Zum Buch
Bücher, die das Geld zum Gegenstand haben oder Geldprobleme
thematisieren, gibt es en masse. Dabei ist unerheblich, ob das Geld als
ökonomische Kategorie, gesellschaftliche Institution oder Instrument der
Politik, als Mittel der Wirtschaftslenkung, des sozialen Ausgleichs, der
Ersparnisbildung, der Bereicherung, der Altersvorsorge oder der sozialen
Kommunikation und Distinktion behandelt wird: Es sind Bücher über Geld.
Die Erörterung der Geldproblematik erfolgt hier aus philosophischer,
ökonomischer, soziologischer, wirtschaftshistorischer,
anthropologischer, kulturhistorischer, ethischer, psychologischer und
politikwissenschaftlicher Perspektive. Hinzu kommt eine Fülle von
Lehrbüchern, Sachbüchern, Nachschlagewerken und Ratgebern zum Umgang mit
Geld, zur Geldanlage und zum richtigen Geldgebrauch. Nicht zu vergessen
die numismatische Literatur. Diese Aufzählung ist bei Weitem nicht
vollständig; der Fundus an Quellen und Literatur erscheint unübersehbar,
wenn die Geldthematik in ihrer ganzen Breite angesprochen wird. Grenzt
man die Recherche jedoch ein, zum Beispiel auf Literatur, die der Liebe
zum Geld gewidmet ist oder dem Hass auf dasselbe, so erweist sich die
Quellenlage weniger üppig und wird überschaubar. Ähnlich verhält
sich dies, wenn man das Thema nur von einer Seite aus angeht und seine
Behandlung einer besonderen Fragestellung unterwirft. Eine solche ist
die Geldkritik. Die Konzentration der Analyse auf diese Fragestellung
und die Erörterung des Themas nur unter diesem besonderen Aspekt, der
Auseinandersetzung mit den Wirkungen des Geldes und den Reaktionen
hierauf, reduziert das zu behandelnde Problem auf einen zu bewältigenden
Umfang. Eine weitere Reduktion der Komplexität wird dadurch erreicht,
dass der geografische und zeitliche Rahmen der Analyse auf Europa bzw.
Deutschland und auf die rund zweieinhalb Jahrtausende seit der
klassischen Antike eingegrenzt wird. Eine solche Vorgehensweise erlaubt
es, anhand ausgewählter Quellen dezidiert danach zu fragen, in welchem
sozioökonomischen und theoriehistorischen Kontext die Geldkritik jeweils
steht, worin ihre Motive zu sehen sind und ob es hier neben zutreffenden
Positionen, Ansichten und Urteilen nicht auch zu Fehlurteilen und
Irrtümern gekommen ist bzw. noch immer kommt. Das vorliegende Buch
folgt einer derartigen Eingrenzung und Fokussierung. Trotzdem aber soll
das Problem der Geldkritik hier relativ breit angegangen werden. Dies
unterscheidet die vorliegende Studie von anderen Arbeiten, die es zu
dieser Thematik gibt. So lässt Wilhelm Weber zum Beispiel nur fünf
Formen der Geldkritik zu: die ethisch-religiöse, die
utopisch-sozialistische, die marxistisch-sozialistische, die
psychologische und die moderne Kritik an der „hypertrophen
Geldwirtschaft“ des Finanzkapitalismus. Der von mir verfolgte Ansatz
entspricht diesem Vorgehen, fasst die Kritik aber weiter, indem auch
Auffassungen, wonach die Funktion des Geldes eingeschränkt, seine Logik
durchkreuzt oder seine Wirkung reduziert werden soll, Berücksichtigung
finden. Zudem wird zwischen theoretischer und praktischer Geldkritik
unterschieden, so dass die historisch nachweisbaren Versuche einer
Abschaffung des Geldes ebenfalls als Geldkritik gewertet werden. Unter
diesem Aspekt verdient das Experiment einer planmäßigen Geldwirtschaft
im Staatssozialismus besondere Aufmerksamkeit. Wegen der Relevanz,
die dem Geldproblem seit der Antike zukommt, erwies es sich als
zweckmäßig, für die Erörterung der Probleme, die mit dem Auftreten des
Geldes und der kritischen Auseinandersetzung damit verbunden sind, nicht
nur spezifisch-ökonomische Texte heranzuziehen, sondern auch auf
philosophische, soziologische, politische und andere Literatur
zurückzugreifen. Diesem Anliegen dient auch der Einschub zeitgemäßer
Aphorismen, Sentenzen und Zitate, welche die fachwissenschaftlichen
Ausführungen ergänzen und die Lektüre auflockern sollen. Über all dem
waltet selbstverständlich nicht ein Prinzip der Vollständigkeit.
Vielmehr stellen die hier behandelten geldkritischen Positionen,
Theorien, Argumente und Texte nur eine begrenzte Auswahl dar. Im
günstigsten Fall ist diese repräsentativ für die jeweilige Weltsicht,
politische Haltung und das Zeitalter. Neben der Wiedergabe diverser
theoriehistorisch klassifizierbarer Positionen, Theoreme und
Auffassungen zum Geld wurde in der vorliegenden Studie versucht, eine
theoretische Erklärung für das Phänomen der Geldkritik zu formulieren.
Dies erwies sich als notwendig, um der Darstellung einen Referenzrahmen
zu geben und der Argumentation eine theoretische Grundlage. Dabei stütze
ich mich dabei auf die methodologisch bedeutsame Unterscheidung zwischen
Geld als Geld, Geld als Kapital und Kapital als Geld, wie sie von Karl
Marx vorgenommen worden ist. Diese terminologische Differenzierung
erlaubt es, das Phänomen der Geldkritik seit der Antike historisch und
sozioökonomisch zu entschlüsseln und entsprechend zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7 Geld: Ein populäres Tabu 11 Geldentstehung und
Geldbegriff 22 Einhundertelf Definitionen von Geld 39 Geldkritik
als Gesellschaftskritik 49 Vordenker der Antike: Xenophon, Platon und
Aristoteles 60 Geldkritik im Mittelalter 75 Aphorismen, Sentenzen
und Zitate (I) 95 Frühkommunistische Utopien 100 Geld und
Geldkritik bei Luther, Zwingli und Calvin 111 Ökonomische Theorie und
Aufklärungsutopien 124 Ambivalente Geldkritik: Goethe und Fichte 139
Romantik und Romantizismus 155 Aphorismen, Sentenzen und Zitate (II)
171 Utopischer Sozialismus und Anarchismus 179 Geld- und
Kapitalkritik in Wagners „Ring“ 192 Die Kontroverse zwischen Marx und
Proudhon 206 Geld- und Kapitalkritik bei Karl Marx 219 Geld und
Geist: Geldkritik in der Literatur 232 Aphorismen, Sentenzen und
Zitate (III) 243 Kulturkritik des Geldes: Georg Simmel 249
Psychologische und psychoanalytische Geldkritik 260 Über Geiz und
Geld 271 Geldreform und Geldkritik: Gesell und Steiner 286
Rassenideologie und Geldkritik 301 Aphorismen, Sentenzen und Zitate
(IV) 313 Staatssozialismus und Abschaffung des Geldes 319
Geldkritik im Finanzkapitalismus 333 Negativer Geldfetischismus: Ein
Erklärungsversuch 344 Schluss 350
Literaturverzeichnis 355 Personenregister 387
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