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John, Matthias

Im Geruch eines Bombenwerfers – Johann Most und seine Beziehungen zu Glauchau, einem Zentrum der sächsischen und deutschen Arbeiterbewegung

trafo verlag 2007, [= BzG – Kleine Reihe Biographien, Bd. 9], 122 S., zahlr. Abb., ISBN (10) 3-89626-510-5, ISBN (13) 978-3-89626-510-4, 11,80 EUR

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Wer war Johann Most? Diese Frage bewegt bis heute die Gemüter. Während er von den Herrschenden seiner Zeit schon frühzeitig in die Nähe von "Bombenwerfern" gerückt wurde, wird er in der Gegenwart häufig als einer der führenden Köpfe des ersten, die "westliche Welt" bedrohenden terroristischen Netzwerks der Geschichte verleumdet.

Um sich dieser Person unvoreingenommen nähern zu können, soll der vorliegende Band einen Beitrag liefern. Johann Mosts bisher unbeachtet gebliebenen engen Beziehungen zu Glauchauer Sozialdemokratie werden erhellt, die selbst in seinen Erinnerungen so gut wie keine Erwähnung fanden. Neben August Bebel, Wilhelm Liebknecht, Julius Motteler, Karl Wilhelm Stolle und Julius Vahlteich gehörte er hier in der ersten Hälfte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts zu den wichtigsten Referenten auf sozialdemokratischen Versammlungen.

Seine beiden bedeutendsten Reden in Glauchau hielt er am 22. April 1872, deren stenographischen Protokolle an dieser Stelle erstmals vollständig ediert werden. Ihre Gegenstände waren der Leipziger Hochverratsprozeß gegen Wilhelm Liebknecht, August Bebel und Adolf Hepner sowie die Presse. Johann Most sprach – nur durch eine zehnminütige Pause unterbrochen – über zweieinhalb Stunden. Johann Most trat jedoch in Glauchau nicht nur als Referent auf, sondern kann auch als geistiger Vater der hier seit dem 1. September 1875 erscheinenden "Glauchauer Nachrichten" gelten.

Auch nach Erlaß des Sozialistengesetzes brachen seine Beziehungen zur Glauchauer Sozialdemokratie nicht ab; so beschlagnahmten die hiesigen Polizeibehörden bei Ortsansässigen immer wieder Exemplare der von Johann Most in London herausgegebenen Zeitung "Freiheit", die auf postalischem Wege illegal ins Land geschmuggelt wurden.

 

Inhaltsverzeichnis

1. Johann Most – eine biographische Einführung 7

2. Die Beziehungen Johann Mosts zu Glauchau und zur dortigen Sozialdemokratie 11

3. Quellenedition 39

3.1. Edition der von Johann Most am 22. April 1872 vor Glauchauer Arbeitern gehaltenen Rede zum Leipziger Hochverratsprozeß 39

3.2. Edition der von Johann Most am 22. April 1872 vor Glauchauer Arbeitern gehaltenen Rede über die Presse 82

4. Literaturverzeichnis 111

5. Register 117

Über den Autor 121

 

 

Wer war Johann Most?

Johann Most wurde am 5. Februar 1846 als Sohn einer Gouvernante und eines Schreibers in Augsburg geboren. Dort besuchte er die Volks- und Realschule. Nachdem er in den Jahren von 1858 bis 1863 den Beruf eines Buchbinders erlernt hatte, ging er auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz, Italien, Ungarn und Österreich, wo er sich im Jahre 1868 der sozialistischen Arbeiterbewegung anschloß. Im Juli 1870 wurde Johann Most im Wiener "Hochverratsprozeß" zu einer fünfjährigen Kerkerstrafe verurteilt, doch bereits im Februar des darauffolgenden Jahres amnestiert und aus der Donaumonarchie ausgewiesen. Nach Deutschland zurückgekehrt, übernahm er am 16. Juni 1871 für wöchentlich sechs Taler die Redaktion der "Freien Presse" in Chemnitz, um dann im August 1873 an die in Mainz erscheinende "Süddeutsche Volksstimme" zu wechseln. Auf Grund seiner radikalen Schreibweise hatte Most die Auflagenziffer der Chemnitzer "Freien Presse" binnen anderthalb Monats versechsfachen können; allerdings brachte ihm seine Art zu schreiben auch alles in allem 43 Gerichtsverfahren ein, in denen er zu Strafgeldern in Höhe von insgesamt 120 Talern verurteilt wurde. Am 2. Dezember 1872 verurteilte ihn ein Chemnitzer Schöffengericht wegen "Majestätsbeleidigung" zu acht Monaten Gefängnis. Während dieser Zeit verfaßte er unter dem Titel "Kapital und Arbeit. Ein populärer Auszug aus ‘Das Kapital’ von Karl Marx" eine 65seitige Broschüre, die in der ersten und vor allem in der zweiten, von Karl Marx redigierten Auflage große Verbreitung fand. Im Oktober 1873 wurde er aus Chemnitz ausgewiesen. Ungeachtet dessen kandidierte Johann Most bei den Reichstagswahlen vom 10. Januar 1874 in vier Wahlkreisen, darunter im 16. sächsischen Reichstagswahlkreis (Chemnitz) und errang hier mit über 10.000 Stimmen (= 57 % aller abgegebenen Wählerstimmen) das Mandat. Obwohl er fast die gesamte Legislaturperiode im Gefängnis Plötzensee (bei Berlin) verbringen mußte (worüber er unter dem Titel "Die Bastille am Plötzensee" eine 80 Seiten starke Broschüre verfaßte) und Mitte der siebziger Jahre zunehmend in Konflikt mit der Parteiführung geriet, verteidigte er am 10. Januar 1877 sein Reichstagsmandat mit 12.117 Stimmen (= 54,86% der abgegebenen Stimmen). Auch in der Folgezeit wurde Johann Most immer wieder verhaftet. Als am 28. Oktober 1878 das Sozialistengesetz erlassen und kurz darauf die erste Liste der aus Berlin Auszuweisenden veröffentlicht wurde, fand sich auch sein Name darin. Einige Wochen später – nach seiner erneuten Entlassung aus dem Gefängnis Plötzensee – begab er sich über Hamburg nach London. Hier gründete er im Auftrag des Kommunistischen Arbeiter-Bildungs-Vereins die Wochenschrift "Freiheit", deren erste Nummer am 3. Januar 1879 erschien. Am Anfang stand vor allem die Frage nach der Verteilung des Blattes. Hierzu schrieb sein Biograph Dieter Kühn: "Man sammelte erst einmal Anschriften; dabei ‘mußte jede aufzutreibende Adresse aus Geratewohl verwendet werden. Die Verbreitung des Blattes war mithin eine sehr wilde.’ Da hieß es eine Anschriftenkartei aufbauen, ein Verteilernetz bilden […]."*  Auf Grund der radikalen Schreibweise der "Freiheit" sah sich die ehemalige Parteileitung der SDAP schon bald zu Gegenmaßnahmen gezwungen. Sie gründete in der Schweiz den "Sozialdemokrat. Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie". Im August 1880 wurde Johann Most wegen seines Eintretens für eine Zusammenarbeit mit den Anarchisten auf dem im Schweizer Schloß Wyden abgehaltenen Parteikongreß fast einstimmig aus der Partei ausgeschlossen.

Hierauf näherte sich Most selbst mehr und mehr dem Anarchismus an, zumal er durch Gruppenspaltung auch von der Mehrheit der im Londoner Exil befindlichen deutschen Sozialisten getrennt wurde. Als er im März 1881 die Ermordung des Zaren Alexander II. als Tyrannenmord begrüßte, klagte ihn der englische Kronanwalt an, zum Mord aufgereizt und befreundete Mächte geschmäht zu haben. Das Urteil lautete auf sechzehn Monate Gefängnis mit schwerer Arbeit. Nach seiner Entlassung ging er in die Vereinigten Staaten, wo er am 18. Dezember 1882 eintraf. Fortan gab er die "Freiheit" als "Organ der revolutionären Sozialisten" in New York heraus. Im Kopf des Blattes fand sich nunmehr stets die Losung "Gegen die Tyrannen sind alle Mittel gesetzlich." Die Herausgabe der Zeitung finanzierte Johann Most zum großen Teil selbst, vornehmlich mit den Honoraren für seine Versammlungsauftritte und den Tantiemen für seine teilweise weit verbreiteten Schriften wie für die in einer Gesamtauflage von über 200.000 Exemplaren erschienenen Schrift "Die Gottespest und die Religionsseuche". Allerdings wurde seine Sprache immer radikaler: Während er in der Alten Welt noch für die soziale Revolution eingetreten war, forderte er nunmehr die bewaffnete soziale Revolution. Um diesem Ziel näher zu kommen, vereinigten sich am 16. Oktober 1883 auf seine Initiative hin die Anarchisten und die Sozialrevolutionäre Partei in der "International Working Poeple’s Association." Im Zusammenhang mit den Chicagoer Ereignissen vom Mai 1886, als ein Unbekannter während einer Protestdemonstration eine Bombe zwischen die Polizisten warf, verurteilte ihn ein Geschworenengericht als "geistigen Urheber" dieser Tat zu einem Jahr Gefängnis. Nur wenige Monate nach seiner Haftentlassung wurde Johann Most abermals vor Gericht gezerrt, wo die Richter ihm nachzuweisen suchten, daß er das "Haupt" der Anarchisten sei und den Bombenwurf vom 4. Mai 1886 geistig vorbereitet habe. Daraufhin wurde er nochmals zu einem Jahr Haft verurteilt, die er dann im Jahre 1891 absaß. Ein drittes Mal mußte er im Jahre 1902 wegen eines am 6. September des Vorjahrs in der "Freiheit" unter der Überschrift "Mord contra Mord" veröffentlichten Artikels, der zwar schon einige Jahrzehnte alt war, aber angesichts des am gleichen Tag erfolgten Attentats auf den amerikanischen Präsidenten McKinley als Aufruf zu seiner Ermordung gewertet wurde, für zwölf Monate ins Gefängnis. Danach ging er immer wieder auf Agitationstour, um die immer schwächer werdende anarchistische Bewegung in den USA zu aktivieren. Auf einer dieser Touren verstarb er am 17. März 1906 in Cincinnati.

Eine besondere Würdigung verdient sein literarisches Wirken. Seit 1870 verfaßte Most vornehmlich Texte für Kampflieder wie "Die Arbeitsmänner" ("Wer schafft das Erz zu Tage? […]"). Daneben veröffentlichte er auch Liedersammlungen wie das in den siebziger Jahren in mehreren Auflagen unter dem Titel erschienene "Neueste Proletarier-Liederbuch". Außer den bereits erwähnten populärwissenschaftlichen Abhandlungen zur ökonomischen Gesellschaftsanalyse ("Kapital und Arbeit") und zur Religionskritik ("Die Gottespest und die Religionsseuche") verfaßte Most auch solche zur Geschichte ("Die socialen Bewegungen im alten Rom und der Cäcarismus" [1878]). Aus seiner Feder stammen des weiteren zahlreiche Erinnerungen (es seien hier nur die in den Jahren 1903 bis 1907 unter dem Titel "Erlebtes, Erforschtes, Erdachtes" veröffentlichten Memoiren angeführt), die sich durch lakonische Knappheit, scharfem Witz und grimmigem Humor auszeichnen. Schließlich liegen von ihm zahlreiche Schriften zu politischen und weltanschaulichen Fragen vor, deren Aufzählung an dieser Stelle zu weit führen würde.

 

Personenregister

 

Albert, Carl Hermann 12, 14, 15,  16, 22, 26, 29, 39,  80, 106, 109

Atzrott, Otto 34, 37, 112

Bebel, August 11, 14, 15, 23,  24, 39, 46, 53, 54, 57,  59, 60, 61, 68, 69, 70,  80, 112, 114

Benser, Günter 114

Benzien, Karl Heinrich, Kaufmann in Leipzig 61

Beust, Graf Friedrich Ferdinand von 114

Bismarck, Otto von 114, 115

Böckelmann, Kaufmann in Leipzig 62

Börner, Oberförster in Seidewitz 61

Bracke, Wilhelm 116

Dowe, Dieter 15, 116

Dumont-Schauberg, M. 113

Ebert, Friedrich 116

Emmrich,Volker 114

Erdmannsdorfer, B. 114

Fiedler, Helmut 114

Föhring, Gutsbesitzer in Podelwitz 62

Franz, Friedrich Hermann 15, 29

Freiligrath, Ferdinand 80, 113

Fricke, Dieter 114

Göhring, Edmund Oskar

Kaufmann in Leipzig 61

Haan, Wilhelm 31, 113

Harder, Jacob G.

Kaufmann in Leipzig 61

Heilmann, Ernst 113

Henschel, August 35

Hepner, Adolf 23, 24, 39, 46, 53, 54, 69, 112

Herrmann, Ursula 114

Heyck, Eduard 113

Hoffmann, Gutsbesitzer in Naunhof 61

Klemich, Oskar 31

Klingsch, Anton 22, 39

Koch, August, Kaufmann und Ratsmann in Lausigk 62

Korb, August 33, 34

Koszyk, Kurt 115

Kühn, Dieter 8, 113

Kunze, Kommunalgutspächter in Grausnig 61

Lange, C. L. 36

Lange, Ernst Bernhard 34, 35

Lassalle, Ferdinand 116

Liebknecht, Wilhelm 11, 14, 23,  24, 39, 46, 53, 54, 57, 59, 60, 61, 68, 69, 70, 80, 112

Lunzer[-Lindhausen], Marianne 114

Marx, Karl 113, 116

Mayer, Gustav 114

Meyer, Anton 22, 39

Meyer, Max 22, 39

Most, Johann 14, 16, 19, 20,  22, 23,  24, 25, 26, 29, 30,  31, 32, 34, 35, 36, 37, 39,  40, 68, 80, 82, 86, 88, 92,  95, 100, 105, 106, 109, 113

Nahmer, Robert 115

Naujoks, Eberhard 115

Neemann, Andreas 115

Noßke, Gottfried 115

Osterley, Hermann 113

Overesch, Manfred 115

Petermann, Theodor 115

Philippi, Hans 115

Platzer, Karl Gustav

Kaufmann in Leipzig 62

Schiller, Friedrich 113

Schlesinger, August Friedrich 33

Schmidt, Rainer F. 115

Schmidt, Roland 115

Schneider, Michael 15, 116

Schultze, Wilhelm Ferdinand 113

Scholz, Stadtrat in Glauchau 111

Schweitzer, Johann Baptist von 114

Schwering, Julius 80, 113

Seidel, Jutta 116

Steckner, Reinhardt, Kaufmann in Pegau 62

Steiger, Rittergutspächter in Schweta 61

Steiner, Herbert 116

Stöbe, Herbert 116

Stuart, Maria 113

Wallenstein (Waldstein), Albrecht Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland 113

Welskopp, Thomas 15, 116

Winning, Rittergutsbesitzer in Mölbis 61

Winzer, Ortsrichter in Schönefeld 62

Witzleben, von, Forstinspektor in Colditz 62

Wolowsky, A. 31

Wustmann, Gustav 116

 

 

Verzeichnis der geographischen Namen

 

Auerbach 15

Basel 35

Bayern 114

Berlin 37, 80, 112, 113, 114, 116

Chemnitz 111, 112, 113, 115, 116

Colditz 62

Crimmitschau 14

Deutschland 8, 113

Dortmund 115

Dresden 31, 114, 115

Düsseldorf 113, 115

Eisenach 112, 114

Eppendorf 115

Erzgebirge 113

Flöha - Amtshauptmannschaft 115

Gotha 31, 112

Göttingen 115

Grausnig 61

Hainfeld 116

Hamburg 112

Hildesheim 115

Hohenstein-Ernstthal 115

Jahnsdorf 115

Jena 114

Karl-Marx-Stadt 116

Köln 113

Krefeld 113

Lausigk 62

Leipzig 31, 54, 80, 112,  113, 114, 115, 116

Lichtenstein 29

London 35, 36, 37

Mainz 115

Meerane 114

Mölbis 61

Mühlhausen/Thüringen 32

München 113, 114, 115

Naumhof 61

Niedersachsen 115

Oberlungwitz 115

Oberschlema 33

Oederan 115

Olbernhau/Sachsen 114

Österreich 114, 116

Paris 34, 115

Pegau 62

Podelwitz 62

Preußen 115

Pullach bei München 115

Sachsen 111, 112, 113, 114, 115

Sachsen - Königreich 29, 31

Schönefeld bei Leipzig 62

Schweta 61

Seidewitz 61

Stuttgart 80, 113

Westeuropa 115

Wien 80, 113, 114, 116

Würzburg-Aumühle 115

Zürich 115

Zwickau 31, 113

 

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