Lettke, Klaus

Von nun an ging's bergab. - Eine Erfolgsgeschichte des Aufschwungs

trafo verlag 2007, Kabarett-Texte und Geschichten, mit Karikaturen von Harald Kretzschmar und einem Nachwort von Lothar Kusche, 171 S., ISBN 3-89626-669-1, 17,80 EUR

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Nachwort von Lothar Kusche zum Buch

Beim Kabarett sind sogar die Autoren wichtige Leute, aber man sieht es ihnen nicht an. Wer weiß schon, wie Hans Rascher aussieht? Oder Klaus-Peter Schreiner? Bei den dichtenden und vortragenden Doppeltalenten ist das was anderes. Man kannte Werner Finck nicht nur an seiner Nase, und auch Dieter Hildebrandt ist leicht als solcher zu identifizieren.

Klaus Lettke kenne ich schon ziemlich lange, aber ich könnte ihn nicht ohne weiteres so beschreiben, wie es die Polizei schätzt, wenn sie Steckbriefe formuliert oder beim Entwurf sogenannter Phantom-Bildnisse.

Klaus Lettke ist weder ein Phantom noch ein Steckbrief-Objekt. Aus seinem Tabellarischen Lebenslauf 'erfahren wir, daß er am 15.12.1938 in Chemnitz geboren wurde, nach der Schule den Berufeines Elektromonteurs erlernte und ausübte. Er war Grenzpolizist, Sänger (Erich-Weinert-Ensemble), Fernstudent (Institut für Literatur in Leipzig), Redakteur (Zeitschrift „Eulenspiegel") und immer mal wieder Elektromonteur und lebt heute als freier Schriftsteller in Berlin.

Das wirklich auffällige an diesem Mann ist, daß er nicht wirklich auffällig ist - eine gute Voraussetzung für Menschen, die ihrem Beruf (oder ihrer Berufung) möglichst in Ruhe und relativ unbeschadet nachgehen wollen. Günstig scheint für einen Kabarett-Textdichter zu sein, daß er nicht nur Begabung zum Dichten von Kabarett-Texten hat, sondern auch Erfahrungen und Erfolge als Spieler und Sänger auf dem Brettl-Podium.

Man stolpere nicht über den Ausdruck, aber Lettke ist ein Gebrauchslyriker, wie der berühmte Erich Kästner einer war. Gebrauchslyriker produzieren Material - zur Benutzung und Weiterverwendung. 1990 schieb unser Autor: „Befreiung. Es war einmal ein dummes Schaf,/ das war jahrzehntelang stets brav./ Dann sagte es auf einmal: >Nein,/ich will und will kein Schaf mehr sein!</ Es machte seinen Hunden Beine/ und steht nunmehr im Dienst der Schweine." Klaus Lettke hat „unserer verehrten Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr damaliges Wirken als Umweltministerin ein Denkmal gesetzt", auf dessen Sockel die Worte prangen: „Wir halten gar nicht hinterm Berg; in jedes Dorf ein Kernkraftwerk! Unsere Losung: Atomenergie aus Braunkohle! Düngen Sie mit Atomschlacke, und Sie finden Ihren Blumenkohl auch im Dunkeln! In diesem Sinne: Vorwärts in eine strahlende Zukunft!"

Der Sketch „Ordnung muß sein" wurde 1991 verfaßt und ist heute, wie mir scheint, aktueller als damals. Unmöglich? Aber nein. Viele naive Leute in den sogenannten neuen Bundesländern haben erst ziemlich spät bemerkt, daß ihnen mitsamt der Wiedervereinigung nicht nur neue Steuern, verläßliche Preissteigerungen und eine anfangs unvorstellbare Arbeitslosigkeit geschenkt wurden, sondern auch eine Bürokratie von so verzwickter Strukturierung und solchem Ausmaß, wie es sich die arme DDR gar nicht leisten konnte.

Von ähnlich prophetisch-satirischer Qualität ist vieles auf diesen 170 Seiten, beispielsweise „Die Polizei rät", Kavaliersdelikt" und die Beschreibung des Ausflugs einer nur gedämpft denkenden Familie ins brandenburgische Tropical Island, wo einst clevere Hochstapler die legendären Cargo-Lifter zu bauen versprachen und dafür ebenso gigantische Fördergelder in ihre Schatullen beförderten wie jene Taschenspieler, die heutzutage kleinen und großen Spießern eine illusionäre Erholung mit Papp-Palmen, Sonnenaufgängen aus der Steckdose und überteuerten Erfrischungen andrehen. Die Subventionen fließen weiter. Wer gut schmiert...

Nicht zufällig ist es dem Klaus Lettke gelungen, das Kürzel BRD glaubwürdig zu entschlüsseln: Beamtenrepublik Deutschland.