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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Band 157 



Haßler, Gerda (Hg.)

„Sprache - Diskurse - Meinungsbildung.

 

Jahrestagung der Leibniz-Sozietät der

Wissenschaften am 20.10.2022"




2024, 298 S., zahlr. Tab. u. Graf., ISBN 978-3-86464-251-7, 29,80 EUR

lieferbar

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Inhaltsverzeichnis



Gerda Haßler: Einleitung                                                                                      7

Gerda Haßler: Das Thema Sprache und Meinungsbildung in der Geschichte der
Berliner Akademie und in der heutigen Sprachwissenschaft                                      11

Ottmar Ette: Tropendiskurse / Diskurstropen. Die Literaturen der Welt und
die TransArea-Studien                                                                                        47

Dorothée Röseberg: ,Formation de la raison' und Analysieren. Ein Beitrag
zur Erforschung kultureller Muster                                                                      109

Jürgen Erfurt: Über  'legitime Sprache' und “sprachliche Legitimität'                        155

martína Drescher: Meinungsbildung durch Gerüchte? Das Beispiel des
Covid-19-Diskurses in Kamerun                                                                         189

Constanze Spíeß: Rechtspopulistischer Sprachgebrauch als eine Form
sprachlicher Gewalt - Zur Debattenpraxis der AfD im deutschen Bundestag              217

Michael Thomas: Das Schweigen der Männer und die hilflose Soziologie.
Politische Diskurse, Leitbegriffe und wissenschaftliche (Selbst-) Begrenzungen
in Zeiten des Umbruchs                                                                                   257

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren                                                             293

 

Aus der Einleitung von Gerda Haßler

Dass Meinungen durch Sprache nicht nur ausgedrückt, sondern auch
beeinflusst werden, ist ein seit jahrhunderten bekanntes Phänomen.
Die Sprache als Barriere zwischen dem menschlichen Denken und der
Wirklichkeit der Außenwelt ist immer wieder sprachkritisch thematisiert
worden. Die Vorstellung, dass Sprachen in ihrer Eigenart das Denken ihrer
Sprecher prägen, erreichte bei Wilhelm Von Humboldt ihren Höhepunkt,
lebt aber bis heute fort, etwa in der Annahme, dass Sprachen Zeitvor-
stellungen oder die Farbwahrnehmung prägen können.
Geht es um clen Einfluss von Sprachen als historisch entstandene und
von den Sprechern erworbene Gebilde, so steht heute die Prägung von
Meinungen durch Diskurse im Mittelpunkt. Als Diskurse verstehen wir
zum einen sprachliche Gebilde, die wie Texte über einen Satz hinaus-
gehen; zum anderen schließt der Diskursbegriff aber auch die Situiertheit
eines sprachlichen Gebildes in seinem jeweiligen Produktionskontext
und die daraus resultierende Produktion von Sinn und Bedeutung mit
ein. Mehrere Texte zu einem Thema, einem Problem, einem Konflikt
usw. können einen Diskurs bilden, in dem spezifische sprachliche Mittel
wie Wörter, Metaphern, Phraseologismen, feste Wortverbindungen und
sogar bestimmte Textsorten verwendet werden. Diese werden zu Erken-
nungsmerkmalen des Diskurses und gleichzeitig zu meinungsbildenden
Faktoren. Der Zusammenhang zwischen dem Einsatz solcher Mittel und
der beabsichtigten Meinungsbildung ist den Rezipienten oft nicht bewusst,
sie können die sprachlichen Formen sogar selbst übernehmen und damit
zu Trãgern der damit verbreiteten Meinung werden.
Der Aufdeckung solcher Meinungslenkung hat sich die Kritische
Diskursanalyse verschrieben. Die korpuslinguisrische Orientierung hat
dazu beigetragen, dass die Diskurslinguistik heure konzeprionell und
methodisch eine der einflussreichsten Richtungen in der Erforschung
von Diskursen ist. Daneben gibt es aber auch kulturwissenschaftliche,
philosophische, literaturwíssenschaftliche, soziologische und psychologische
Zugänge zu den verschiedenen Formen der Informations- und
Meinungssteuerung durch Sprache und Diskurse.

Die Beiträge dieses Bandes der Sitzungsberichte gehen auf Vorträge
zurück, die am 20. Oktober 2022 auf der Jahrestagung der Leibniz-Sozietät
der Wissenschaften zu Berlin e.V. zum o.g. Thema gehalten wurden.
Das Thema wurde wegen seiner Aktualität gewählt, denn wir erleben,
dass Diskurse zu Themen wie Klimawandel, Pandemie oder Krieg in der
Ukraine meinungsbildend sind. Sie sind in ihrer Vielfalt und Gegensätzlichkeit
so offensichtlich, dass sie auch eine abgrenzende Funktion haben können
und andererseits Wörter mit spezifischen Bedeutungen belegen, die sie für
den allgemeinen Gebrauch problematisch werden lassen.
Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Themas war die Geschichte der 1700
von Gottfried Wilhelm Leibniz gegründeten Kurfürstlich Brandenburgischen
Sozietät der Wissenschaften, aus der 1746 die Académie Royale des Sciences
et Belle-Lettres hervorging und deren Tradition sich unsere Sozietät
verpflichtet fühlt. Diese Akademie war Mitte des 18. Jahrhunderts die erste
Institution, die dazu aufrief, sich mit dem Thema des Einflusses der Meinungen
auf die Sprache und der Sprache auf die Meinungen zu befassen. Schon damals
war dieses Thema hochaktuell, wenn auch in einem etwas anderen Sinne als
heute. Die Beiträge dieses Bandes entsprechen ganz dem Bestreben der
Leibniz-Sozietät, lnterdisziplinarität zu fördern. Neben Sprachwissenschaft-
lerinnen und Sprachwissenschaftlern, die mit unterschiedlichen Methoden
und zu unterschiedlichen Gegenständen arbeiten, haben ein Literatur-
wissenschaftler, ein Soziologe und Philosoph sowie eine Kulturwissen-
schaftlerin Beiträge geleistet.


 

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