaften zu Berlin
erschienen. Mit diesen Kolloquium wird die interdisziplinäre
Zusammenarbeit auf dem Gebiet ,,Kritische Rohstoffe“ unter
Einbeziehung weiterer Wissenschaftler und wissenschaftlicher
Institutionen gefördert. Der Arbeitskreis strebt insbesondere die
Einbeziehung von Experten an, die an gesellschaftspolitischen
Auswirkungen von Naturkatastrophen oder eben der Rohstoffproblematik
interessiert sind. Mit dem heutigen Thema haben die Organisatoren der
Tagung ein wichtiges Problemfeld gewählt, dessen Auswirkungen uns bis
in den Alltag begleiten. Wir nutzen täglich Produkte, die aus
Rohstoffen bestehen, ob Smartphone oder Auto, ohne dass wir uns Gedanken
machen, wo diese Rohstoffe herkommen und wie die Versorgung damit
gesichert werden kann. Bei seinem Besuch der Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe im Februar dieses jahres sagte
Bundeskanzler Scholz ,,Mit unserem Wissensstand und unseren Absichten
können wir dazu beitragen, dass die Rohstoffe, die wir brauchen, auf
faire Weise gewonnen, verarbeitet und genutzt werden, auf eine Art und
Weise, die gut für die Umwelt ist“
(https.//www.bundesregierung.de/breg-de/themen/
klimaschutz/rohstoffversorgung-2166232). Das ist ein hoher Anspruch,
der sicher nicht leicht umzusetzen ist. Ohne eine sichere
Rohstoffversorgung drohen Deutschland und Europa bei wichtigen
Zukunftstechnologien wie der Elektromobilitãt, der Digitalisierung und
der Energiewende an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Denn Rohstoffe
stehen am Anfang der industriellen Wertschöpfung und haben damit einen
großen Einfluss auf nachgelagerte Wirtschaftsbereiche. Durch seine starke
Industrie zählt Deutschland zu den weltweit größten
Rohstoffkonsumenten. Damit geht auch die Verpflichtung einher, sich
für eine verantwortungsvolle Gewínnung und effiziente sowie auf
Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Nutzung von Rohstoffen einzusetzen.
Eine detaillierte Analyse der europäischen Rohstoffversorgung hat die
EU-Kommission im November 2021 veröffentlicht. Der so genannte dritte
Rohstoffanzeiger analysiert die Versorgungsketten, die
Wettbewerbsfãhígkeit sowie die Handelsströme und konzentriert sich auf
vier Hauptrohstoffgruppen: Werkstoffe, Metalle, Holz und
lndustriemineralien. Rohstoffe sind demnach nicht mehr nur eine einfache
Ware, sondern ein entscheidender Wegbereiter für den grünen und
digitalen Wandel. Ihre sichere und nachhaltige Bereitstellung ist
entscheidend für die Erhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der
strategisch wichtigsten Sektoren der Europäischen Union. Die
Anstrengungen zum Aufbau einer widerstandsfähigeren
Rohstoff-Wertschöpfungskette müssen daher beschleunigt werden, indem
nicht nur in die Gewinnung von Primärrohstoffen, sondern auch in
heimische Raffinerieanlagen, Recycling sowie Forschung und Entwicklung
investiert wird, die alle für eine sichere Versorgung mit
Sekundarrohstoffen entscheidend sind. Wenn diese Forderungen immer
schon zutrafen, wird ihre Notwendigkeit in Krisenzeiten noch
verschärft. Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie
führte die Covid-19-Pandemie bei fast 70% der befragten Unternehmen zu
mittel- bis langfristigen Beeinträchtigungen, vor allem durch
Unterbrechungen in den Lieferketten. In zahlreichen
Gebrauchsgegenständen, wie etwa einem Mikrochip, finden sich metallische
Rohstoffe - darunter meist auch Wolfram, Tantal, Zinn und Gold. Diese
gelten heute als "Konfliktrohstoffe“, weil sie in Regionen abgebaut
werden, in denen seit vielen Jahren Krieg herrscht. Trocknet man den
Handel der Konfliktparteien aus, so die Hoffnung, wurde das auch die
Konflikte eindämmen. An der Umsetzung aber scheiden sich die Geister.
Der Krieg in der Ukraine führte zu Verwerfungen an den Rohstoffmärkten,
nicht nur bei Öl und Gas, sondern auch bei Metallen. Die Abhängigkeit
der Welt, vor allem Europas, von russischen Energierohstoffen ist
immens. Die bisher verhängten Sanktionen, freiwillige Boykotte vieler
Unternehmen und ihr Rückzug aus dem Russlandgeschäft treiben die Preise
für Öl, Gas und Kohle in ungekannte Höhen. Die Ukraine und Russland
machen gemeinsam weniger als zwei Prozent des weltweiten
Bruttoinlandprodukts aus. Man könnte also davon ausgehen, dass der Krieg
keine größeren Auswirkungen auf die Weltkonjunktur haben sollte. Die
Bedeutung beider Länder für die Weltwirtschaft ist aber deutlich
größer, als es die reinen Brutto- inlandprodukts-Zahlen erahnen lassen.
Denn die Ukraine und Russland sind nicht nur wichtige Energie- und
Lebensmittelexporteure. Beide Länder produzieren auch wichtige
Inputfaktoren für die Industrie. Russland gehört zu den wichtigsten
Nickel- und Palladium-Exporteuren. Die Ukraine ist der weltweit größte
Neon-Produzent. Das Gas wurde Vornehmlich von zwei Unternehmen in
Mariupol und Odessa hergestellt. Seit Kriegsbeginn stockt die
Produktion. Längere Wartefristen und steigende Preise scheinen
unvermeidlich. Mit dem zweiten Kolloquium der Leibniz-Sozietät zu
rohstoff- relevanten Fragestellungen und Themen werden wichtige geo-
und klima- politische Herausforderungen für die Rohstoffversorgung
Deutschlands behandelt.
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