Lasatowicz, Maria Katarzyna / Scheller-Boltz, Dennis (Hrsg.)

 

Zweisprachigkeit als Herausforderung und Chance

 

 

 

2012, [= SILESIA. Schlesien im europäischen Bezugsfeld. Quellen und Forschungen, Bd. 15], 246 S., ISBN 978-3-86464-027-8, 32,80 EUR

 

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Klappentext

 

Seriösen Schätzungen zufolge ist heute mindestens die Hälfte der Weltbevölkerung zwei- oder mehrsprachig. Dennoch aber haben nur etwa 25 Prozent aller UNO-Staaten Mehrsprachigkeit auf staatlicher Ebene in ihrer Verfassung verankert. Auch dies ist ein Signal dafür, dass Mehrsprachigkeit heute, selbst in demokratisch verfassten Staaten, noch immer eine Herausforderung darstellt, die nicht überall zugleich als Chance angesehen wird. Viele Regionen in Europa arbeiten noch immer an dieser Her­ausforderung. Die Europäische Union begleitet diesen Prozeß und verpflichtet sich dem Anliegen, vielfältige Mehrsprachigkeit zu fördern.

Zu den Mehrsprachigkeitsphänomenen, die dieser Band behandelt, gehören:

•  die individuelle, soziale wie politische Einstellung zur Mehrsprachigkeit und deren Einfluss auf die Sprachpolitik in Vergangenheit und Gegenwart;

•  schulpolitisch geförderte Mehrsprachigkeit im 21. Jahrhundert bei pragmatischer Abwägung, welche Sprache neben der Landessprache Karrieren sichert;

•  Zwei- und Mehrsprachigkeit auf institutioneller und staatlicher Ebene;

•  Bedingungen individueller, regionaler und staatlicher Mehrsprachigkeit;

•  eine Ausbildungsarchitektur und Mehrsprachigkeits­didaktik, die Sprache nicht auf internationale Kommunikation reduziert, sondern deren Status als Kultursprache in einem kulturellen Universum bewahrt;

•  Mehrsprachigkeit als identitätsstiftende Dimension.

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Zum Geleit. Eine fachliche Rezeption     7

Maria Katarzyna Lasatowicz

 

20 lat wdrażania nauczania dwujęzycznego w sekcjach niemiecko-języcznych w Polsce – próba bilansu na tle rozwiązań niemieckich (i innych)    13

Jan Iluk

 

Kontaktsprache Rhetorik                      33

Iwona Bartoszewicz

 

Finnland: ein Land mit mehreren Sprachen und vielen Kulturen                   43

Ilpo Tapani Piirainen (†)

 

Danziger Missingsch als eine Stadtsprache                           51

Grażyna Łopuszańska

 

Bilingualität als Beitrag zum besseren Kulturverständnis                               59

Michał Czapara

 

Deutsch-polnische Wege zur Zweisprachigkeit. Eine quantitative Studie zur zweisprachigen Kindererziehung in deutsch-polnischen Familien in Deutschland und in Polen        69

Barbara Jańczak

 

Zweisprachigkeit als ‚eye-opener‘ oder: deutsch-polnisches Kulturtreffen im Visier der Ethnolinguistik                 83

Marek Sitek

 

Exklamativsätze mit der Modalpartikel vielleicht      97

Katarzyna Hnatik

 

Den Bilingualen beim Lesen in die Augen geschaut: Eyetracking enthüllt unterschiedliche Lesestrategien bei Früh- und Spätbilingualen – Eine neurolinguistische Untersuchung    109

Sandra Tinner

 

Zum Umgang mit mutter- und fremdsprachlichen Textsortenkonventionen im Oppelner Germanistikstudium      125

Małgorzata Jokiel

 

Empirische Befunde zu Auswirkungen muttersprachlicher Sprachbewusstheit auf die fremdsprachliche Grammatikkompetenz am Beispiel polnischer Deutschlerner             139

Agnieszka Gardian-Kwiczala

 

Übersetzen und Übersetzen – Zur Zweckmäßigkeit des Übersetzens im Fremdsprachenunterricht (mit bilingualem Schüleranteil)     155

Dennis Scheller-Boltz

 

Schlesisches in einer deutsch-polnischen Minderheitenzeitung: Zu den Überschriften der „Krystofek“-Texte im „Schlesischen Wochenblatt“     171

Daniela Pelka

 

Einfluss des Deutschen auf die polnische Rechtssprache in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts        195

Felicja Księżyk

 

„Zweisprachiger Grenzvogel“ – René Schickele als Wegbereiter der literarischen Grauzone       211

Izabela Kurpiela

 

Bikulturelle Übersetzer polnischer Dichtkunst als Vermittler im polnisch-deutschen Kulturtransfer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts           225

Barbara Widawska

 

Editorial zur Reihe                      239

 

Zu den Autorinnen und Autoren       239

 

 

 

Zum Geleit

 

Eine fachliche Reflexion

 

Seit dem Schuljahr 1992/1993 wird an polnischen staatlichen Schulen im Oppelner Land Deutschunterricht angeboten. Die Zahl schnellte rasant in die Höhe. Im Schuljahr 2008/2009 sah der Lehrplan an bereits 187 Grundschulen einen zusätzlichen muttersprachlichen Deutschunterricht vor. Laut den Angaben des Kuratoriums in Oppeln nehmen 31% aller Schüler an diesem Unterricht teil.[1] Seither zeichnet sich nun durchgehend eine erfreuliche neue Tendenz ab: Viele Personen in Schlesien und eine beachtlich hohe Zahl an Studierenden des Oppelner Instituts für Germanistik  betrachten den Erwerb und den Ausbau der deutschen Sprache nicht mehr als Identitätsproblem, wie dies noch in der politisch aufgeregten Zeit der 1990er Jahre der Fall war. Eine solche Auffassung wurde seinerzeit zweifelsohne durch die Stimmung der Abrechnung mit der so genannten Repolonisierung schlesischer Gebiete nach 1945 forciert. Diese intendierte eine Hinführung zur polnischen Kultur bei Vernachlässigung oder auch Unterdrückung aller Bindungen an die deutsche Kultur, dabei zwangsläufig auch im sprachlichen Bereich. Mit der Unterrichtssprache Polnisch und dem Fach Geschichte und Literatur als polnische Nationalliteratur schien die Schule besser als andere Institutionen geeignet, die polnische Nation als Bild und Norm in allen Köpfen zu verankern. Deutsch als Schulfach wurde bis zu den Jahren der politischen Wende in Schlesien nicht mehr unterrichtet, weshalb die Tradierung der Sprache allein in Familien erfolgen musste, welche diesbezüglich allerdings bespitzelt und drangsaliert wurden.[2]

Längst aber betrachten heute viele Angehörige der deutschen Minderheit und insbesondere diejenigen, die am Institut für Germanistik in Oppeln studieren, nicht mehr Deutsch, sondern gerade Mehrsprachigkeit als identitäre Dimension, die ihre Identifikation mit Schlesien stiftet. Dieser Wandel ist in seiner meinungsbild- und wirklichkeitsverändernden Auswirkung hinsichtlich einer positiven Gestaltung deutsch-polnischer Beziehungen längst sichtbar und hörbar. Dies belegen nicht zuletzt jene Beiträge, die Oppelner Studierende – etwa im Rahmen von Praktika – für Printmedien, wie etwa Vitamin.de, für das im Jahre 1990 aus der Taufe gehobene Schlesische Wochenblatt, aber auch für die im Studio moderierte deutschsprachige Radiosendung Schlesien Aktuell[3] und für das 1992 begonnene Fernsehmagazin Schlesien Journal verfassen. Gerade junge Menschen sehen die Vorzüge einer plurikulturellen Identität der Region und wünschen sich, dass Bilingualität ihnen und den nachwachsenden Generationen neue Perspektiven für das Berufsleben eröffnet. So wird von Studierenden der deutschsprachigen Minderheit wie der polnischsprachigen Mehrheit am Institut zum einen der Stellenwert zweisprachiger Grundschulen in der Gesellschaft in den Vordergrund gehoben, zum anderen werden jedoch auch die wichtigen und erforderlichen Anstrengungen betont, eine zweisprachige Erziehung von Kindern und Jugendlichen vom Kindergarten an kontinuierlich zu fördern.[4] Weiterhin verfolgen viele Absolventen den Wunsch, später einmal als Sprachlehrer oder Fachlehrer tätig zu sein: Letzteres heißt, wie etwa in der bilingualen Gesamtschule in Rosenberg möglich, Teile des Lehrmaterials in der jeweiligen Fremdsprache zu unterrichten. So beschäftigen sich immer wieder Studierende mit dem Zweitspracherwerb im Kindergarten; manche haben bereits Stunden im Kindergarten übernommen und präsentieren in ihren Magisterarbeiten Vorschläge für Neukonzepte, da ihnen beispielsweise eine Arbeit mit Kindern zweimal pro Woche nicht ausreichend erscheint, oder sie reflektieren grundlegende Probleme der deutschen Sprache, deren Kenntnis sie potentiell zu begehrten Lehrern der oberen Klassenstufen macht.[5] Verfolgt werden aber auch die Tendenzen auf dem deutschen wie österreichischen und schweizerischen Arbeitsmarkt. Damit einher geht das Interesse der Studierenden an Zweitfächern, wobei sich gegenwärtig Jura, Psychologie, Kunstgeschichte, Internationale Beziehungen und angewandte Mathematik großer Beliebtheit erfreuen. Das Institut für Germanistik in Opole setzt auf eine aktive Kultur- und Sprachpolitik, die sehr wahrscheinlich auch dazu beitragen kann, das vieldiskutierte Überleben der Minderheit in Oppeln zu sichern. Zugleich wendet es sich an die junge Generation der polnischsprachigen Mehrheit in Polen. Die Beiträge des Institut für Germanistik zur Kulturpolitik der Region und die Kooperation mit regionalen Partnern spiegeln eine Reihe von studentischen Projekten wider, die ein wirkliches allgemeines Publikum stets in Betracht ziehen und von denen einige wenige hier ebenfalls nur angeführt seien.[6] Die Mitarbeiter des Instituts versuchten mit Projekten auf die Öffentlichkeit einzuwirken und dies vor allem in der Weise, dass sie dabei das öffentliche Leben thematisch einbezogen. Und nicht zuletzt seien an dieser Stelle auch die Forschungsarbeiten des akademischen Nachwuchses angeführt, die zumeist im trafo Wissenschaftsverlag in Berlin erscheinen und zuvor auf Konferenzen in Polen, Deutschland, Ungarn und der Slowakei präsentiert und diskutiert werden.

Dies alles geschah auf engagierte Weise und blieb im gesellschaftlichen Leben in Opole nicht unbeachtet. Natürlich reflektieren auch wir die neue Situation, die mit der Verordnung des Bildungsministeriums vom 23. März 2009 die Organisation des Fremdsprachenlernens entscheidend veränderte. Mit dem Schuljahr 2009/2010 startet der Fremdsprachenunterricht als Pflichtfach bereits in der ersten Klasse der Grundschule mit insgesamt 190 Wochenstunden für die erste Bildungsphase, während im Gymnasium der Erwerb von zwei Fremdsprachen vorgesehen ist. Im dreijährigen Zeitfenster des Gymnasiums gewährt der Gesetzgeber 450 Stunden für zwei Fremdsprachen. Deren Verteilung bleibt der jeweiligen Schulleitung überlassen, die ihren konkreten Fond an Sprachlehrern, die Wünsche seitens der Eltern und wohl auch die politischen wie wirtschaftlichen Trends zu berücksichtigen hat. Beide Sprachen werden dann auch in den Oberschulen angeboten, wodurch eine gewisse Kontinuität des Sprachenerwerbs gesichert wird.[7] Wie generell in Polen und in Europa sichtbar, ist Englisch die am häufigsten gewählte Fremdsprache. Deutsch belegt Platz zwei. Das Institut für Germanistik in Opole hat darauf flexibel reagiert und bietet seit dem Jahre 2009 die Fächerkombination Germanistik/Anglistik an. Nicht selten beschäftigen sich die Studierenden im Rahmen ihrer Magisterarbeiten mit Anglizismen in der deutschen Sprache und berühren Fragen der Konkurrenz- bzw. Transfernachbarschaft zwischen beiden Sprachen.

Die Aufmerksamkeit, die gegenwärtig dem politischen Ziel eines Studiums in der Muttersprache gewidmet ist, ist bekannt. Womöglich besteht ein Widerspruch zwischen wohlgemeintem politischem Postulat und theoretischer Problematisierung[8]. Vielleicht sprechen wir etwas zu sorglos von Bilingualität bzw. einem Studium in der Muttersprache, wobei es sich bei Muttersprache um einen Terminus in europapolitischer Bedeutung handelt, der oft mit Emotionen belastet ist und nicht immer die oftmals nicht vergleichbare Geschichte von Sprachen der Minderheiten in Europa abbilden kann. Die heikle Frage ist die nach den Kriterien, anhand derer man von Muttersprache spricht. Es ist wenig wahrscheinlich, dass Kinder der deutschen Minderheit aufgrund zurückliegender Geschichte – die Dinge sind zu bekannt, als dass sie an dieser Stelle breit ausgeführt werden müssten – heute mit Deutsch als ihrer Muttersprache aufwachsen. Das Unter-Strafe-Stellen des Deutschen nach 1945 führte bekanntlich dazu, dass zwei Generationen, die Gruppe der zwischen 1940 und 1970 Geborenen und die Gruppe der nach 1970 Geborenen, keine ausgebauten Sprachkenntnisse aufbauen und an die sich anschließende Gene­ration weitergeben konnten. Heute gibt es junge Mütter, die sich gezielt und konsequent um eine Zweisprachigkeit ihrer Kinder bemühen, zumal die frühkindliche Bildung wichtig ist, worüber auch die Fernsehsendung Schlesien-Journal wiederholt berichtete.[9] Dennoch aber zeigen die dort präsentierten Beispiele, dass die starke Sogwirkung eines komplett polnischsprachigen Umfelds auf die Häufigkeit wirkt, mit der Deutsch als Mutter- oder Fremdsprache gesprochen wird. Die Übertragung (muttersprachlicher) polnischer Strukturen auf die deutsche Sprache offenbart sich – der Sprachsituation der Heranwachsenden gemäß – auch bei den von Mitarbeitern des Schlesien-Journals besuchten Kindern und Jugendlichen, die eine frühkindliche Sprachförderung in der deutschen Sprache im Kindergarten und später in der Schule erfahren. Eine jüngst durchgeführte soziologische Untersuchung der deutschen Minderheit zur Thematik von Identität und Geschichte hob noch einmal deutlich hervor, dass die Deutschen zu Hause Schlesisch sprechen, wobei allerdings die Hälfte der repräsentativ Befragten ausgezeichnete Deutschkenntnisse aufweist und – was hiermit zusammenzuhängen scheint – über einen mittleren Bildungs- oder Hochschulabschluss verfügt.[10] Dies bestätigt unsere Erfahrungen mit dem Spracherwerb, die hierfür ebenfalls ausschlaggebend scheinen. Auch Jutta Limbach hatte jüngst unter Berufung auf Hans Joachim Meyer unterstrichen, dass eine gelingende Kommunikation vom Grad der sprachlichen Kompetenz abhängt, wobei nicht allein die Kenntnis von Vokabeln über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, ob sich Absolventen als gleichwertige Partner im Austausch von Ideen, Gedanken und Projekten zu behaupten vermögen. Wenn man in die „höheren Diskurswelten“ von Partnern sozusagen aufsteigen möchte, muss man in deren „sprachlich kodierten Begriffen, Bildern und Vorstellungen denken können, die ihrerseits Teil eines bestimmten geschichtlich gewachsenen kulturellen Zusammenhangs sind“.[11] Diese in der Fremdsprachengermanistik überhaupt und deshalb ebenfalls in der polnischen seit längerem beheimatete Erkenntnis wird den Oppelner Studierenden in zahlreichen Lehrveranstaltungen bewusst vermittelt und weitergegeben, da Seminare und Vorlesungen in den Fächern Sprachgeschichte, Semantik, Kulturwissenschaft, Literaturwissenschaft, Translatorik ihnen eine solche Verständigung ermöglichen. Zwar hat die deutsche Sprache die Studierenden an unserem Institut immer schon in einem spezifischeren Sinne affiziert als sich dies in den grundsätzlichen und selbstverständlichen Beziehungen zwischen polnischer Sprache und Öffentlichkeit zeigt. Zwar bringen viele Studierende von Haus aus und durch schulische Bildung bereits einen beträchtlichen Wortschatz mit, der manchmal jedoch schlicht pragmatisch am eigenen Lebensumfeld orientiert ist, aber nicht immer reflektierenden Ansprüchen genügt. Mitunter herrscht zunächst auch erst einmal Sprachlosigkeit, wenn sich herausstellt, dass die von den Lehrgegenständen geforderte Sprache der Aneignung und Auseinandersetzung von anderer Qualität ist als das bisher vertraute Deutsch.

Es ist von herausragender Relevanz, bei allem Rufen nach neuen Studienprofilen, wie der gegenwärtig am Institut für Germanistik der Universität Opole eingeführten Translatorik, darauf zu achten, dass die deutsche Sprache nicht als Instrument internationaler Kommunikation festgelegt und auf diese reduziert wird, sondern dass Deutsch seine Stellung als wichtige Kultursprache mit einem anderen sprachlichen und kulturellen Universum ebenfalls behauptet. Aus diesem Grunde wird am Institut für Germanistik in Opole sehr viel Wert darauf gelegt, dass Sprache Erfahrungen und Bewusstseinsmöglichkeiten verschiedener Epochen vermittelt, die man zu übersetzen lernen kann. Einführungen in die Terminologiearbeit dienen der Ausbildung und Fortbildung einer Terminologie, die Ansprüchen wissenschaftlicher Reflexion genügt. Mit den erworbenen Ausdruckmitteln konkreter Fachfelder entscheiden sich die besten Absolventen, den herausfordernden Weg einer Promotion zu gehen.

Die Arbeit des Instituts ist jenseits der Kontroverse Muttersprache/Erstsprache/Zweitsprache wichtig für die bedeutsame Stärkung des Deutschen in der Region. Das Bildungsziel, Deutsch als eine Fremdsprache zu vermitteln, das der sprachlichen Vielfalt in Schlesien verpflichtet ist, entspricht auch dem Ziel der Europäischen Union, die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu wahren.

 

Maria Katarzyna Lasatowicz

(Uniwersytet Opolski)


 

[1]         Vgl. A. Popiołek: Materialien vom Kuratorium in Oppeln, S. 1, präsentiert von Halina Bilik während der im Jahre 2009 vom Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit organisierten Konferenz in Oppeln. Gegenwärtig lernen etwa 24.000 Kinder in Polen Deutsch als Minderheitensprache; die Mehrheit von ihnen ist im Oppelner Schlesien ansässig.

[2]         Siehe dazu Maria Katarzyna Lasatowicz: Zur Dynamik sprachlicher Wirklichkeiten im Raum Oberschlesien. In: Oppelner Beiträge zur Germanistik, Bd. 5, 2002, S. 772 sowie die breite Fachliteratur zu dieser Thematik, z.B. Matthias Weinberg / Dieter Blumenwitz (Hg.): Schutz der deutschen Minderheit in Polen nach den Weltkriegen, Frankfurt a.M. 1997, Matthias Kneip: Die deutsche Sprache in Oberschlesien. Untersuchungen zur politischen Rolle der deutschen Sprache als Minderheitensprache in den Jahren 1921–1998, 2. Aufl., Dortmund 1999. Für den konkreten Niederschlag jener Jahre der Sprachrepression s. auch Maria Katarzyna Lasatowicz / Daniela Pelka: Sprachbiographien in Oberschlesien, Berlin 2012.

[3]         Diese Radiosendung wird von Radio Opole seit dem 15. April 1998 gesendet. Sie informiert insbesondere über deutsch-polnische Beziehungen, wobei als Formate Kommentare, Interviews, Reportagen und Nachrichten genutzt werden. SKGD = Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (Hg.): 20 Jahre der SKGD im Oppelner Schlesien, 2009, S. 281.

[4]         Dabei werden auch Erfahrungen an den Schulen in Südschleswig berücksichtigt, wo Deutsch und Dänisch auf Muttersprachennnivau gelehrt werden. Hingewiesen wird allerdings auch in Magisterarbeiten unserer Studierenden auf die mit den schlesischen Verhältnissen nicht vergleichbare deutsch-dänische Beziehungsgeschichte. Ein Nestor der Förderung frühkindlicher Zweisprachigkeit, genauer der Mehrsprachigkeit, durch immersive KiTas ist zweifelsohne der Anglist und Sprachforscher Wode Henning: Mehrsprachigkeit durch bilinguale Kindergärten. Warum sollte man sie einrichten? Wie sind sie zu organisieren? Was leisten sie? Kiel 2000, ders.: Zukunftschancen für Kinder. Ich kann zwei Sprachen. Verein für frühe Mehrsprachigkeit an Kindertageseinrichtungen und Schulen, Kiel 2004, ders: Leitfaden für die Entstehung eines zweisprachigen (bilingualen) Kindergartens, Kiel 2006.

[5]         So entstanden in den vergangenen Jahren Magisterarbeiten mit linguistischen Analysen der Sprache in der Anzeigenwerbung, Untersuchungen zu Sprachfehlern polnischer Schüler im Deutschunterricht, Studien zu deutschen Sprachinseln in Polen, Betrachtungen zu Sprachspielkreationen beim Sprücheklopfen, etwa wenn es um die populären Kalt- und Warmduschersprüche geht. Der Status der Pronomina in den Grammatiken der deutschen Sprache wurde ebenso untersucht wie stilistische Mittel beim Ausdruck sprachlicher Aggressionen bei insbesondere von Jugendlichen verfolgten populären Gerichtsprozess-Inszenierungen im deutschen Unterhaltungsfernsehen.

[6]         Siehe auf der Institutsseite des Oppelner Instituts die Rubrik Studentische Projekte, die Studierende gemeinsam mit den anleitenden Wissenschaftlern beschrieben.

[7]         SKGD = Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (Hg.): 20 Jahre der SKGD im Oppelner Schlesien, 2009, S. 260.

[8]         So changiert in der Forschung die Begriffsverwendung zwischen Erstsprache, Zweitsprache, Begeg­nungssprache, Mehrheiten- und Minderheitensprache, Muttersprache und Fremdsprache. Immer wieder hat die jüngere Forschung auf die Vielschichtigkeit der Definition von Muttersprache hingewiesen und sich von alten Einfachheiten im Geiste der Einheitssprachenideologie abgegrenzt. Siehe hierzu Claudia Maria Riehl: Sprachkontaktforschung. Eine Einführung, Tübingen 2004, S. 153. Weit entfernt vom alten Sprachnationalismus – s. hierzu die Untersuchung von Anja Stukenbrock: Sprachnationalismus. Sprachreflexion als Medium kollektiver Identitätsstiftung in Deutschland (1617–1945), Berlin 2005 – unterstreicht die neueste Forschung unter Berufung auf Arbeiten von Skutnabb-Kangas, der finnische Kinder in dänischen Schulen untersuchte, neue theoretische Zugänge zum Begriff Muttersprache. Diese sind: „Herkunft: die Sprache(n), welche man zuerst lernte, Kompetenz: die Sprache(n), die man am meisten gebraucht und Identifikation: a) internal, die Sprache(n), mit der man sich identifiziert, b) external, die Sprache(n), durch die man bei anderen als muttersprachig identifiziert wird“. Siehe auch Rico M. Cathomas: Schule und Zweisprachigkeit. Immersiver Unterricht: Internationaler Forschungsstand und eine empirische Untersuchung am Beispiel des rätoromanisch-deutschen Schulmodells, Münster 2005.

[9]         Siehe etwa die Sendung vom 17./19.1.2011, 30.9.2011 und 15.11.2011.

[10]       Die Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln. Fragen und Antworten. Soziologische Untersuchung der Mitglieder der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien. Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit im Auftrag der Universität Osaka, 2010 [online unter www.haus.pl].

[11]       Jutta Limbach: Hat Deutsch eine Zukunft? Unsere Sprache in der globalisierten Welt, München 2008, S. 27.