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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, Band 153

 



Fleischer, Lutz-Günther / Pfaff, Gerhard (Hg.)

 

Triebkräfte der Entwicklung in Natur, Technik und Gesellschaft. Kolloquium zu Ehren von Werner Ebeling, Armin Jähne, Werner Kriesel und Heinz Jürgen Rothe am 17.02.2022

 


2022, 210 S., ISBN 978-3-86464-229-6, 21,80 EUR

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Inhaltsverzeichnis

- Horst Kant, Gerhard Pfaff: Vorwort
- Gerda Haßler: Eröffnung des Ehrenkolloquiums

- Gerhard Banse: Laudatio für Prof. Dr. Armin Jähne (*1941)
- Andreas Schwarcz: Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe
- Armin Jähne: Worte des Dankes und der Erinnerung

- Tilo Heimbold: Laudatio für Prof. Dr. Werner Kriesel (*1941)
- Dietmar Telschow, Tilo Heimbold, Dirk Lippik: Ein Meilenstein der Automatik/Informatik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene
- Werner Kriesel: Worte des Dankes und der Erinnerung

- Lutz-Günther Fleischer: Laudatio für Prof. Dr. Werner Ebeling (*1936)
- Ulrike Feudel: Strukturbildung und Kipppunkte in Ökosystemen und Klima
- Werner Ebeling 161 Worte des Dankes und der Erinnerung

- Erdmute Sommerfeld: Laudatio für Prof. Dr. Heinz-Jürgen Rothe (*1946)
- Anna-Marie Metz: Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen
- Heinz-Jürgen Rothe: Worte des Dankes und der Erinnerung

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren



Zum Inhalt

Der vorliegende Band der Sitzungsberichte enthält alle Laudationes, ehrenden Fachvorträge und Dankesworte der während des Kolloquiums Geehrten.

Der Band steht unter der Überschrift „Triebkräfte der Entwicklung in Natur, Technik und Gesellschaft“, denn alle Beiträge vermitteln aus Sicht der Herausgeber in anschaulicher Form fundierte wissenschaftliche Bezüge zu dieser Thematik und geben zugleich tiefe Einblicke in das Leben und die forscherische Tätigkeit von auf ihren Arbeitsgebieten weltweit anerkannten Wissenschaftlern. In ihrer Eröffnung ging die Präsidentin der Leibniz-Sozietät Gerda Haßler auf die außergewöhnlichen Lebensleistungen der vier mit dem Kolloquium geehrten Mitglieder ein. Sie spannte dabei den Bogen von der akademischen Ehrung der vier Jubilare bis zu aktuellen Ereignissen innerhalb der Gesellschaft. In ihren Ausführungen verwies sie auf die hohe nationale und internationale Wertschätzung der Geehrten und auf deren Einbringen von unschätzbarem Wissen und vielfältigen Erfahrungen in die Leibniz-Sozietät.
Gerda Haßler stellte zudem fest, dass es gerade in den letzten Jahren noch wichtiger geworden ist, den wissenschaftlichen Diskurs weiterzuführen und ihn auch in die Öffentlichkeit zu tragen. In einer Zeit, in der sich Verschwörungsmythen, Wissenschaftsleugnung und Geschichtsfälschungen ausbreiten, ist es auch die Aufgabe der Leibniz-Sozietät, wissenschaftliche Erklärungen und Argumentationen für die Gesellschaft bereitzustellen.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung folgte zunächst die Ehrung von Armin Jähne, der seinen 80. Geburtstag am 1. Februar 2021 begangen hatte. In seiner Laudatio würdigte Alt-Präsident Gerhard Banse den wissenschaftlichen Werdegang von Armin Jähne, der im Laufe seines Berufslebens auf den Gebieten Alte Geschichte, Geschichte Russlands, Osteuropäische und Südosteuropäische Geschichte, Archäologie, Ethnographie sowie Kunstgeschichte herausragende Leistungen vollbracht hat. Würdigung fand auch die Zuwendung des Jubilars zu Werk und Person Heinrich Schliemanns seit den 1990er Jahren. In der Laudatio wurde zudem betont, in welch vorbildlicher Weise sich Armin Jähne in der Leibniz-Sozietät engagierte und noch engagiert. So wurde sein wissenschaftsorganisatorisches Wirken hervorgehoben, nach seinem Eintritt im Jahr 2001 als Mitglied des Redaktionskollegiums, ab 2007 als stellvertretender Sekretar der Klasse für Sozial- und Geisteswissenschaften und schließlich von 2012 bis 2019 als Vizepräsident der Leibniz-Sozietät. 2017 wurde Armin Jähne für seine engagierte Tätigkeit in der Gelehrtengesellschaft die Daniel-Ernst-Jablonski-Medaille verliehen. Der Armin Jähne gewidmete Fachvortrag „Der römische Donaulimes als UNESCO-Weltkulturerbe“ wurde von Andreas Schwarcz (Wien) gehalten. Der Referent ging dabei ausführlich auf den Donaulimes ein, der ein wichtiger Teil des im 1. bis 6. Jahrhundert n. Chr. angelegten römischen Grenzsicherungssystems war. Der Donau-Abschnitt des Grenzwalls erstreckte sich über eine Gesamtlänge von 2888 km von Eining in Bayern bis zur Donaumündung am Schwarzen Meer. Über Jahrhunderte wurde der Donaulimes ausgebaut, umgestaltet und den Veränderungen in den angrenzenden Gebieten angepasst. Seine strategische Bedeutung bestand an der oberen und mittleren Donau im Schutz des Römischen Reiches gegen Bedrohungen aus dem Norden, an der unteren Donau im Schutz Griechenlands und Kleinasiens, in der Spätantike dann speziell in der Sicherung Konstantinopels gegen Angriffe aus dem Barbaricum nördlich der Donau. Die Sicherung des Limes als UNESCO-Weltkulturerbe setzte mit der Anerkennung des Hadrianswalls in Großbritannien im Jahr 1987 ein. Seither erfolgte die Anerkennung des gesamten Limes als erstes potentielles serielles Weltkulturerbe in seiner vollständigen Länge von fast 6000 km, einschließlich des Donaulimes.

Die nun folgende Ehrung galt Werner Kriesel, der seinen 80. Geburtstag am 28. März 2021 begangen hatte. Die Laudatio wurde von Tilo Heimbold (Leipzig) ausgearbeitet und von Gerhard Pfaff vorgetragen. In der Laudatio wurde der wissenschaftliche Werdegang von Werner Kriesel mit den Schwerpunkten Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik, Automatisierung und industrielle Kommunikation herausgearbeitet. An all den Orten seines Wirkens – Berlin, Magdeburg, Leipzig, Merseburg – hinterließ er beachtenswerte wissenschaftliche Spuren in der Lehre, in der Forschung und in der Wissenschaftsorganisation. Beeindruckend sind seine Leistungen bei der Überführung von Automatisierungs- und Informationssystemen in die industrielle Praxis. Die Laudatio hob auch das Engagement von Werner Kriesel in der Leibniz-Sozietät hervor, in der er seit 2013 Mitglied ist. Besondere Würdigung fand auch die Leistung des Jubilars bei der Erstellung von Wikipedia-Artikeln, von denen inzwischen mehr als 200 von ihm geschrieben wurden und zugänglich sind. Somit, so wurde ausgeführt, hat Werner Kriesel unsere fachspezifische Erinnerungskultur auf eine neue Ebene gehoben und damit vieles dauerhaft vor dem historischen Vergessen bewahrt. Der Werner Kriesel gewidmete Fachvortrag trug den Titel „Ein Meilenstein der Automatisierungstechnik – Industrielle Kommunikation auf der Sensor-Aktuator-Ebene“ und wurde von Dietmar Telschow (Leipzig) gehalten (Ko-Autoren: Tilo Heimbold, Dirk Lippik). Der Referent arbeitete heraus, wie am Lehrstuhl von Werner Kriesel in Leipzig seit 1985 Kommunikationssysteme für die Industrieautomation als eigenständige wirksame Strukturen verstanden und entwickelt wurden, die in der Folge vor allem als Mehrebenensystem Field Area Network FAN industrielle Nutzung fanden. Der Vortrag stellte die technischen Entwicklungsetappen von Automatik/Informatik ausgehend von den ersten Mikroprozessoren in den 1970er Jahren und damit realisierbarer speicherprogrammierbarer Steuerungen über lokale Netzwerke bis hin Vorwort 13 zu einer eigenständigen Industriekommunikation in Mehrebenen-Strukturen für die Automation dar. Das Team von Werner Kriesel hat großen Anteil an diesen Entwicklungen. In Zusammenarbeit mit Industriepartnern gelang es, modernste Sensor-Aktuator-Systeme für den weltweiten Einsatz und die Breitenanwendung zur Verfügung zu stellen und damit Anwendungen für die Überwachung, Diagnose und Therapiesteuerung sowie die künstliche Intelligenz bereitzustellen.

Im weiteren Verlauf des Kolloquiums wurde Werner Ebeling geehrt, der am 19. September 2021 seinen 85. Geburtstag begangen hatte. In seiner Laudatio würdigte Vizepräsident Lutz-Günther Fleischer den wissenschaftlichen Werdegang von Werner Ebeling, der sich auf den Gebieten Theoretische Physik, Statistische Physik und Irreversible Thermodynamik national und international höchste Anerkennung erworben hat. Ab 1977 war der Jubilar mit der Akademie der Wissenschaften der DDR als Korrespondierendes und Ordentliches Mitglied verbunden. 1993 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Leibniz-Sozietät, in der er sich seither in anerkennender Weise engagierte. Der Laudator verwies in seinen Ausführungen u. a. auf den Essay „Selbstorganisation und Entropie“ aus dem Jahr 1994, in dem Werner Ebeling eine fundierte Anregung für die Gestaltung von Wegen in die Zukunft gibt, wobei er eine ganzheitliche und entwicklungsfördernde Denk- und Vorgehensweise benutzt, die den engen Zusammenhang von Selbstorganisation und Evolution aufzeigt. Zusammenfassend stellte Lutz-Günther Fleischer fest, dass es an der Zeit ist, uns als bio-psycho-soziale Spezies in einem dynamischen, relationalen, sozialen, sozio-technischen sowie kulturellen Gefüge selbst noch besser zu erkennen, zu verstehen und sicher zu orientieren. Der nun folgende Fachvortrag für Werner Ebeling mit dem Titel „Strukturbildung und Kipp-Punkte in Ökosystemen und Klima“ wurde von Ulrike Feudel (Oldenburg) gehalten. Die Referentin verwies in ihren Ausführungen darauf, dass viele natürliche Phänomene durch die nichtlineare Wechselwirkung unterschiedlicher physikalischer, chemischer und biologischer Größen hervorgerufen werden. Diese Nichtlinearitäten führen dazu, dass solche Systeme eine besonders komplexe, teilweise nicht vorhersagbare zeitliche Dynamik hervorbringen oder die Fähigkeit besitzen, spontan zeitliche, räumliche oder raum-zeitliche Strukturen auszubilden. Im Mittelpunkt der vorgestellten Untersuchungen stand die Dynamik eines Systems mit dessen zeitlicher bzw. raumzeitlicher Entwicklung, oft auch unter dem Einfluss äußerer Antriebskräfte wie z. B. des Klimawandels. Die Dynamik kann dabei bei fixierten Umweltbedingungen ganz unterschiedliche Formen annehmen: Das System kann in ein Gleichgewicht kommen, eine periodische oder quasiperiodische Bewegung ausführen oder auch durch eine chaotische Dynamik charakterisiert werden. Von besonderem Interesse sind plötzliche Änderungen der Dynamik, wenn entweder die internen Parameter des Systems oder der äußere Antrieb so verändert werden, dass kritische Schwellwerte überschritten werden (Kipp-Punkte bzw. Kipp-Übergänge von einem in einen anderen Zustand).

Der vierte an diesem Tage geehrte Kollege war Heinz-Jürgen Rothe, der am 24. November 2021 seinen 75. Geburtstag beging. In ihrer Laudatio lenkte Erdmute Sommerfeld die Aufmerksamkeit darauf, dass Heinz-Jürgen Rothe, der seit 2009 Mitglied der Leibniz-Sozietät ist, in seiner beruflichen Tätigkeit schon frühzeitig erkannt hat, dass die Arbeitspsychologie in ihrer wissenschaftlichen Fundierung auf einer Elementaranalyse menschlicher Informationsverarbeitung aufbauen muss. Dieser Grundgedanke spiegelt sich sowohl in der Forschungs- und Lehrtätigkeit des Geehrten wider als auch in seiner Zusammenarbeit mit Einrichtungen aus Industrie und Gesellschaft. Damit wurde Heinz-Jürgen Rothe zum Brückenbauer zwischen der Elementaranalyse menschlicher Informationsverarbeitung und der Arbeits- und Ingenieurpsychologie. Große Verdienste erwarb er sich auch als wissenschaftlicher Koordinator von universitärer Forschung mit Anwendungen in Industrie und Gesellschaft. In der Laudatio wurde zudem auf die elfjährige Tätigkeit des Jubilars in der Leibniz-Sozietät als Sekretar des Plenums verwiesen (2010 bis 2021). Die Arbeiten im Rahmen dieser arbeitsaufwändigen ehrenamtlichen Funktion führte er mit Umsicht und großem Engagement erfolgreich durch. 2016 wurden seine Leistungen mit der Verleihung der Daniel-Ernst-Jablonski-Medaille gewürdigt. Mit seinem wissenschaftlichen und wissenschaftsorganisatorischen Wirken hat sich Heinz-Jürgen Rothe um den Wissenschaftsbetrieb und die innere Organisation der Leibniz-Sozietät große Verdienste erworben. Den Fachvortrag für Heinz-Jürgen Rothe hielt Anna-Marie Metz (Potsdam). Der Titel ihres Vortrages lautete „Arbeitspsychologie im Spannungsfeld zwischen allgemeinpsychologischen Theorien, interdisziplinären Bezügen und praktischem Nutzen“. Die Referentin machte zunächst deutlich, warum Arbeitspsychologie im Kanon der Psychologie gemeinhin als „angewandte“ Wissenschaft verstanden wird. Im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen arbeitete sie die notwendige Verankerung der Arbeitspsychologie in allgemeinpsychologische Erkenntnisse sowie deren praktischen Nutzen heraus. An ausgewählten Beispielen aus dem breiten Forschungsfeld zum Zusammenhang zwischen (Erwerbs-)Arbeit und Gesundheit wurden die außerordentlichen Vorzüge trans- und interdisziplinärer Kooperation mit arbeitsmedizinischen, physiologischen und epidemiologischen Disziplinen dargestellt. Dabei wurde anschaulich demonstriert, wie aus einer derartigen Synopsis über das Streben nach Erkenntnisgewinn hinaus die Transformation in unmittelbar praktisch nutzbare Analyse- und Interventionstools gelingen kann.

Die Geehrten bedankten sich jeweils in herzlichen Worten für die ihnen erwiesene Ehrung und ergänzten das in den Laudationes und Fachvorträgen Dargelegte mit eigenen Erinnerungen aus dem beruflichen und privaten Leben. Dabei betonten alle, wie wichtig die Leibniz-Sozietät für ihr wissenschaftliches und gesellschaftliches Wirken war und ist. Die Herausgeber hoffen, dass dieser weitere biographisch orientierte Band der Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät mit den vorgelegten Beiträgen dem Leser Denkanstöße und Einsichten zur Thematik „Triebkräfte der Entwicklung in Natur, Technik und Gesellschaft“ vermittelt.

 

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