Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
WELTKRIEG UND REVOLUTION 11
Deutsche Historiker im
Ersten Weltkrieg 13
„… für die Freiheit, für die
Völkerverbrüderung, für den Sozialismus“ : Die Zimmerwalder Konferenz 1915
25 November
1918: Der deutsche Versuch einer Demokratie 39
Linkszionismus versus Kommunismus: Die Poale
Zion und die Komintern 1919–1922 55
ZWISCHEN AUFBRUCH UND ABGRUND 71
Intellektuelle
zwischen den Welten: Vier Russland-Berichte aus dem Jahr 1920 73
Nach dem „Anschluss“ und dem Pogrom:
Kommunistische Flüchtlinge in den USA 1938–1945 85
Stefan Heym in den USA 1935–1951 99
Die „Existenzfrage des Kommunismus“ : Susanne
Leonhard und Ruth
Fischer im Jahr 1956 133
VERTREIBUNG UND VERNICHTUNG 143
Die Verjagten. Flucht
und Vertreibung im 20. Jahrhundert 145
Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde. Ein
Beitrag zur faschistischen Rassenpolitik 149
Eine neue Sicht auf den Judenmord? Timothy
Snyders „Black Earth“ 153
Der SS-Sport und sein blutiges Finale 157
VERTREIBUNG UND SELBSTBEHAUPTUNG 161
Zuflucht auf den
Philippinen 163
Von der KPD zu den Naturfreunden 167
Boris Souvarine und das Genfer
Hochschulinstitut 171
Gerard Braunthal, eine Erinnerung 175
VOM „ROTEN WEDDING“ NACH MEXIKO: KULTUR, SPORT
UND POLITIK 179
Der Sänger des „Roten Wedding“: Ernst Busch 181
Antifaschismus in Hollywood – historisch 187
Rock’n’Roll international: Jugend, Kultur und
Politik 191 Zwei
Fäuste für die Menschlichkeit: Mexiko 1968 197
HISTORIKER ALS MITGESTALTER DER ZEIT 207
Ein Kind der
Revolution: Wolfgang Leonhard 209
Leben nach dem „Prinzip Links“: Hermann Weber
213 Historiker
des 20. Jahrhunderts: Walter Laqueur 217
Hoffnung, gespeist aus Ideen: Axel Schildt 219
LEHRER UND WEGGEFÄHRTEN 223
Historiker aus Leidenschaft: Werner Berthold
225 Komintern
und Antikolonialismus: Hans Piazza 231
Brückenbauer zwischen den Welten: Georg Iggers
233 Die
Stärksten kämpfen ein Leben lang: Theodor Bergmann 237
Nachweise 249
Der Autor 251
Vorwort
Abgründe und Aufbrüche
in historisch zugespitzten Konstellationen des letzten Jahrhunderts sowie
politische Gelehrte, die solche Scheidewege der Geschichte reflektierten,
sind hauptsächlich Gegenstand der vorliegenden Aufsatzsammlung. Am
Vorabend seines Eintritts in den Rentenstand versichert ihr Verfasser,
dass dies nicht das Ende seiner Wortmeldungen zu all den Themen ist, die
im vorliegenden Band untersucht, reflektiert oder umkreist werden.
Der Band ist in sieben
Sektionen gegliedert. In der ersten Sektion behandelt vier Beiträge
Aspekte der Umbruchzeit zwischen Erstem Weltkrieg und den aus ihm
erwachsenden Revolutionen. Der Beitrag über deutsche Historiker im Ersten
Weltkrieg zeigt die massenhafte Anfälligkeit führender Akademiker für
Chauvinismus und Militarismus und deren Ursachen; Probleme, die in unserer
Zeit mit dem Erstarken auch eines akademischen Rechtsradikalismus – und
seiner stillschweigenden Duldung durch Liberale – in neuer Form
wiederauftauchen könnten. Die Zimmerwalder Konferenz 1915 und die deutsche
Revolution 1918 waren zwei sehr unterschiedliche Versuche, Auswege aus dem
Kriegskapitalismus zu finden; Linkszionismus und Kommunismus als Wege der
Judenemanzipation zu vereinen, wie es die Poale Zion mit ihren
Beitrittsbemühungen zur Komintern 1919–1922 unternahm, entsprang
gleichfalls der Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative zu Krieg
und chauvinistischer Verhetzung, die schon damals im Antisemitismus
gipfelten. Der
zweite Abschnitt wendet sich radikalen Linken zwischen Aufbruch und
Abgrund, zwischen Revolutionserwartung, Faschismus und Stalinismus zu.
Vier Berichte deutscher und englischer Reisender nach Sowjetrussland aus
dem Jahr 1920 weisen auf Probleme des jungen Staates hin, vor denen die
scharfsichtigen Beobachter ihre Augen nicht verschlossen. Den denkbar
schärfsten Bruch in ihrer Existenz mussten deutsche und österreichische
Kommunisten als Flüchtlinge in den USA ab 1938 verarbeiten; das Land des
Hochkapitalismus bot auch jenen Sicherheit vor den Nazimördern, denen die
wirtschaftliche Ordnung der Vereinigten Staaten als – manchmal heimlich
bewundertes – Gegenmodell ihrer utopischen Vorstellungen erschien. Dies
galt gerade auch für Stefan Heym, dem ein eigener Beitrag gewidmet ist.
Susanne Leonhard und Ruth Fischer verarbeiteten auf teils ähnliche, teils
grundverschiedene Art die politischen und biographischen Brüche ihrer
oftmals höchst gefährdeten Existenz.
Um Vertreibung und Vernichtung geht es im
dritten Abschnitt: in einem Beitrag zur Massenflucht als Signum des 20.
Jahrhundert wie in zwei Beiträgen zur faschistischen Rassenpolitik und
einer Abhandlung zum SS-Sport; zu Vertreibung und Selbstbehauptung legen
im vierten Abschnitt vier Flüchtlingsschicksale Zeugnis ab; der fünfte
Abschnitt, der sich Fragen der Wechselbeziehungen von Kultur, Sport und
Politik zuwendet, schlägt die Brücke vom Roten Wedding der Weimarer
Republik bis zu den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko.
Herausragenden Historikern als Mitgestaltern
unserer Zeit ist der sechste Teil gewidmet: Wolfgang Leonhard, Hermann
Weber, Walter Laqueur und dem viel zu früh verstorbenen Axel Schildt. Wie
dieser Teil, besteht auch der siebente aus Beiträgen, in denen mir die
traurige Pflicht zum Nachruf auferlegt war; in jedem seiner Abschnitte
suche ich meine Lehrer und Freunde Werner Berthold, Hans Piazza, Georg
Iggers und Theodor Bergmann zu würdigen, die alle im Jahr 2017 starben –
einem wahren Annus horibilis für den Verfasser dieser Zeilen.
So verschiedenartig im
Gegenstand und der Breite oder Knappheit der Gedankenführung die einzelnen
Aufsätze und Studien dieses Bandes sind: Sie alle sind einem Anliegen
verpflichtet, „der Aufkündigung dessen“ entgegenzuwirken, „was man als das
Projekt der Aufklärung […] bezeichnen könnte, die Errichtung eines
universellen Systems solcher Regeln und Normen des Moralverhaltens.“ Mit
Eric Hobsbawm, auf den ich mich hier beziehe, meine ich, solche Werte
bilden „das einzige Fundament all jener Bestrebungen, Gesellschaften zu
errichten, in denen alle Menschenwesen überall auf dieser Erde leben
können“ ; ein Fundament, auf dem, und auch hier folge ich Hobsbawm, die
Kämpfe der Arbeiterbewegung fußten, die heute in manchen Teilen der Welt
scheinbar nur noch Vergangenes verkörpern. Umso wichtiger ist mir die
Neubelebung solcher Werte, die – auf den kürzesten Nenner gebracht –
soziale Gerechtigkeit in politischer Freiheit herstellen und bewahren
wollen. Dies mit den Mitteln historischer Forschung zu befördern, sehe ich
als vornehmste Aufgabe meines Berufes.
Von einer Ausnahme, dem Beitrag über Ernst
Busch, abgesehen, entstanden die hier abgedruckten Arbeiten in den Jahren
2014 bis 2019. Zu danken ist folgenden Verlagen, Bildungsvereinen und
Zeitschriften für die Genehmigung zum Wiederabdruck:
Arbeit-Bewegung-Geschichte. Zeitschrift für historische Studien (Metropol
Verlag, Berlin); Archiv für Sozialgeschichte Online (Berlin); Berliner
Gesellschaft für Faschismus- und Weltkriegsforschung e. V.; Das Blättchen
(Berlin); Edition Bodoni (Berlin); Franz Steiner Verlag (Stuttgart); Helle
Panke e. V. (Berlin); Links! Politik und Kultur für Sachsen, Europa und
die Welt (Dresden); Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen e. V. (Erfurt/Jena);
Sozialismus (VSA-Verlag, Hamburg).
Mario Keßler
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