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Liebscher, Heinz
Soziale Visionen. Ideen von gestern und heute für morgen?
2012, 252 S., ISBN 978-3-86464-012-4, 24,80 EUR
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Zum Inhalt Seit sich die Menschen ihrer Existenz als denkende Wesen bewusst geworden sind, haben sie sich mit den sozialen Verhältnissen beschäftigt, unter denen sie lebten und wie zufrieden oder unzufrieden sie mit ihnen waren. Aus dem damit verbundenen sozialen Spannungsverhältnis sind über Jahrhunderte hinweg immer wieder Ideen entwickelt worden, deren Verwirklichung geeignet sein sollten, eine harmonische Fortentwicklung der menschlichen Art zu sichern. Wie sich gezeigt hat, vermochte sich keine der einst hehren sozialen Visionen auf längere Zeit zu verwirklichen. Auch die mit großem theoretischem Aufwand im 19. Jahrhundert entwickelten Vorstellungen vom Entwicklungsweg zu einer sozialistischen Gesellschaft haben sich im ganzen europäischen Raum trotz jahrzehntelanger Anfangserfolge im 20. Jahrhundert nicht realisieren lassen; jedenfalls nicht in den jeweils angestrebten Ausgestaltungen. In einem ersten Hauptteil ERINNERUNGEN AN GESTERN wird diese Ideenentwicklung skizziert und kritisch bewertet. Das zweite Kapitel des Buches macht in Schriften bedeutender heutiger Fachleute und kluger Zeitgenossen niedergelegte Ansichten bekannt. Heinz Liebscher ist Wissenschaftler, bedient sich aber einer allgemein verständlichen Sprache. Dabei geht er schwierigeren Themen keineswegs aus dem Wege und ist nicht darauf erpicht, mit seinen Ansichten allgemeine Zustimmung zu erlangen. In seinen Analysen vorgestellter Ansichten anderer sind stets angemessener Respekt und kritische Sicht auf jeweilige Ideen zu spüren.
Inhaltsverzeichnis Vorwort 7 Einleitung 11 1. Wissenschaft und wissenschaftliche Theorien 11 2. Interpretation wissenschaftlicher Texte 17 Was konstituiert den Inhalt eines Textes? 18 Textinhalt und Interpretationsziel 21 Vom Nutzen wissenschaftshistorischer Dokumente 22
Teil I: Erinnerungen an gestern 27 1. Utopisches Denken: Ein Überblick 27 Platon (428–348), Aristoteles (384–322) 30 Thomas More (1478–1535) 35 Tommaso Campanella (1568–1639) 37 Robert Owen (1771–1858) 40 2. Wissenschaftlicher Sozialismus im Sinne von Karl Marx und Friedrich Engels 45 2.1 Materialistische Geschichtsbetrachtung 46 Objektive soziale Gesetzmäßigkeiten 47 Historischer Materialismus 52 Enstellungen und Fehldeutungen 72 2.2 Die sozialistische Gesellschaft 77 Die Lage der arbeitenden Klasse in England 78 Grundsätze des Kommunismus 88 Das Manifest der Kommunistischen Partei 97 Pariser Kommune 101 Kritik des Gothaer Programms 109 3. Eine Weiterentwicklung der marxistischen Lehre durch Wladimir Iljitsch Lenin 117 Imperialismustheorie 117 Oktober 1917 – Signal einer Weltrevolution 136 Überlebenskampf und Neue Ökonomische Politik 158 Der frühe Anfang vom Ende 178
Teil II: Visionen für morgen 189 1. Einleitung oder: Was lässt sich zu diesem Thema sagen? 189 2. Auf dem Wege zu einer Koalition der Vernünftigen? 190 Jeremy Rifkin (geboren 1945) 190George Soros (geboren 1930) 200 Viviane Forrester (geboren 1927) 208 William Greider (geboren 1939) 214 Norman Birnbaum (geboren 1926) 220 3. Hoffnung oder Illusion 230 Ausblick 237 Kurzbiografie Heinz Liebscher 252 Vorwort Visionen, so nennt man ausgedachte, erträumte Bilder; soziale Visionen sind dann also Zukunftsbilder von unserer sozialen Welt. Davon ist in dieser Schrift die Rede, aber nicht im Sinne von Vorhersagen, nicht in gleichsam prophetischem Sinne, sondern als Geschichte tatsächlicher menschlicher Vorstellungen davon, wie es mit unserer menschlichen Welt, mit unsere Gesellschaft, im Verlaufe der jeweils kommenden Zeit weitergeht oder weitergehen könnte, wie sie sich vermutlich entwickeln wird oder sollte. Dabei muss beachtet werden, dass sich Menschen, wenigstens einige von ihnen, diese Frage schon seit mehr als zweieinhalbtausend Jahren gestellt haben. Heute, wo viel mehr Menschen als früher bewusst geworden ist oder durch die Medien bewusst gemacht wurde, drohen unserer Gesellschaft vielerlei und ständig wachsende Gefahren. Vor allem sind es natürliche Gefahren und deren Wirkungen wie Klimaveränderung, Bevölkerungswachstum, Erschöpfung der natürliche Energievorräte und Gefahren gesellschaftlichen Ursprungs selbst wie Kriege und Terrorismus, Arbeitslosigkeit und Sinnentleerung des menschlichen Lebens. Diese Lage sollte Veranlassung sein, uns damit vertraut zu machen, welche Ansichten über die Entwicklung unsere Gesellschaft es schon gegeben hat und welche Vorstellungen es davon heute gibt. Dem entsprechend besteht meine Schrift aus zwei Hauptteilen, denen eine Einleitung vorangestellt ist. In ihr wird erklärt, mit welchen wissenschaftlichen Fragen ich mich über Jahrzehnte hinweg beschäftigt habe und von welcher Warte aus daher an das Thema herangegangen wird. Dabei ist es bei einzelnen Fragen unvermeidbar, auch Urteile abzugeben, die meine Kompetenzen überschreiten. Allerdings geht dies mit der Überzeugung einher, dass solche (mit aller Vorsicht zu betreibende) Kompetenzüberschreitungen für jeden Wissenschaftler in steigendem Maße erforderlich wird, weil sich die Gegenstände der traditionellen wissenschaftlichen Disziplinen mehr und mehr verbinden oder überschneiden. Zugleich dringen übergreifende allgemeine wissenschaftliche Methoden wie besonders solche der Mathematik, der Systemtheorie und Kybernetik sowie der Informationswissenschaften in zunehmend mehr wissenschaftliche Bereiche ein. In der Wissenschaftstheorie und der allgemeinen Methodologie der Wissenschaften spricht man dabei von einer wachsenden Interdisziplinarität modernen wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens. In einem ersten Hauptteil des Buches erfolgt eine historische Rückbesinnung. Ich riskiere damit, die Ungeduld des Lesers herauszufordern, der vor allem am zweiten Hauptteil interessiert ist, in dem mit schon existierenden Gedanken zu möglichen künftigen Veränderungen unserer Welt bekannt gemacht wird. Ich nehme dieses Risiko in Kauf, weil es im ersten Teil nicht darum geht, früherer Ideen zur Umgestaltung der sozialen Welt zu feiern oder gar zu beweihräuchern, sondern schon früher beschrittene Wege des Denkens zu zeigen (oder in Erinnerung zu rufen) und Lehren sowohl aus früheren Misserfolgen wie auch aus Erfolgen zu ziehen. Ob der zweite Hauptteil nach dem Geschmack der Leser ausgefallen ist, halte ich nicht für sonderlich sicher. Denn da sich der Autor, wie alle Menschen, nur auf den Verstand und das Urteilsvermögen ihm bekannt gewordener einzelner Menschen sowie auf eigenen Verstand und Urteilsvermögen stützen kann, muss jede menschliche Voraussicht begrenzt sein. Prophetie gibt es nur innerhalb religiöser Überzeugungen, die dem Autor wegen seiner wissenschaftlichen Überzeugungen fremd sind. Mit meinem Text trete ich verbreiteten Tendenzen entgegen, Hoffnungen auf eine bessere soziale Welt resignierend aufzugeben. Ich berufe mich dagegen auf kluge und vernünftige Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sichtweisen, die in einer wesentlichen Haltung übereinstimmen: darin, dass ein grundlegender Wandel unserer Gesellschaft nicht allein unerlässlich, sondern auch möglich ist. Sofern es gelingen kann, Lehren aus der menschlichen Geschichte knapp zusammenzufassen, sollte dies m.E. am ehesten auf die folgende Weise geschehen können: Wer auch immer darauf aus ist, mit seinen Ideen und Bestrebungen den Menschen dienen zu wollen, muss vor allem Toleranz gegenüber allen verwandten Ansichten und Interessen üben, statt rechthaberischen, unversöhnlichen Kampf gegen fremd erscheinende Ansichten zu führen. Was dabei aus meiner Sicht unter solchen „verwandten Ansichten" zu verstehen ist, wird im zweiten Hauptteil erläutert werden. Einigen meiner Freunde, die mir den einen oder anderen Gedanken nahe gebracht und andere Ideen ausgeredet haben, bin ich zu Dank verpflichtet. Ganz besonders zu danken habe ich dem Sozialwissenschaftler Richard Sorg/Hamburg, der das Manuskript kritisch gelesen hat, wertvolle Hinweise gab und zahlreiche Korrekturvorschläge machte. Für den jetzigen Inhalt des Textes bin ich selbstverständlich allein verantwortlich. Die hier vorgelegten Textinhalte betreffen in wesentlichen Teilen wissenschaftshistorische und wissenschaftstheoretischer Themen sowie stattgefundene politische Ereignisse. Sie sollen dem Leser helfen, eigene Haltungen zu den behandelten Fragen zu entwickeln. Bei Druckerzeugnissen zu solchen Themen muss freilich stets damit gerechnet werden, dass bei ihrem Erscheinen längst Entwicklungen in Theorie und realer Welt geschehen sind, die einstige Vorstellungen des Autors relativieren oder ihnen gar widersprechen. In meinem Falle glaube ich allerdings zu erkennen, dass sich mehrere meiner Gedanken inzwischen als zutreffend herausgestellt haben. Ich denke dabei etwa an den wachsenden Einfluss von sozialen Organisationsformen, die sich neben den traditionellen Formen und unabhängig von ihnen (wie Parteien und staatlich gebundenen Einrichtungen) etablieren. Anders als noch vor wenigen Jahren steht solchen Organisationsformen auch ein äußerst wirksames Kommunikationsmittel in Gestalt des Internet zur Verfügung, das in einem bislang nicht gekannten Ausmaße soziale Kräfte zu mobilisieren vermag. Es wäre zu begrüßen, wenn solche neuen sozialen Organisationsformen das ihre dazu beitrügen, das Leben auf unserem Planeten in bessere Bahnen zu lenken! Heinz Liebscher Berlin, im November 2011
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