Steffen Rückl
Medienverhalten und Bibliotheksnutzung vor und nach
der Wende. Untersuchungen 1988/1993 im Regierungsbezirk Magdeburg
trafo verlag 2000,
[=
Gesellschaft - Geschichte - Gegenwart,
Bd. 28], 235 S., 210 Tab. u. Abb., ISBN
3-89626-258-0, 24,80 €
=>
Lieferanfrage
Inhaltsverzeichnis
I. Steffen Rückl: Vorwort 7
II. Steffen Rückl: Einführung 9
Bevölkerungsbefragung Erwachsene und Jugendliche von 14 Jahren
an
III. Ingeborg Stachnik: Bibliotheksnutzung im Wandel: Zur Inanspruchnahme
und Bedeutung von Bibliotheken für Jugendliche und Erwachsene vier
Jahre nach der Wende 21
IV. Rotraud Proll: Bedeutungsverlust des belletristischen Buches. Ergebnisse
aus der Bevölkerungsbefragung – Erwachsene und Jugendliche von 14
Jahren an – zum Leseverhalten 33
V. Rotraud Proll: Fernsehen und Videos im Aufwind. Mediennutzung durch
Erwachsene und Jugendliche 45
VI. Susann Hanke: Geschlechtstypisches Medienverhalten: Interessen-
und Stimmungsausprägungen in Zusammenhang mit der Medienpräferenz
61
VII. Michael Heinz: Mediennutzung in Abhängigkeit vom Alter 73
Befragung von Kindern
VIII. Irmgard Dreßler: Veränderungen in Leseverhalten und
Bibliotheksbenutzung von Kindern 1988/1993 95
IX. Irmgard Dreßler: Förderung des Freizeitlesens der Kinder
durch das Elternhaus 1988/1993 113
X. Irmgard Dreßler: Mediennutzung durch Kinder 1988/1993 127
Befragung von Benutzern Öffentlicher Bibliotheken
XI. Kerstin Schindel: Soziodemographische Struktur der Benutzer Öffentlicher
Bibliotheken 143
XII. Kerstin Schindel: Zufriedenheit von Benutzern Öffentlicher
Bibliotheken mit verschiedenen internen und externen Bedingungen 159
XIII. Kerstin Schindel: Verhalten von Benutzern in und gegenüber
der Öffentlichen Bibliothek 189
Ergebnisse
XIV. Steffen Rückl: Zusammenfassung und Ausblick 229
XV. Bibliographie 233
I. Vorwort
Steffen Rückl
Das Forschungsprojekt “Medienverhalten und Bibliotheksbenutzung” wurde
im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten
Programms “Sozialer und politischer Wandel im Zuge der Integration
der DDR-Gesellschaft” (Koordinator Prof. Dr. Hartmut Esser, Lehrstuhl für
Soziologie der Universität Mannheim) bearbeitet.
Dieses Programm stellte sich zum Ziel:
• “die erklärende Rekonstruktion des Funktionierens, der Stabilisierung
und schließlich auch der Destabilisierung des totalitär organisierten
staatlichen Gebildes, welches die ehemalige DDR darstellte;
• die wissenschaftliche Begleitung und Analyse der mit der deutschen
Einigung zusammenhängenden und durch sie ausgelösten Prozesse
der Neuordnung sowie der Integration eines staatlichen Gebildes (der neuen
Bundesrepublik nach der deutschen Einigung) aus Bestandteilen, in welchen
die politischen, sozialen und institutionellen Rahmenbedingungen zuvor
außerordentlich unterschiedlich waren;
• die Nutzung der vermutlich einmaligen und einmalig bleibenden Gelegenheit
zur Überprüfung zahlreicher politikwissenschaftlicher, soziologischer
und sozialpsychologischer Theorien im Verlauf eines sozialen Großexperiments,
in welchem für viele der genannten Theorien bedeutsame Bedingungen
einem drastischen Wandel unterliegen.” (DFG-Programm 1991 bis 1993, Seite
280).
Die wissenschaftliche Untersuchung des Umbruchs in Ostdeutschland ist
Gegenstand und Ziel der Arbeit einer bemerkenswert großen Zahl von
Wissenschaftlern hierzulande, aber auch im Ausland.
Am Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität
zu Berlin hatten wir uns zur Aufgabe gestellt, zu analysieren, wie sich
die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf das Lesen
und das Medienverhalten der Bevölkerung ausgewirkt haben und noch
auswirken. Dabei hatten wir uns sowohl für das Kommunikations- und
Informationsverhalten verschiedener sozialer Gruppen, als auch für
die informationelle Infrastruktur, insbesondere die öffentlichen Bibliotheken,
als gesellschaftliche Institutionen, die Medien verfügbar machen und
Lesen fördern, interessiert.
Die wohl wichtigste Frage, die wir beantworten wollten, war die danach,
was vom “Leseland DDR” denn geblieben ist, nachdem das einstmals flächendeckende
Bibliotheksnetz heute große Löcher aufweist, die konkurrierende
Medienvielfalt nahezu täglich zunimmt, die alternativen Informations-
und Freizeitangebote mit denen der Bibliotheken im Wettstreit liegen. Oder
anders gefragt: Wieweit hat sich vier Jahre der Wende das Medienverhalten
der Ostdeutschen dem der Westdeutschen angenähert?
Diese Chance zu einem doppelten Vergleich (Medienverhalten Ost-West
und Ost 1988–1993) verdanken wir einem nahezu “Glücksfall”, d. h.,
dem Umstand, daß uns Vergleichsdaten aus dem Jahre 1988 – dem letzten
“normalen” Jahr der DDR (das Jahr 1989 war bereits seit dem Frühsommer
auch in medialer Sicht durch die sich abzeichnenden gesellschaftlichen
Umbrüche geprägt) zur Verfügung standen.
Obwohl keine eigenen empirischen Untersuchungen in den alten Bundesländern
angestellt wurden, läßt sich doch ein Vergleich auf der Grundlage
von Daten anderer Untersuchungen (beispielsweise solcher der Stiftung Lesen,
Mainz)/1/ ziehen.
Im Jahre 1988 wurde vom Zentralinstitut für Bibliothekswesen die
in der DDR erste differenzierte Untersuchung/2/ zum Medienverhalten und
zur Bibliotheksbenutzung unter besonderer Berücksichtigung der Printmedien
– zumindest aus bibliothekarischer Sicht – durchgeführt. Diese Untersuchung,
die neben den Printmedien das gesamte im Jahre 1988 in der DDR zur Verfügung
stehende Spektrum der Medien erfaßte, ermöglicht heute, Vergleiche
anzustellen zur damaligen Situation in den westlichen Bundesländern
zum gleichen Zeitpunkt und natürlich zur gegenwärtigen Situation
in verschiedenen Teilen der Bundesrepublik Deutschland.
Die Untersuchung des Jahres 1988 erhebt Anspruch auf Repräsentativität
für den DDR-Bezirk Magdeburg – der mit dem heutigen Regierungsbezirk
Magdeburg im wesentlichen identisch ist – und kann auch als ein wichtiger
Anhaltspunkt für das Medienverhalten und die Bibliotheksbenutzung
in der DDR im Jahre 1988 insgesamt gelten.
Insofern ist die Untersuchung des Jahres 1993 eine Wiederholung der
im Jahre 1988 durchgeführten, unter radikal geänderten gesellschaftlichen
– aber auch technologischen – Rahmenbedingungen. Sie ermöglicht einerseits
die Dokumentation einer einmaligen Situation, der Veränderungen im
Medienverhalten und im Verhältnis der Menschen zur öffentlichen
Bibliothek im Prozeß des radikalen Wertewandels im östlichen
Teil Deutschlands und andererseits den Vergleich des Medienverhaltens und
der Bibliotheksbenutzung zwischen den östlichen und den westlichen
Bundesländern.
Wir sind der Deutschen Forschungsgemeinschaft dankbar für die
Unterstützung unseres Forschungsvorhabens, weil auf diese Weise der
Prozeß der Veränderung des Medienverhaltens (mit Betonung auf
Printmedien und Lesen) und der Bibliotheksbenutzung bei den Bürgern
der ehemaligen DDR aus bibliothekarischer Sicht abgebildet und erklärt
werden kann.
Unser Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen in den Bibliotheken
des Regierungsbezirks Magdeburg, die die Durchführung unserer Untersuchungen
unterstützt haben sowie denen, die im Jahre 1988 aktiv an der Durchführung
der Untersuchungen beteiligt waren und diesmal die Forschungen fachlich
beratend begleitet haben.
Steffen Rückl
Berlin, September 1998
Anmerkungen
/1/ Leseverhalten in Deutschland 1992/93, Mainz 1993.
/2/ Einzeluntersuchungen zum Lesen und Medienverhalten von Kindern
und Jugendlichen wurden zwischen 1972 und 1983 vom DDR-Zentrum für
Kinderliteratur durchgeführt.