[= Abhandlungen der Leibniz-Sozietät, Bd. 9], trafo verlag 2002, 299 S., ISBN 3-89626-374-9, 29,80 EUR
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Welche Merkmale sind typisch für die Jahrtausende alte Kultur Indiens und was
ist alt, was neu an ihrer mannigfachen Gestalt, in der sie uns heute gegenüber
tritt? Wie gehen die heutigen sozial und politisch Handelnden des Subkontinents
damit um; wie lebt das indische Volk mit diesem Erbe oder wie steht es zu seiner
Tradition im Kontext der Modernisierung des Landes am Beginn des 21.
Jahrhunderts? Wissenschaftler aus fünf Ländern befassen sich in ihren Beiträgen
aus der Sicht ihres jeweiligen Fachgebietes mit einem breiten Spektrum von
aktuellen Problemen. Sie behandeln umstrittene Themen wie den Charakter der
Harappa-Kultur und die Rolle der Kuh in der indischen Tradition. Indische
philosophische Schulen einschließlich materialistischer Strömungen bilden
einen Gegenstand. Die Bedeutung der alten Schriften für das gegenwärtige
Geschichtsverständnis wird
ebenso thematisiert wie die
Rolle traditioneller Normen und Wertsysteme im heutigen Leben. Wieweit ist die
allgemeine Einstellung zur Rolle der Frauen oder zu den Regeln der Kastenordnung
von der Tradition geprägt? Wie reflektiert die moderne Literatur oder der Film
Kontinuität oder Veränderungen und
die Position des Individuums in der Gesellschaft? Die Autoren widmen sich aber
auch Ideen oder Projekten zur Reform im sozialen wie individuellen Bereich, zur
Emanzipation und gesellschaftlichen Umgestaltung. Ergänzt wird die Thematik
durch ein Beispiel interkultureller Begegnung. Analysiert wird weiterhin das
Verhalten der Repräsentanten unterschiedlicher sozialer Schichten und geistiger
Strömungen zu äußeren Einflüssen oder zur "westlichen" Moderne.
Hier reicht die inhaltliche Spannbreite vom Kampf gegen die Kolonialherrschaft
über Bestrebungen zur ethnischen und sozialen Selbstbehauptung bis zum
aktuellen Bemühen konservativer Kreise, durch Neuschreiben der indischen
Geschichte das öffentliche Bewusstseins zu beeinflussen. Der Trend beruht auf
einem politisch motivierten wie gegenwärtig politisch relevanten
chauvinistischen "Kulturnationalismus", der Indiens
ethnisch-kulturelle Vielfalt ignoriert, seine Geschichte als exklusive
Manifestation einer hinduistisch geprägten Kulturentfaltung hinstellt und in
muslimisch-fundamentalistischen Vorstellungen über die Entwicklung auf dem
Subkontinent sein Gegenstück findet.
Der
Band ist dem Gedenken an Walter Ruben (1899–1982) gewidmet, einem bedeutenden
deutschen Indologen und Begründer der neuen Südasien-Studien an der Humboldt
Universität zu Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Ruben griff weit über die
herkömmlichen Grenzen seiner Disziplin hinaus und stieß mit seinen Forschungen
in wissenschaftliches Neuland vor, wobei er Indien in seiner zeitlichen und räumlichen
Vielfalt als Einheit betrachtete und mit anderen Regionen und Kulturen
verglich. Seine Forschungen
haben Indienwissenschaftler unterschiedlicher Spezialisierung in Deutschland wie
im Ausland zu neuen Fragestellungen angeregt. Mit dem vorliegenden Buch wollen
die Autoren durch die Publikation eigenständiger Arbeiten aus ihren
Forschungsgebieten das Andenken Rubens
ehren.
What is typically Indian in the cultural
configuration on the South Asian subcontinent and how does the composite
heritage of India figure in the country's modernisation? The contributions by
scholars from five countries assembled in this book address an array of issues,
ranging from the nature of the Harappa culture or the attitude towards the cow
in Indian tradition through systems of cognition and philosophical materialism,
the role ascribed to women or to the low in the caste order to actual conditions
of the individual in society as depicted in modern literature and the medium of
film. What obstructs changes in society and ideas of emancipation and opposition
to established rules? The contemporaries' reaction to the impact of extraneous
factors on the way of life of the people as well as the search for ethnic or
social identity and attempts to re-write the history of the subcontinent is
dealt with.
The volume is dedicated to the memory of Walter
Ruben (1899–1982), an outstanding German indologist, who build up a new kind
of South Asian studies at Humboldt University of Berlin after World War Two.
Ruben transgressed the boundaries of his discipline and opened up new vistas for
South Asian studies by pursuing a holistic approach towards India and aiming at
a cross-cultural and trans-regional comparison.
Preface
Joachim Heidrich: Walter Ruben: A Tribute
R. S. Sharma: Issues in the Identity and Continuity of the Harappan Culture
Klaus Mylius: Walter Ruben's Contribution to Vedic Research and a Few Questions of Principle
D. N. Jha: The Paradox of the "Holy" Cow: Attitudes to Beef Eating in Early India
Prabhati Mukherjee: Ideal Hindu Women
Lars Göhler: Walter Ruben's Perception of Materialism in Ancient India
Ramkrishna Bhattachatya: Jayantabhatta's Represelltation of the Carvaka: a Critique
Hiltrud Rüstau: Continuity and Discontinuity in Indian Philosophy: The Avarna Advaitin Sri Narayana Guru
Panchanan Saha: The Revolt of Hindoostan and Marx and Engels
Petra Heidrich: Peasant Intellectuals and Peasant Populism in India
Annemarie Hafner: The Message of Indian Filmmakers During the Anti-Colonial Struggle (1935–1947)
Dagmar Markova: Family Motifs in Modern Hindi Fiction and the Laws of Manu
Gabriella Eichinger-Ferro Luzzi: The Auspicious Absolute ly Faithful and Repudiated Wife in Written and Oral Tamil Literature
Zdravka Matisic: Changing Tradition: The God of Small Things
Andreas Bock-Raming: On the Concept of the Dharma in Jayasankara Prasad's Novel „Kankal"
V. Ganeshan: Thomas Mann and India – a Cross-cultural Encounter or a Metaphysical Jest?
Lydia Icke-Schwalbe: Identity Formation in Jharkhand
Diethelm Weidemann: Requested: A Debate on History. Some Considerations and the South Asian Context
Gerhard Ruben: A Contribution by His Son
Walter Ruben: Uddalaka and Yajnavalkya Materialism and Idealism (Indian Studies. Fast and Present. Calcuttalll (1962) 3, p. 345-354
Walter Ruben: About the Drama in Ancient India and Greece (Marxist Miscellany 7, 1975, p. 1-26)
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