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Meier, Bernd (Hg.)

 

Bildung und Wirtschaft.

Bildung zwischen Markt und Staat.

 

2020, [= Abhandlungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 61], 239 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-86464-212-8, 32,80 EUR

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Zum Inhalt des Buches

Vorwort

Dieser Sammelband hat seinen Ursprung in einem ganztägigen Kolloquium des Arbeitskreises (AK) Pädagogik der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin (LS) vom 1. Oktober 2019. Das Kolloquium führte die LS in Kooperation mit dem Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e.V. (UVBB) und der Universität Potsdam zum Thema „Bildung und Wirtschaft – Bildung zwischen Markt und Staat“ durch.

Angeregt durch die Diskussionen auf der Tagung sowie im Zuge ihrer Nachbereitung wurden weiterführend Tagungsreferate präzisiert sowie ergänzende Beiträge zum Themenkomplex eingeworben.

Die ergänzenden Beiträge betreffen in erster Linie die Einbeziehung von Wirtschafts- insbesondere Volkswirtschaftlern in die Diskussion zu den Beziehungen zwischen Bildung und Wirtschaft. Andererseits fehlten offenbar in den Augen von Kritikern empirische Belege zur Thematik. In der Folge wurden drei Beiträge ergänzt, die an ansprechender Stelle in diesem Vorwort auch vorgestellt werden.

Der Beitrag von Bernd Meier, Sprecher des AK Pädagogik, ordnet das Kolloquium in die verschiedenen Aktivitäten des Arbeitskreises der vergangenen Jahre ein. Zugleich wirft er die Frage nach unserem Bildungsverständnis und nach den Funktionen von Bildung auf, insbesondere von Allgemeinbildung. Wenn nach seiner Auffassung der Staat beansprucht, für die Bildung verantwortlich zu sein, aber dieser Aufgabe nicht hinreichend nachkommt, gibt es sowohl Risiken als auch Chancen, dass sich weitere Akteure in der Ausgestaltung von Bildungssystemen und Bildungsprozessen engagieren. Ziel sollte stets eine ausgeglichene Balance zwischen Markt und Staat sein, um Bildung als eine bedeutsame öffentliche Angelegenheit zukunftsfähig auszugestalten. Von dem Kolloquium und diesem Sammelband erwartet er, dass einerseits Ansprüche an eine zeitgemäße Allgemeine und Berufliche Bildung formuliert und darüber hinaus fortgeschrittene Erfahrungen in der Kooperation verschiedener Akteure im Prozess der Bildung vorgestellt und (verallgemeinert) analysiert werden.

Der Technikdidaktiker Andreas Hüttner knüpft mit seinem Beitrag unmittelbar an Meiers Anregungen an und stellt seine Positionen einer zeitgemäßen allgemeinen technischen Bildung zur Diskussion. Er kennzeichnet zunächst drei Akteure – nämlich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – für die seines Erachtens die Konsolidierung der technischen Bildung wichtige und unabdingbare Voraussetzung für die zukunftsbedeutsame Weiterentwicklung von Technischer Kreativität ist. Er bewertet das Vorgehen und das konkrete Handeln dieser verantwortlichen Gruppierungen ausgesprochen kritisch. Besonders nachdrücklich geht er hierbei auf die Bildungspolitik im föderalen System ein, der er ein vollständiges Versagen bescheinigt. Dieser Bildungspolitik sei es nicht gelungen, die administrativen Bedingungen für eine zeitgemäße Allgemeinbildung aller Kinder zu sichern und auch Technik als wesentlichen Teil der menschlichen Kultur als verpflichtenden Aneignungsgegenstand in das Allgemeinbildungskonzept zu integrieren. Nachdem er die Funktion der Technischen Bildung innerhalb einer allgemeinen Menschenbildung dargestellt und ihre grundlegenden Ziele herausgearbeitet hat, widmet er sich konsequent den Möglichkeiten und Grenzen von außerschulischen Aktivitäten in Rahmen der technischen Bildung im Allgemeinen und der Techniksozialisation im Besonderen. Mahnend betont er: „Ohne den Homo faber, den Macher, gäbe es den Homo sapiens, den vernunftbegabten Menschen, nicht.“

Den Gedanken der Entrepreneurship Education einerseits und der technischen Kreativität andererseits greift der Lehrerbildner Hans-Liudger Dienel in seinem Beitrag zum Thema „Wenn’s gut werden muss: Arbeitslehre/WAT, das Makerfach!“ auf. Hier geht es nicht nur um Forderungen, sondern um Perspektiven und Wege zur Ausgestaltung des Bildungssystems. Er knüpft dabei an Neil Gershenfeld an, dem Gründer der MAKER-Bewegung, der 2002 das erste „Fab Lab“ (eine Abkürzung für „Fabrikationslabor“) eröffnete. Das „Fab Lab“ sollte technischen Laien Know-how und Mittel für eine möglichst selbstbestimmte Produktion von Dingen an die Hand geben und so dazu beitragen, ihre Fantasie und Kreativität zu entwickeln. Dienel beschreibt auch GOOGLE‘s Weg nach Berlin – vom Start-Up Campus in Berlin-Kreuzberg zum GOVlab in Mitte. Entsprechend seiner Profession kennzeichnet Dienel schließlich das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik als „Makerfach“ und knüpft daran die Hoffnung, dass ein Aufgreifen der Makerlabbewegung dem Schulfach Arbeitslehre/WAT damit eine neue größere Schubkraft gibt und damit dieses Fach sogar bis in das Gymnasium trägt.

Ulf Holzendorf, Projektverantwortlicher zur Verbraucherbildung der Lehreinheit Wirtschaft-Arbeit-Technik der Universität Potsdam, stellt positive Erfahrungen in der Kooperation von Hochschule und Wissenschaft mit Praxispartnern in den Vordergrund seiner Ausführungen. Im Mittelpunkt steht das Projekt zur Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in der Schule (REVIS). Es entstand aus der Erkenntnis, dass angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung im Bereich Gesundheit und Ernährung und im Bereich des Umgangs mit Geld und Konsum die Vermittlung von Basiskompetenzen in der Schule immer notwendiger wird. Nach einem intensiven Diskussionsprozess von Experten sind Standards veröffentlicht worden, die diese Aspekte fokussieren. In der Lehrerbildung an der Universität Potsdam haben derartige Entwicklungen schließlich sachgerechte Berücksichtigung gefunden. Der Autor stellt ausgewählte Ergebnisse des forschenden Lernens von Studierenden vor, die durch eine erfolgreiche Kooperationspartnerschaft mit der Verbraucherzentrale Brandenburg und dem Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MdJEV) gewonnen wurden.

Agnes Lemme, Praxisberaterin in der Koordinierungsstelle „Praxislernen im Netzwerk Zukunft, Schule und Wirtschaft e.V.“, bietet mit ihrem Beitrag eine konsequente Fortsetzung von Kooperationen im Bereich von Schule und Wirtschaft. Die Autorin widmet sich der Brücke zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung und akzentuiert die berufliche Orientierung an allgemeinbildenden Schulen als bedeutsam. Sie zeigt auf, wie das Praxislernen – ein fakultativer Baustein der Berufs- und Studienorientierung im Land Brandenburg – zur Entwicklung der Berufswahlkompetenz beitragen kann. Verdeutlicht wird, z. B: durch die Einbindung von außerschulischen Einrichtungen als Kooperationspartner für das Praxislernen, – wie Betriebe, überbetriebliche Berufsbildungsstätten oder öffentliche Einrichtungen – den Schülerinnen und Schülern Orientierung, Information und praktische Erfahrungen in einer großen Vielfalt an Berufsbranchen geboten wird. Abschließend stellt sie das umfangreiche Beratungs- und Unterstützungsangebot der Koordinierungsstelle Praxislernen für interessierte Schulen vor.

Der Berufspädagoge Dieter Hölterhoff leitet mit seinem Beitrag zur Aufarbeitung der beruflichen Bildung über. Im dreißigsten Jahr nach dem Umbruch in der DDR hinterfragt er die zwischenzeitliche Entwicklung der beruflichen Bildung im gesellschaftlichen Transformationsprozess kritisch, wobei er sich vorrangig auf das Land Brandenburg konzentriert. Auf der Basis seiner Untersuchungen und der eigenen Erfahrungen kennzeichnet er den vollzogenen Einschnitt als einen abrupten Systemwechsel für die ostdeutsche Berufsbildung. Für ihn weist der mit dem Transformationsprozess einhergehende Wandel für die berufliche Bildung eine Besonderheit auf, nämlich die vorgefundene und immer noch fortbestehende Divergenz der Systeme in beiden deutschen Staaten trotz der ursprünglich gemeinsamen Wurzeln der Berufsausbildung. Seine Analysen zeigen, dass Probleme durch fehlende Auseinanderansetzungen innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie durch mangelnde Diskussionen zur Didaktik der beruflichen Qualifikation verursacht wurden. Auf der Grundlage von Untersuchungen wird dargelegt, wie die im Titel dieser Tagung bezeichnete Problematik „Bildung zwischen Markt und Staat“ zur Kernfrage führt: Welche Ziele, Geltungsbereiche, Gremienstrukturen und gegebenenfalls weitere herauszuarbeitende Aspekte waren aus heutiger Sicht zentral in der damaligen gesetzgeberischen Debatte des Umbruchs ? Unbestritten ist das Recht der Wirtschaft gemäß Art. 74.1 Nr. 11 Grundgesetz, womit sich der Anspruch auf institutionelle Kooperation aller beteiligten Gruppierungen verbindlich ergibt. Der Autor beschreibt darüber hinaus Auswirkungen der Transformation in Ostdeutschland auf politische Haltungen von Jugendlichen und leitet Folgerungen für die berufliche und politische Bildung in der Berufsschule und im Betrieb ab. Abschließend bestimmt er wichtige Aufgabenfelder – wie er betont – nicht nur für die Berufsbildungsforschung.

Der Beitrag von Anja Paprocki, Leiterin Personalbeschaffung und -entwicklung in einem Kommunalbetrieb, ist charakterisiert durch eine deutliche Verankerung in wirtschaftlich-betrieblichen Bereichen. Sie thematisiert den Zusammenhang von aktuellen und zukünftigen Arbeitswelten 4.0 und Personalentwicklung. Die Autorin charakterisiert die Arbeitswelt 4.0 und zeigt Schlussfolgerungen für eine Personalentwicklung 4.0 auf. Sie bezieht die Position, dass den sich rasch wandelnden Anforderungen nur durch systematische (auch kostenintensive!) Personalentwicklung Rechnung getragen werden kann. Dabei sind sowohl ein breites Spektrum an zukünftigen Arbeitsperspektiven, als auch die Erfordernisse der Work-Life-Balance zu berücksichtigen. Selbst in Betrieben, die in kommunale Strukturen eingeordnet sind, ergeben sich durch die Veränderungen, die mit den digitalen Arbeitsmitteln und den neuen Kommunikationsformen einhergehen, hohe Bedarfe an Lernentwicklungen. Die Autorin betont, dass Personalentwickler sich immer mehr als Lernbegleiter oder Lerncoach sehen sollten und positioniert sich in diesem Kontext zum „Neuen Lernen“. Weiterbildung, so ihr Fazit, bedeutet lebenslanges Lernen als eine unabweisbare Konsequenz der sich stetig verändernden Arbeitswelten.

Der Didaktiker Björn Egbert, widmet sich schließlich dem überaus aktuellen, aber auch vielschichtigen Thema der nachhaltigen Entwicklung und schafft damit eine Basis für den sich anschließenden Gesprächskreis von Praxispartnern. Er analysiert das UNESCO-Weltaktionsprogramm „Bildung zur nachhaltigen Entwicklung“ aus Sicht eines ökonomischen Verhaltensmodells, um damit einhergehende ökonomische Dilemmata zu thematisieren. Schülerinnen und Schüler zu mündig, tüchtig und verantwortlich handelnden ökonomischen Akteuren zu bilden, ist nach seiner Auffassung die zentrale Intention der allgemeinen ökonomischen Bildung. Im Kontext von Megatrends, wie Globalisierung, Mediatisierung und Individualisierung, aber auch mit den damit einhergehenden Herausforderungen, wie globale Erwärmung, Umweltverschmutzung sowie die stark differierende lokale, regionale und globale Einkommensverteilung rückt insbesondere die zukünftige Verantwortungsübernahme für sich und andere Mitwirkende in den Fokus der Bildungsbemühungen. Diese Tendenz manifestiert sich zunehmend im Rahmen der Bemühungen um eine Bildung für nachhaltige Entwicklung. Bei den Erkenntnissen über zentrale Herausforderungen der Gegenwart und vor allem der Zukunft scheinen gerade Wissen und Handeln nicht sehr konvergent zu verlaufen. An prägnanten Beispielen werden erkennbare Divergenzen zwischen Wollen und Können herausgearbeitet. Intentional werden zwar bewusste rationale Handlungsformen angestrebt, die den gegenwärtigen und künftigen Generationen langfristig vergleichbare oder möglichst bessere Lebensbedingungen sicherstellen können, realiter werden indes oft andere gewohnte unreflektierte Handlungsformen bevorzugt. Eine Lösung der damit verbundenen vielfältigen Dilemmata konnte allerdings bislang nicht gefunden werden.

Im nachfolgenden Teil dieser Tagungsdokumentation sind dann ausgewählte Teilergebnisse einer Gesprächsrunde zur Diskussion von Praxismodellen zur konkreten Verbesserung nachhaltiger Bildung dargestellt. Detlef Lechler, Repräsentant des Unternehmerverbandes Brandenburg-Berlin, Vorstand des Europäischen Energie- und Umweltforums sowie Vorstand bei Brandenburg 21-nachhaltig -in-Brandenburg.

Einleitend stellte er, in Anlehnung an Manfred Stock, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), für die Gesprächsrunde drei ausgewählte Handlungsschwerpunkte als Kernfragen zur Diskussion:

Wie kann das nachhaltige Handeln in den Unternehmen, in den Verwaltungen, in der Wissenschaft, in der Bildung und in der Politik die Teilhabe Aller an den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen fördern und dabei insbesondere Jugendliche und Kinder erreichen, gewinnen und fortbilden?

Inwieweit werden die natürlichen Lebensgrundlagen der Akteure der Transformation in Brandenburg und Berlin so genutzt, dass die ökologische Tragfähigkeit der Erde und insbesondere der Region Brandenburg- Berlin bewahrt bleibt?

Wie kann das gemeinsame politische, ökonomische, ökologische und soziale Handeln in Bildung und Wirtschaft dazu beitragen, Wohlfahrt und Wohlbefinden ständig zu erhöhen?

Die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion wurden von Detlef Lechler vorgestellt und zwei Fragerunden moderiert.

An der Gesprächsrunde nahmen teil:

- Herr Bernd Thomas, Verein Brandenburger Ingenieure und Wirtschaftler e.V.,

- Herr Frank Heinrich, Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium Frankfurt (Oder),

- Frau Irena Büttner, Bereichsleiterin der Handwerkskammer Berlin/Arrivo;

- Herr Michael Seim, Ausbildungsbereichsleiter Cemex Zement GmbH Rüdersdorf;

- Herr Nico Danneberg, Geschäftsführer vcat Potsdam, 1. Vizepräsident des Unternehmerverbandes Brandenburg-Berlin;

- Herr Christoph Sobota, Geschäftsführer Büro für Wasserwirtschaft + Tiefbau, Vorstand von Brandenburg 21 – nachhaltig in Brandenburg;

- Frau Stefanie Teichert, Geschäftsführerin Lernschmiede Glienicke Nordbahn, und Herr Tobias Hoffmann, Berlin, „Natürlich Lernen“, zum Projekt „Mathematik – Angstfrei“;

- Herr Hans Johannsen, Senior Experten Service Ausland, VerA-Initiative Potsdam/Bonn, und

- Herr Hans-Otto Tröder, Senior Experten Service Ausland, Weltdienst 30+, Ausbildungsbegleiter VerA-Initiative.

Vier Erfahrungsberichte geben nachstehend Einblick in ihre Arbeit:

Katja Neugebauer, Brandenburg 21-nachhaltig-in Brandenburg: „Bildung für Nachhaltige Entwicklung als Schlüssel für zukünftige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten“;

Bernd Thomas, Brandenburger Ingenieure und Wirtschaftler & Frank Heinrich, Gauss Gymnasium Frankfurt/Oder: „Förderung von Kreativität in der Ausbildung“;

Carola Janke-Sy, Internationaler Bund Nordost Brandenburg & B. Lusansky, Goetheschule Neuenhagen: „Schulgarten“- ein Projekt zwischen Internationalem Bund und der Goetheschule Neuenhagen

Hannah Tamara Fischer& Michael Seim, CEMEX Deutschland: „Ausbildung bei CEMEX: Das Ziel ist nachhaltige Entwicklung“

Der Beitrag von Gerhard Banse, Altpräsident der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V., beruht auf seinem Schlusswort zum Kolloquium. Er zieht eine erste Bilanz und betont, dass sich im Verlauf der Tagung ein facettenreiches Bild des Kooperations- und Spannungsfeldes Bildung und Wirtschaft ergeben hat. Die riesige Bandbreite dieses Themas konnte durchaus verdeutlicht werden. Generelle Lösungen waren jedoch nicht zu erwarten. Es wurde aber ein „Suchraum“ sichtbar gemacht, der Diskussionen und Initiativen auslösen wird. Grundsätzlich konstatierte er: Die Veranstaltung hat erstens bildungspolitische Aspekte aufgegriffen, zweitens erfolgreiche Praxiserfahrungen in der Gestaltung des Lernortwechsels für Lernende bzw. Studierende aufgezeigt und sich drittens aktuellen Trends oder gar Megatrends – wie der Digitalisierung und der nachhaltigen Entwicklung – gewidmet.

Im Folgenden sind dann die ergänzenden Beiträge des Sammelbandes angeordnet. Anne-Christine Wolf, Lehrerin und empirische Pädagogin, stellt ihr Untersuchungskonzept und erste Untersuchungsergebnisse zum Dualen Lernen an Berliner Integrierten Sekundarschulen vor. Das Duale Lernen ist quasi das Pendant zum Praxislernen im Schulsystem des Landes Brandenburg. In Brandenburg und Berlin geht es darum, schulisches Lernen und Lernen am Praxisort sinnvoll zu verknüpfen und somit der beruflichen Orientierung mehr Gewicht zu verleihen. Im Ergebnis empirischer Untersuchungen kommt die Autorin zusammenfassend zu der Feststellung: Berufsorientierende Angebote bleiben zu vereinzelt und waren wegen unzulänglicher Vor- und Nachbereitung und zu geringer fächerübergreifender Anwendung von Gelerntem und wegen mangelnder Individualisierung anscheinend nicht nachhaltig.

Der Ökonom Ulrich Busch widmet sich in seinem Beitrag „Wirtschaft als blinder Fleck und Feindbild – Kritische Anmerkungen zur Behandlung ökonomischer Themen in der Bildung“ den Fragen einer zeitgemäßen Allgemeinbildung aus einer klar fachwissenschaftlichen Perspektive. Sein Angebot stützt somit das eingangs zum Kolloquium genannte Monitum bezüglich der fehlenden Einbeziehung von Wirtschaftswissenschaftlern in die bildungs-(politische) Diskussion. Dazu geht er zunächst auf den Begriff der Wirtschaft ein und zeigt curriculare Implikationen auf. In diesem Kontext beleuchtet er Beziehungen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft in der Gegenwart. Bezüglich des Standes der ökonomischen Bildung kommt er zu gleichen Schlüssen wie Andreas Hüttner zur technischen Bildung zu Beginn dieses Bandes. Die übereinstimmenden Wertungen lauten: defizitär, partial und unzureichend. Als Ursache identifiziert Busch sowohl ideologische, als auch strukturelle Gründe. Diese Position belegt er anhand zahlreicher Analysen von Dokumenten, bildungs- und fachdidaktischen Beiträgen, Schulbüchern. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für eine ökonomische Bildung als wesensbestimmenden Teil der Allgemeinbildung sowie mit dem Aufzeigen von Ursachen für den insgesamt unbefriedigenden Stand der ökonomischen Bildung.

Die Fachdidaktikerin Franziska Birke – mit ihrer starken Affinität zur Volkswirtschaft – greift die zentrale These von Ulrich Busch auf, dass die Schulen das Angebot einer ökonomischen Bildung brauchen, die die Wirtschaft nicht nur aus der Perspektive einzelner ökonomischer Akteure betrachtet. Sie setzt sich dazu mit dem komplexen Verständnis von ‚Wirtschaft‘ in der ökonomischen Bildung auseinander. Hierbei geht sie auf die nicht einheitlichen Auffassungen von verschiedenen fachdidaktischen Akteuren ein. Nach ihrer Auffassung gibt es zwar verschiedene fachdidaktische Ansätze, die trotz divergenter Inhalte letztlich doch zu einer gemeinsamen Zielstellung führen. Letztlich wird generell kompetentes wirtschaftliches Handeln angestrebt. Birkes Positionen verdeutlichen, dass der Kern der ökonomischen Bildung zwar die Betrachtung ökonomischer Zusammenhänge aus der Sicht einzelner Akteure umfasst, aber ebenso über das Zusammenspiel verschiedener Akteursgruppen auf den Märkten mit konvergenter Tendenz akzentuiert wird.

Das Kolloquium hat divergente Interpretationsmuster des Zusammenhanges von Bildung und Wirtschaft aufgezeigt. Die komplexe Thematik Bildung zwischen Markt und Staat ist nicht statisch zu beschreiben – angesichts der offenen Streitigkeiten in globalen Handelskonflikten sind in diesem Beziehungsgefüge zukünftig stetig neue Bewertungen durchzuführen. Es bleibt ein weiterhin interessenbezogenes Diskussionsfeld.




Inhaltsverzeichnis

Einführung 7

Peter Hübner, Bernd Meier

Eröffnung und Begrüßung: „Bildung und Wirtschaft“ 15

Bernd Meier

Technische Bildung im Spannungsfeld zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft 29

Andreas Hüttner

Wenn’s gut werden muss: Arbeitslehre/WAT, das Makerfach! 45

Hans-Liudger Dienel

Konsequenzen aus REVIS für den Fachbereich Wirtschaft-Arbeit-Technik auf der Suche nach Praxispartnern – ein Erfahrungsbericht 57

Ulf Holzendorf

„Koordinierungsstelle Praxislernen“ – ein Projekt des Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft für Brandenburg e.V. 69

Agnes Lemme

Berufliche Bildung im gesellschaftlichen Transformationsprozess 79

Dieter Hölterhoff

Arbeitswelten 4.0 und Personalentwicklung als Lernbegleiterin 113

Anja Paprocki

Handeln wider Wissen – nachhaltige Entwicklung als soziales Dilemma 127

Björn Egbert

Bildung für Nachhaltige Entwicklung als Schlüssel für zukunftsfähige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten – Ein Blick auf die Praxis 145

Katja Neugebauer

Förderung von Kreativität in der Ausbildung 151

Bernd Thomas & Frank Heinrich

„Schulgarten“ – ein Projekt zwischen dem IB (Internationaler Bund Nordost) und den Schülern der 4. Klasse der Goethe-Grundschule Neuenhagen 155

Carola Janke-Sy & Frau Lusansky

Ausbildung bei CEMEX: Das Ziel ist nachhaltige Entwicklung 161

Hannah Tamara Fischer & Michael Seim

Kolloquium: Bildung und Wirtschaft – Bildung zwischen Markt und Staat: Schlusswort 167

Gerhard Banse

Duales Lernen an Berliner Integrierten Sekundarschulen – eine Lernform zur Berufsorientierung 177

Anne-Christine Wolf

Wirtschaft als blinder Fleck und Feindbild – Kritische Anmerkungen zur Behandlung ökonomischer Themen in der Bildung 195

Ulrich Busch

Zum inhaltlichen Kern der ökonomischen Bildung: Multiperspektivität und ihre Herausforderungen 219

Franziska Birke

Über die Autori*innen 237