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Volker Schobeß (Hrsg.)
 

 

Die Lübbener Jäger. Das Brandenburgische Jäger Bataillon Nr.3 1743-1945.

200 Jahre Soldatenstadt Lübben im Spreewald. Ein truppen- und heimatgeschichtliche Schau von Joachim Schobeß

 

2016, 180 S., mehr als 110, zum großen Teil farbige Abb., ISBN 978-3-86464-020-9, 29,80 EUR

 

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Joachim Schobeß

Ein ehemaliger Soldat im Dienste von Wissenschaft und Forschung

Als Joachim Schobeß im Jahre 1941 die Garnison- und Kriegsgeschichte der Lübbener Jäger zu verfassen begann, hielt er sich dienstlich in Danzig auf und leitete dort eine Heeresbibliothek.

Joachim Schobeß wurde am 22. April 1908 als Sohn des Oberförsters Ewald Schobeß in Lübben geboren. Nach Abschluss der Volksschule begann er in seiner Heimatstadt eine Lehre als Buchbinder. In dieser Zeit schloss er sich der Jugendbewegung „Wandervogel“ an. Danach trat er als 18jähriger der Reichswehr bei und diente dort zwölf Jahre. Seine Einstellung erfolgte am 1. November 1926 in der 16. Kp. beim Ersatz- und Ausbildungs-Bataillon 8 (IR 8), das in Lübben stationiert war.

Als Obergefreiter wurde Schobeß zum Besuch der Unteroffizierschule nach Potsdam abkommandiert. Er blieb in Potsdam, lernte dort seine spätere Ehefrau Hildegard, die Tochter des bekannten Stabsmusikmeisters Walter Harmens kennen und gründete eine Familie, aus der zwei Söhne hervorgingen. Zu dieser Zeit diente er in Potsdam bei der 3. Nachrichten-Abteilung in der 23. Berlin/Brandenburgischen-Infanterie-Division (23. ID). Im Jahre 1930 erlebte er als Sanitäts-Unteroffizier, nach einem Truppenmanöver in Thüringen, einen schweren Autounfall. Von den 8 Insassen verloren
5 Mann ihr Leben, 3 weiter Soldaten wurden schwer verletzt. Schobeß hatte Glück, da er nur eine schwere Gehirnerschütterung erlitten hatte. Nach Beendigung der 12 Dienstjahre im Reichsheer („Zwölfender“) meldet er sich freiwillig zur Wehrmacht. 1938 bekleidet er den Rang eines Sanitäts-Oberfeldwebels bei der sich inzwischen 23. Nachrichten-Abteilung nennenden Truppe. Nach dem Besuch einer Heeres-Fachschule, mit dem Ziel Heeresbeamter zu werden, machte Schobeß seinen Abschluss als Bibliothekar. Nach der Beteiligung am Polen- und Frankreich-Feldzug erfolgt 1941 die Versetzung nach Danzig, wo er als Leiter einer größeren Wehrmachtsbibliothek tätig wurde. 1943 kommt Schobeß zum Fronteinsatz nach Russland. Hier diente er wieder in einer Sanitäts-Abteilung des Heeres, zuletzt als Stabsfeldwebel (Hauptfeldwebel). Im Sommer 1944 geriet er bei der Heeresgruppe Mitte in Rumänien in sowjetische Kriegsgefangenschaft und kam nach Sibirien in ein Waldlager. 1948 aus der Gefangenschaft entlassen, kehrte Schobeß zu seiner Familie nach Potsdam zurück.

Als ehemaliger Berufssoldat hatte Joachim Schobeß kaum Berufschancen, um sich ein neues Leben aufzubauen. Ehemalige Kameraden verhalfen ihm aber zu einer Stelle als Krankenpfleger im Städtischen Krankenhaus. Danach arbeitete er sogar als Nachtwächter in Potsdam. Schobeß hatte inzwischen eine Familie mit 3 Kindern zu ernähren, da noch eine Tochter als Nachkömmling zur Welt gekommen war. In dieser Zeit wurde er Mitglied in der National-Demokratischen-Partei-Deutschlands (NDPD), in deren Reihen sich u.a. viele ehemalige Berufssoldaten befanden. Von Dr. Otto Korfes, ehemals Generalmajor, Stalingradkämpfer und Parteifreund, bekam er das Angebot, sich am Aufbau der Kasernierten Volkspolizei (KVP) zu beteiligen. Dieses Angebot schlug Schobeß nach langer Überlegung aus. 1950 vermittelten wieder ehemalige Kameraden Schobeß eine Stelle bei der Brandenburgischen Landes- und Hochschulbibliothek, als Leiter der Abteilung „Brandenburgica“. Endlich hatte er wieder, seinen Neigungen entsprechend, beruflich Fuß gefasst. Als erster Initiator bearbeitete er die Bibliografie „Brandenburgische Literatur“ für den Zeitraum von 1945–1962.

Danach wurde er bis September 1980 (!) Direktor des „Theodor-Fontane-Archivs“ in Potsdam. Schobeß ist es gelungen, nachdem zwei Drittel der alten Archivbestände kriegsbedingt zerstreut oder verloren waren, das Fontane-Archiv besser als je zuvor neu aufzubauen. Der Aufbau des Fontane-Archivs wurde zu seiner zweiten Lebensaufgabe. 1965 sind von ihm die „Fontane-Blätter“ ins Leben gerufen worden. Nicht zuletzt durch viele eigene Publikationen und Symposien ist das Archiv zu einem internationalen Zentrum der Fontaneforschung geworden. Die Wiedervereinigung Deutschlands hat der engagierte Fontanefreund Joachim Schobeß nicht mehr erlebt, er verstarb am 9.3.1988 in Potsdam.

Schobeß besaß wohl kaum Kriegsauszeichnungen (Kriegsverdienstkreuz), aber viele zivile Ehrungen, die er nach dem Krieg erhalten hatte. Hier nur die wichtigsten, wie die Johannes-R. Becher-Medaille, die Fontane-Plakette und den Vaterländischen Verdienstorden. Von der Deutschen Staatsbibliothek wurde ihm noch im hohen Alter der Ehrentitel „Bibliotheksrat“ verliehen. Viele, die mit Schobeß dienstlich zu tun hatten, berichteten später, dass man ihm den alten Soldaten immer angemerkt hat. Die Erziehung hatte also Spuren hinterlassen, immer korrekt, voll engagiert, pflichtbewusst und diszipliniert! In dem Roman „Ein weites Feld“ setzte Günter Grass, in Form von Zwiegesprächen, dem damaligen Leiter des Fontane-Archivs (Schobeß als „Fonty“) ein bleibendes Denkmal.

 

Das mit Schreibmaschine verfasste Manuskript über die Lübbener Jäger überlebte den Krieg, weil die Mutter von Joachim es versteckt hatte. Als Joachim Schobeß sein Manuskript in den Magazinbestand der Landes- und Hochschulbibliothek einsortieren wollte, wo er ja beschäftigt war, musste es wieder aussortiert werden. Das Manuskript wurde daraufhin im Staatsarchiv Potsdam, als unliebsame Literatur, unter Verschluss gehalten. Aus Anlass seines 70. Geburtstages, immer noch als Direktor des Fontane-Archivs tätig, schenkte ihm der Leiter der Staatsbibliothek sein eigenes Manuskript in Kopie zurück. Freilich mit dem Hinweis, nur für den Privatgebrauch! Als nun kürzlich der Sohn von Schobeß das Manuskript ebenfalls im Magazin der Landesbibliothek hinterlegen wollte, riet ihm sein langjähriger Verleger vorläufig davon ab. Der Plan war schnell gefasst, wir veröffentlichen das Manuskript und nehmen daran auch keinerlei Veränderungen vor. Wenn die Schrift die wechselvollen Zeiten bis heute überstanden hat, dann sollte sie nun auch endlich veröffentlicht werden! Unverkennbar atmet das Manuskript freilich auch den kriegerischen Geist der Zeit, in der es geschrieben wurde. Unbesehen dessen, lässt sich der Inhalt heute vielleicht besser deuten, wenn man etwas über das Leben von Joachim Schobeß erfahren hat. Die militärgeschichtlichen Quellen mit den vielen heereskundlichen und stadtgeschichtlichen Hinweisen zu Lübben, die Joachim Schobeß noch benutzt hat, sind uns nicht mehr bekannt. Vermutlich sind die entsprechenden Archivalien im Krieg für immer verloren gegangen. Um so wichtiger erschien es dem Herausgeber, die Geschichte der Lübbener Jäger für spätere Generationen in Form eines Buches zu bewahren. Dazu wurde reichliches Bildmaterial zusammengetragen. Die meisten Abbildungen stammen hauptsächlich von Otto Rasch, dem Bewahrer der Lübbener Jägertradition.

 

Volker Schobeß, Potsdam 2015

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

Die kursächsische Zeit 1743 bis 1815                      13

   Die erste Erwähnung als Garnison                       13

   Das Infanterie-Regiment Graf Brühl                     15

   Das Prinz-Albrecht-Chevaulegers-Regiment           21

 

Die preußische Zeit 1815–1919                              45

   Die Husaren-Regimenter 8 und 10, die Infanterie-Regimenter 16, 24 und das Leib-Grenadier-Regiment   45

   Das Brandenburgische Jäger-Bataillon Nr.3           50

      1815–1864                                                   50

      Der Feldzug 1864                                          59

      Der Feldzug 1866                                          67

      Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71           76

      Lübben und die Jäger in vierzig Friedensjahren  85

      Das Musikkorps des Jäger-Bataillons 3            102

      Die Maschinen-Gewehr-Abteilung 7                 106

   Das Brandenburgische Jägerbataillon im Weltkrieg 1914/18    109

      Die ersten zwei Kampfjahre, stürmischer Vormarsch    109

      Soissons, Stellungskämpfe, Feldzug gegen Serbien     113

      Die Hölle von Verdun                                   116

      Einsatz als Jäger-Sturm-Bataillon                    122

      Angriffserfahrungen mit dem Jäger-Sturm-Bataillon Nr.3    126

      Das Reserve-Jäger-Bataillon Nr.3                   132

 

ANHANG 139

   Joachim Schobeß bei der 3. (Pr.) Nachrichten-Abteilung Potsdam-Nedlitz 1928–1938        139

   Nachbetrachtung: 1918–1945                           145

   Lübben und sein Militär in weiteren Bildern          149

   Bildnachweis und Zusatzliteratur                        177

 

 

Leseprobe

 

Die kursächsische Zeit 1743 bis 1815

Die erste Erwähnung als Garnison

Lübben im Spreewald war im Mittelalter zwischen Berlin und Cottbus der einzige Übergang über die Spree. Hier kreuzten sich die alten Handelsstraßen Breslau – Berlin und Frankfurt – Leipzig. Auf dem Schloß saß der Burggraf, eine rechte Verkörperung des Wehrwillens, der seit jeher in den Mauern unserer Vaterstadt eine Heimstätte fand.

Lübben kam im Prager Separatfrieden 1635 mit der Lausitz von Böhmen an Kursachsen, das seit 1681 ein Stehendes Heer unterhielt. Die sächsischen Truppen standen bis 1717 dauernd im Felde. Sie kämpften auf allen Schlachtfeldern Europas. Bedingt durch die polnische Politik des sächsischen Königshauses seit August dem Starken wurde, wie so oft in unserer Geschichte, kostbares deutsches Blut für undeutsche Belange vergossen. Infolge seiner geographischen Lage konnte sich Sachsen und somit auch die Lausitz in den folgenden Jahrzehnten aus den Kämpfen nicht heraushalten. In den Auseinandersetzungen zwischen Friedrich dem Großen und Maria Theresia, den beiden großen deutschen Führernaturen des 18. Jahrhunderts, wurde das Land wiederum in die Kriegswirren hineingerissen. In diesen Kriegen, die durch den Sieg Friedrichs des Großen auf dem Wege über Preußen-Deutschland, seine spätere Größe erlangte, stritt auch die Truppe unserer Stadt tapfer, aber oft unglücklich in vielen Schlachten.

Im Jahre 1727 bereits wird Lübben als Standort erwähnt. Es handelte sich um eine Kompanie des Hauptmanns Baron von Rochau. Ein Jahrzehnt später liegen Teile des 1712 gegründeten Regiments
2. Garde zu Fuß in der Stadt, dessen ständige Garnisonen 1721 Großenhain, 1730 Guben und 1743 Herzberg waren. 1748 wurde dieser Truppenteil aufgelöst und auf die Regimenter Königin, Prinz Clemens und Graf Brühl verteilt.

 

Das Infanterie-Regiment Graf Brühl

Mit dem Jahre 1743 wird Lübben nachweisbar dauernd Truppenstandort. Mit Stolz kann die alte Soldatenstadt 1943 auf eine zweihundertjährige militärische Tradition zurückblicken.

In dem genannten Jahre wurden das Stabsquartier und die 2. Kompanie des 1741 errichteten sächsischen Infanterie-Regiments Graf Brühl nach Lübben verlegt. Die Soldaten trugen weiße Uniformröcke mit krapprotem Kragen, bis 1765 gelbe, später weiße Knöpfe. Hüte bzw. Bärenmützen bildeten die Kopfbedeckung. Teile dieses Regiments befanden sich bis 1778 in der Spree­waldstadt. Die Chefs des Regiments waren bis 1763 General Graf Brühl, anschließend Oberst Heinrich Graf Brühl, ab 1764 Generalmajor von Borke und ab 1775 von Carlsburg, deren Namen jeweils das Regiment, der Sitte der damaligen Zeit entsprechend, führte. Der erste Kommandeur war Oberst von Minckwitz, dem Oberst von Bolbritz (1744 bis 1756) folgte. Teile des Regiments lagen ferner in Guben und Pförten, später noch in Sorau und Spremberg.

Bevor der Truppenteil in die Lausitz verlegt wurde, stand er 1742 bei Dresden. In diesem Jahre wurden Mannschaften zur Errichtung eines neuen Infanterie-Regiments durch den Oberst Graf Bellegarde abgegeben. Als im Jahre 1743 ein mobiles Korps von etwa 15.000 Mann unter dem Grafen Rutowski aufgestellt wurde, gehörten auch die Brühl-Musketiere und -Grenadiere zu diesem Verband. Die Sollstärke dieses Regiments setzte sich wie folgt zusammen:

  1 Oberst                                    12 Leutnants

  1 überzähl. Oberst                      14 Unterleutnants

  1 Oberstleutnant                        10 Fähnriche

  2 Majore                                   36 Sergeanten

  2 Regts.-Quartiermeister             10 Fahnenjunker

  2 Adjutanten                             12 Fouriere

  1 Auditeur                                 60 Korporale

  1 Regts.-Feldscher                      36 Tambours

  1 Hoboist                                    4 Pfeifer

  1 Regts.-Tambour                      14 Zimmerleute

  1 Profoß                                 152 Grenadiere

12 Kapitäne                             700 Musketiere

Insgesamt betrug die Stärke       1.104 Mann.

 

1744 erfolgte die Zusammenziehung des größten Teils der sächsischen Armee, darunter auch 1 Bataillon Regiment Graf Brühl, bei Adorf. Im folgenden Jahre wurden alle in ihren Garnisonen zurückgelassenen Truppen, zu denen auch ein weiteres Bataillon Graf Brühl gehörte, zur Verstärkung der Armee nach Böhmen in Marsch gesetzt. Es traf am 26. Mai 1745 beim sächsischen Heer ein. Beide Bataillone unterstanden mit dem Regiment Xaver und der 1. Garde dem Generalmajor von Haxthausen.

Das Regiment stand in der Folge mit anderen Truppen in Meißen, um gegebenfalls einen preußischen Angriff aus der Lausitz abzuwehren. Am 4. Juni 1745 erlitten die österreichische und sächsische Infanterie bei  Hohenfriedeberg durch die berühmt gewordene preußische Reiterattacke schwere Verluste. Die preußische Kavallerie, die während des Ersten Schlesischen Krieges bei Mollwitz versagte, weil sie damals über zu schwere Pferde verfügte, heftete nunmehr den Siegeslorbeer an ihre Standarten. Am 15. Februar 1745 wurden die sächsischen Truppen, mit ihnen auch das Regiment Graf Brühl, in der Schlacht bei Kesselsdorf von dem Exerziermeister der preußischen Armee, dem Alten Dessauer, geworfen.

In den darauffolgenden Friedensjahren konnten die bisherigen Standorte wieder bezogen werden. Doch nicht allzulange sollte diese Zeit der Ruhe währen. Die Politiker, besonders der rührige sächsische Ministerpräsident Graf Brühl, schmiedeten insgeheim Einkreisungspläne, um Friedrich den Großen um die Früchte seines Sieges zu bringen. Friedrich, rechtzeitig von den Plänen seiner Gegner unterrichtet, schlug zu, bevor sie zum konzentrischen Angriff übergehen konnten. ...