[= Zeitstimmen, Bd. 4], trafo verlag 2002, ISBN 3-89626-324-2, 32,80 €
Die Untersuchung widmet sich einem bestimmten Teil der Literatur von Frauen aus den letzten Jahrzehnten. Sie versteht sich als literaturwissenschaftliche Untersuchung, die aber interdisziplinär verfahren muß, um ihrem Gegenstand gerecht zu werden. Auf der einen Seite setzt die Beschäftigung mit der Literatur von Frauen in der genannten Zeitspanne die Kenntnis des Entstehungskontextes dieser Literatur voraus, d.h. der Frauenbewegung und der feministischen Theorie. Andererseits ordnet sich die in Betracht gezogenen literarischen Texte in die literaturgeschichtlich etablierte Gattung der Biographie. Die Textauswahl ist somit eine doppelt definierbare: es handelt sich um biographische Texte von Frauen. Als Erzählungen von Lebensgeschichten geraten aber die biographischen Texte nicht nur ins Blickfeld der Literaturwissenschaft, sondern auch ins Blickfeld der Geschichtsforschung.
Eine aktuelle Motivation der Gegenwartsautorinnen verschafft sich also ein Forum in einer traditionsreichen Form des literarischen und problemreichen Form des historischen Erzählens. Diese komplizierte Brechung von verschiedenen Diskursen im Gegenstand der Untersuchung bestimmt auch die Struktur der Arbeit. Die einleitenden Kapitel versuchen zunächst diese Diskurse zu Wort kommen zu lassen und voneinander abzugrenzen, um anschließend ihre gegenseitige Durchdringung und Wechselwirkung anhand von Einzeltexten zu verfolgen und zu verstehen.
Die Untersuchung fragt danach, wie Intentionen, thematisierte individuelle Lebensgeschichten und literarischer Kanon die Texte bestimmen, welche Geschichte wird durch die Lebensgeschichten der Vorgängerinnen erzählt. Der Zusammnstoß von aktueller Motivation und Botschaft auf der einen Seite und traditioneller Erzählform auf der anderen Seite, die Verschiebungen auf beiden Seiten, die Brechung der verschiedenen Diskurse lassen einen Text hinter dem Text sichtbar werden und er redet mehr vom Gegenwärtigen aus vom Vergangenen.
Somit formuliert der Titel der Arbeit auch ihr Hauptergebnis: das Reden vom Geschlecht im Text hinter dem Text.
Einleitung
I. Politische und theoretische Voraussetzungen der Untersuchung
1. Die Neue
Frauenbewegung und die feministische Theorie
1.1. Die Neue Frauenbewegung als Politikum
1.2. Feministische Theorie und
Literaturwissenschaft
1.3. Die Diskussion über die feministische Literaturwissenschaft in Deutschland
2. Das Thema der Arbeit im Kontext der feministischen Forschung
2.1. Motive und Begründung der Themenwahl
2.2. Tangierende Forschungsprojekte
II. Die Frauenbiographien im Kontext der
Biographieforschung
1. Die Biographie als Gattung und die
literaturwissenschaftliche Biographieforschung
2. Die Biographie vom Standpunkt der Geschichtsschreibung
3. Die Frauenbiographien als Gegenstand der feministischen Geschichtsforschung
4. Zur Methodik der Untersuchung
III. “Bekennende” fiktionale Biographien
1. Sigrid Damm: Cornelia Goethe
2. Carola Stern: Der Text meines Herzens. das Leben der rahel Varnhagen
IV. Die Biographie, verkappt als Roman
1. Angelika Mechtel: Die Prinzipalin
2. Renate Feyl: Idylle mit professor
3. Sibylle Knauss: Ach Elise
V. Die erfundenen Lebensgeschichten als Biographien
1. Karin Reschke: Verfolgte des Glücks. das Findebuch der Henriette Vogel
2. Brigitte Stuzyk: Caroline unterm Freiheitsbaum
VI. Die “verschwindenden” Biographien - Namen und Lebenssegmente
1. Ria Endres: Milena antwortet
2. Elfriede Jelinek als Exempel
VII. Der Text hinter dem Text - Schlußbemerkungen
Bibliographie