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Plener, Ulla
Helmut Schinkel. Zwischen Vogelers Barkenhoff und Stalins Lager. 
Biographie eines
Reformpädagogen in Dokumenten (1902-1946)

2. Auflage, 2000, ISBN 3-89626-142-8, EUR 29,80

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Zum Inhalt

Helmut Schinkel – ein Name, der nur wenigen Menschen etwas sagt. Er gehört einem Menschen, dessen Leben im Zeichen des kommunistischen “Mythos von der Erlösung der Welt ... durch die proletarische Revolution” (Thomas Mann) stand – und ganz Proletarierkindern gewidmet war. Sein Leben erhellt auf spezifische Weise das Sinnen und Streben der ersten Generation von Kommunisten  und steht damit für ein Stück Geschichte der Arbeiterbewegung, die die erste Hälfte unseres Jahrhunderts nachdrücklich mitgeprägt hat.

Diese wurde bisher vorwiegend anhand ihrer Organisationen – deren Programmatik und deren Politik – dargestellt. Sofern es um Einzelne ging, standen – und stehen immer noch – die Führungspersönlichkeiten im Mittelpunkt des Interesses. Die eigentliche Bewegung, getragen von Hunderttausenden Einzelner, blieb hinter Begriffen wie “Masse” oder “Mitgliedschaft” verborgen. Besonders trifft das für den kommunistischen, und zwar den von Moskau aus geführten, Teil dieser Bewegung zu, in dem das einzelne Mitglied als Persönlichkeit weitgehend zurückgedrängt, dem Diktat der Führung und ihres Apparates unterworfen war. Um so mehr wirft die Geschichte dieser Bewegung Fragen nach ihrem Ursprung und nach dem Wollen und Wirken der vielen auf, die an ihrem Beginn standen. Wer waren diese Menschen? Warum und wie kamen sie zur kommunistischen Bewegung, wurden Mitglied einer kommunistischen Partei? Was brachten sie an Ideen und Taten in die Bewegung ein, wie wirkten sie in ihr? Wie gestalteten sich ihre Beziehungen zu “der Partei”, zu ihrem Apparat? Wie lebten sie und – wie starben sie?

Auf diese und ähnliche Fragen können Antworten evtl. gefunden werden, wenn vielen Einzelleben anhand ihrer authentischen Zeugnisse  nachgegangen wird. Es geht dabei um Kommunisten, die keine “Arbeiterführer von Beruf” waren, die nicht von der Partei lebten, nicht als Funktionäre des Apparats von ihr bezahlt wurden, sondern als Arbeiter, Lehrer, Ärzte, Wissenschaftler, Journalisten, Künstler für die Bewegung selbst standen.

Der hier dokumentierte Lebenslauf steht zugleich für den Teil der kommunistischen Bewegung, dessen Schicksal am tragischsten war: Schinkel wurde 1937 in der Sowjetunion verhaftet und starb 1946 in einem NKWD-Lager. Vor Beginn seines bewußten politischen Weges war er ein romantisch veranlagter, national gesinnter junger Mann – und wurde im Gefolge des ersten Weltkrieges, wie so viele andere aus seiner Generation, ein humanistischer, über bestimmte Strecken undogmatischer Kommunist. Er blieb es bis zu sei-nem Tode, auch hinter Stacheldraht, nach neun Jahren Lagerhaft in der Sowjetunion. In der Mitte seines kurzen Lebens traf er auf den bekannten Maler Heinrich Vogeler, mit dem ihn seit jener Zeit eine enge geistige Gemeinschaft verband: Beide folgten sie dem “kommunistischen  Mythos”, für beide waren Kinder ein wichtiger Teil ihrer Welt, beide vertraten ähnliche pädagogische Ansichten – und beide hatten sie offensichtlich immer wieder Schwierigkeiten mit ihrer Partei.

Die Lebensspur H. Schinkels hat sich zu einem Teil in Dokumenten erhalten, die aus seiner eigenen Feder stammen: seinen jugendlichen Essays und Scherzgedichten, seinen schriftlichen Beiträgen zur Freizeit von Arbeiterkindern und zum politischen Schulkampf in der Weimarer Republik, seinen 22 Liedern bzw. Liedertexten, seinen Artikeln für die Kinderpresse und für andere Kindervorhaben, seinen Briefen. Zeugnisse seines Wirkens wurden außerdem Privatarchiven, dem  Archiv des Museums Brandenburg/Havel, dem Zentralen Parteiarchiv der SED, dem Archiv der KOMINTERN sowie dem KGB-Archiv entnommen. Einige Lebensabschnitte (das Wirken auf Vogelers Barkenhoff, die Lehrertätigkeit an Berliner Schulen) lassen sich nur mit Fotoaufnahmen dokumentieren.

So spiegelt sich in den hier vorgelegten biographischen Dokumenten – durch ein Einzelschicksal gebrochen oder mit diesem eng verknüpft – die vielgestaltige Geschichte der deutschen (um ein Stück auch der internationalen) Arbeiterbewegung der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts wider: die Motive/Ursachen für den Beitritt von Intellektuellen zur kommunistischen Bewegung nach dem ersten Weltkrieg, später für deren Kritik an der Weimarer Republik; die (kom-munistische) Kinder- und Jugendbewegung, ihre Inhalte und Formen, ihr Liedschaffen und ihre Presse; einige Seiten der Reformpädagogik jener Zeit, besonders die Kinderfreizeit betreffend; Aspekte der kommunistischen Ideologie und Agitation in den 20er Jahren; eine spezifische, mit der kommunistischen Kinderbewegung verbundene Seite des Wirkens von Heinrich Vogeler; Situation und Vorgänge in der stalinistischen Sowjetunion der 30er und 40er Jahre – und die Überzeugunskraft der einmal gewonnenen und verinnerlichten kommunistischen Idee.
 

 
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